4 min
Lesezeit

OSTWÜRTTEMBERG-ERKLÄRUNG
Wir verstehen uns als Modellregion erfolgreichen Wandels. Dafür stehen die mehr als 20 Partner aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft in der Offensive „Zukunft Ostwürttemberg“. Ostwürttemberg besitzt eine hohe Innovationskraft und wir gehören mit unserem Pioniergeist gepaart mit Bodenhaftung zu den starken Regionen in Baden-Württemberg. Wir wollen, dass dies so bleibt und gestalten mit eigenen Innovationen aktiv den Wandel. Bei der Veranstaltung „Ostwürttemberg meets Berlin“ in der Landesvertretung Baden-Württemberg im Oktober 2024 haben wir Erfolgsgeschichten präsentiert. Aber auch deutlich gemacht, dass wir an vielen Stellen an unsere Grenzen stoßen. Die Ostwürttemberg-Erklärung ist das Ergebnis der Gespräche in Berlin und zeigt, wo prioritärer Handlungsbedarf besteht, damit der Wandel zum gemeinschaftlichen Erfolg wird.
I. PLANUNGSSICHERHEIT UND WETTBEWERBSFÄHIGKEIT IN ENERGIEWENDE & INFRASTRUKTUREN
1. Kosten der Energiewende müssen fair verteilt werden
Ostwürttemberg baut erneuerbare Energien kontinuierlich aus und leidet unter hohen, nicht wettbewerbsfähigen Netznutzungsentgelten. Es braucht ein neues System der fairen Kostenverteilung, ohne Gebotszonentrennung. Es gilt auch, Kosten des Übertragungsnetzes und des Verteilnetzausbaus fair zu verteilen.
2. Energiewende vorantreiben, Energieversorgung sichern
Eine zuverlässige und planbare Energieversorgung sowie konkurrenzfähige Energiekosten sind zentrale Wettbewerbsfaktoren. Wasserstoff spielt die Schlüsselrolle in der Dekarbonisierung, bei der systemdienlichen Speicherung und der Sektorenkopplung. Es braucht Verlässlichkeit bei Ausbau & Betrieb des Bundeskernnetzes. Und bereits heute braucht es festgelegte wettbewerbsfähige leitungsgebundene Wasserstoffpreise. Nur so folgen notwendige Investitionen der Wirtschaft.
3. Energiewende braucht Ganzheitlichkeit & Öffentlichkeit
Das Bewusstsein für eine neue Energiepolitik und die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen muss gestärkt werden. Dabei muss ein ganzheitlicher Ansatz der Energiewende verfolgt werden. Die Region braucht Unterstützung, um unter Berücksichtigung aller Energieträger funktionierende und finanziell wettbewerbsfähige Energie- und Wärmekonzepte planen und umsetzen zu können.
4. Infrastrukturen erhalten und ausbauen
Öffentlicher Nahverkehr ist für die Mobilität essenziell und damit ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit. Investitionen in den Ausbau der Schieneninfrastruktur erhöhen und sichern die umweltfreundliche Mobilität im Personen- und Güterverkehr. Ein klimaneutraler Güterverkehr auf der Straße ist nur durch technologieoffene Förderung aller alternativen Antriebsformen möglich.
II. FOKUS AUF FORSCHUNG; INNOVATION UND TRANSFORMATION
5. Schlüsseltechnologien erschließen, internationale Wettbewerbsfähigkeit sichern
Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, muss Deutschland zentrale Zukunftstechnologien gezielt vorantreiben. Die Region Ostwürttemberg gehört zu den TOP-Standorten der Photonik-Forschung und will auch in Zukunft für die Fortschritte in dieser Technologie verantwortlich zeichnen. Als Kompetenzstandort für Energieforschung ist die Region auf verlässliche Förderung der Material- und Batterieforschung angewiesen. Den Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau gilt es, im Transformationsprozess zur Industrie 4.0 gezielt zu unterstützen. Hierzu gehören auch anwendungsorientierte Projektförderungen sowie die Unterstützung von Kooperationen zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen.
