Der gute Start ins Arbeitsleben

Die Liste der Ausbildungsberufe ist lang: Sie reicht von A wie Anlagenmechaniker und Automobilkaufmann bis Z wie Zimmerer und Zerspanungsmechaniker. Die Industrie- und Handelskammer für die Pfalz führt jährlich in über 180 Berufen mit insgesamt 270 Fachrichtungen mehr als 10.000 Prüfungen durch. Die ersten Prüfungen fanden 1934 statt. Doch das Bewusstsein für die Bedeutung einer geregelten Ausbildung war schon früher vorhanden.
Mit der fortschreitenden Industrialisierung wuchsen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch die Anforderungen an die Arbeitskräfte. Wurden anfangs häufig Handwerkergesellen eingestellt, fehlten diesen schon bald die notwendigen Qualifikationen für die Arbeitsplätze in der Industrie. Die Rationalisierung und die neuen, verbesserten Arbeitsmethoden vor allem in der chemischen und der metallverarbeitenden Industrie erforderten speziell ausgebildete Arbeitskräfte.
Schon 1867 war die Kreis-, Gewerbe- und Handelskammer der Pfalz der Ansicht, dass der derzeitige Stand der Industrie und die von der Volkswirtschaft geforderten höheren Leistungen "eine geeignetere und intensivere theoretische Vorbildung des Gewerbestandes" erfordern. Die Volksschulbildung allein sei dafür nicht ausreichend. "Unsere Gewerbeschulen entwickeln sich zwar immer gedeihlicher, aber die in ihnen angestrebte geistige Ausbildung der gewerblichen Jugend lässt noch manches zu wünschen übrig...", hieß es weiter. Die Kammer verfolgte das Thema weiter. 1895 beriet sie erstmals über die Einrichtung von Industrieschulen. Diese seien nicht als Vorstufe zu technischen Hochschulen anzusehen, sondern auf die Forderungen des praktischen Lebens auszurichten. Damit verbunden forderte die Pfälzische Handels- und Gewerbekammer, ein 8. Grundschuljahr und Realgymnasien einzurichten.

Lehrwerkstätten für die Ausbildung

Um ihren Bedarf an Fachkräften zu decken, gingen einzelne Unternehmen schon im Kaiserreich dazu über, ihren Nachwuchs selber auszubilden. So zum Beispiel das Ludwigshafener Unternehmen Halberg Maschinenbau, das 1890 eine Lehrwerkstatt einrichtete. Nach dem Ersten Weltkrieg folgten dann nach und nach weitere Industriebetriebe diesem Beispiel. In den Lehrwerkstätten wurden die Jugendlichen mit den neuzeitlichen Werkzeugmaschinen und den anfallenden Spezialarbeiten vertraut gemacht. Es war eine Ausbildung, die nicht organisiert, sondern individuell auf die Bedarfe des einzelnen Unternehmens ausgerichtet war.
Keine Ausbildung ohne Prüfung - so denken wir heute. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts waren auch die Prüfungen nicht einheitlich geregelt. Da gab es Lehrverhältnisse, die in der Lehrlingsrolle der Handwerkskammer eingetragen waren und mit Gesellenprüfungen endeten, andere legten eine Facharbeiterprüfung im Werk ab. Im kaufmännischen Bereich gab es erste freiwillige Kaufmannsgehilfenprüfungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts, etwa in Baden-Württembeg, wo diese 1885 eingeführt wurden.

Erste Prüfungen waren freiwillig

Nach und nach kamen bei diesem Thema die Kammern ins Spiel. Ab 1925 begann die erste Kammern im damaligen Deutschen Reich, für Kaufmannsgehilfen freiwillige Prüfungen anzubieten. Bei der Industrie- und Handelskammer für die Pfalz stand das Thema erstmals 1927 auf der Agenda. Die Vollversammlung sprach sich jedoch gegen die Einrichtung von kaufmännischen Gehilfenprüfungen aus, empfahl "dafür aber die bestehenden Berufsfortbildungsschulen möglichst praktisch auszugestalten". Am 26. September 1933 beschlossen die bayerischen Industrie- und Handelskammern in Nürnberg, freiwillige Prüfungen einzuführen. Im Frühjahr des darauf folgenden Jahres hielt die IHK Pfalz die ersten Kaufmannsgehilfenprüfungen für die gesamte Pfalz ab. 163 Kandidaten traten an, 135 bestanden die Prüfung, die bereits damals aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil bestand.

Prüfungen werden verpflichtend


Damit hatte die Kammer erstmals auch einen Überblick über die Qualität der Ausbildung - und war offensichtlich gar nicht zufrieden. Denn die Ausbildungsbetriebe wurden aufgerufen "künftig der Ausbildung der Lehrlinge größere Sorgfalt zuzuwenden". Nur ein Jahr später wurden die Prüfungen verpflichtend. Bei der IHK Pfalz errichtete man zwei getrennte Prüfungsämter - 1935 für die Kaufmannsgehilfenprüfung und 1936 für Facharbeiterprüfungen. Nach Kriegsende bildeten viele Unternehmen ihren Nachwuchs in eigenen Lehrwerkstätten oder zumindest Lehrecken aus. 1953 gab es allein in Ludwigshafen sechs Lehrwerkstätten und zwölf Lehrecken. Mit zwei Lehrwerkstätten (einer mechanischen und einer chemischen) und insgesamt 600 Ausbildungsplätzen verfügte die BASF über eine der größten Lehrwerkstätten im Bundesgebiet. Dieses Angebot der Unternehmen bewährte sich, wie die Ergebnisse der von der Kammer zentral durchgeführten Facharbeiterprüfungen zeigten. So war es ein logischer Schritt, dass die IHK Pfalz ab 1961 selber mit der Errichtung von insgesamt sieben überbetrieblichen Lehrwerkstätten begann. Bundesweit nahm sie damit eine Vorreiterrolle ein.

Ohne ehrenamtliche Prüfer geht es nicht

Seit dem Erlass des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 14. August 1969 wurde die bis dahin freiwillige Aufgabe der Kammern, die kaufmännische und gewerbliche Berufsausbildung zu fördern und durchzuführen, zur gesetzlichen Pflicht. Dazu gehört auch die Prüfung des Nachwuchses. Bei der IHK Pfalz gibt es rund 260 paritätisch besetzte Prüfungsausschüsse, die mit über 3.700 ehrenamtlichen Prüfern besetzt sind. "Ohne die Unterstützung, die freiwillige Leistung der Prüferinnen und Prüfer wären die IHK-Prüfungen in Deutschland nicht möglich. Dass es Menschen gibt, die ihr Fachwissen und ihre Freizeit zur Verfügung stellen, und dass die Unternehmen und Schulen ihre Mitarbeiter freistellen, das ist die eigentliche Leistung, die die Prüfungen erst ermöglicht", betont Michael Böffel, Geschäftsführer Ausbildung bei der IHK Pfalz. Bis heute ist die Ausbildung eines der wichtigsten Tätigkeitsfelder der IHK Pfalz und zusammen mit der Weiterbildung eines von sechs Geschäftsfeldern. Beratungen von Azubis, die Unterstützung der Unternehmen, Seminare für Ausbilder wie Azubis und Aktionen wie die Internetplattform www.durchstarter.de gehören heute mit dazu.