6. Mittelstand stärken, Ökosysteme fördern
Der innovative Mittelstand ist die zentrale Stärke Ostwürttembergs und muss durch unbürokratische und passgenaue Forschungs- und Innovationsförderprogramme unterstützt werden. Aktiv koordinierte Innovationsökosysteme sowie Transformationsnetzwerke sind der Schlüssel, um alle Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen zu bringen sowie nachhaltig zu vernetzen.
7. Forschungsbürokratie abbauen
Forschungsbürokratie vom Antrag über Bewilligung bis hin zur Abrechnung bindet personelle Ressourcen und hemmt damit die Innovationskraft der Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Die Bürokratielast muss vermindert, die Bürokratiekosten nachhaltig gesenkt werden. Dabei gilt es, sowohl auf EU-, Bundes- als auch auf Landesebene anzusetzen.
8. Regionale Wirtschaftspolitik fördern
Auch die stärkeren Wirtschaftsregionen benötigen zielgerichtete Fördermittel zur Bewältigung des Strukturwandels und für Investitionen in Zukunftstechnologien. Die EU-Strukturförderung muss auch in der kommenden Förderperiode in diese Regionen fließen und weiterhin in der Verantwortung der Regionen umgesetzt werden.
III. FACHKRÄFTSICHERUNG UND WOHNEN ZUKUNFTSORIENTIERT GESTALTEN
9. Präventive Arbeitsmarktpolitik vorantreiben
Das regionale Transformationsnetzwerk und die Partner der Fachkräfteallianz Ostwürttemberg helfen Unternehmen und Beschäftigten beim Aufbau von Future Skills. Qualifizierungsprogramme müssen präventiv ausgerichtet und verlässlich finanziert sein, um Arbeitslosigkeit im Transformationsprozess zu vermeiden. Um dem Fachkräftemangel in Zukunftsfeldern in Wissenschaft und Wirtschaft entgegenzuwirken, gilt es, MINT-Orientierung in Schulen, außerschulischen Lernorten und Hochschulen zu stärken.
10. Arbeitsmarktintegration von Fachkräften und Experten beschleunigen
Ostwürttemberg braucht internationale Fachkräfte; die formal-rechtlichen Hürden für die Arbeitsmarktintegration von internationalen Experten sind nach wie vor zu hoch. Wir benötigen beschleunigte Verfahren der Berufsanerkennung, Förderung für Integrationsprojekte sowie Wohn- und Betreuungsangebote für Neubürgerinnen und Neubürger. Die Studiengebühren für internationale Studierende müssen in Baden-Württemberg abgeschafft werden, die Attraktivität der Forschungseinrichtungen für Experten durch verlässliche Strukturen verbessert werden.
11. Bauvorschriften flexibilisieren, einfacher bauen, schneller wohnen
Für unsere Fachkräfte sind Arbeiten, Leben und Wohnen nicht zu trennen. Um den dringend benötigten Wohnraum schneller und kostengünstiger bereitzustellen, müssen die Bauleit- und Bebauungsplanverfahren beschleunigt, die DIN-Normen überprüft, Ausnahmetatbestände für Nachverdichtungen geschaffen und verfügbare Flächen intelligent genutzt werden. Das Gebäudetyp-E-Gesetz muss genutzt werden und für alle Beteiligte Vorteile bringen.
12. Wohnen muss wieder finanzierbar werden
Die Eigentumsquote kann gesteigert werden durch steuerliche Anreize sowie eine erleichterte Kreditvergabe. Dazu sollte der Risikopuffer der Banken für Wohnimmobilienkredite durch die BaFin wieder zurückgenommen werden. Förderprogramme für den Wohnungsbau dürfen nicht durch zu geringe Mittelausstattung und kurzfristige Antragsstopps gefährdet werden. Verlässlichkeit und Planbarkeit sind für alle Bauherren von entscheidender Bedeutung.
Kontakt
Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg
Ludwig-Erhard-Straße 1
89520 Heidenheim
Tel. 07321 324-0
Fax 07321 324-169
zentrale@ostwuerttemberg.ihk.de
89520 Heidenheim
Tel. 07321 324-0
Fax 07321 324-169
zentrale@ostwuerttemberg.ihk.de