Digitalisierung beginnt im Kopf der Mitarbeiter
Neue Tools. Neue Prozesse. Neue Anforderungen. In vielen Unternehmen und Verwaltungen wird die Digitalisierung mit großem Investitionsaufwand technisch vorangetrieben. Trotzdem bleibt der Durchbruch oft aus. Woran liegt das? Die Antwort ist unbequem, aber wichtig: Digitalisierung scheitert selten an fehlender Technik, sondern viel häufiger an der inneren Haltung der Menschen.
Oft werden digitale Neuerungen, die Kunden helfen oder Abläufe effizienter machen könnten, erst gar nicht bereitgestellt, weil der beauftragte Mitarbeiter unsicher ist, wie er das Thema angehen soll. Manchmal schwingt sogar die Angst mit, die digitale Lösung könnte das eigene Aufgabenprofil grundlegend verändern oder im schlimmsten Fall den eigenen Job überflüssig machen. Aus dieser Unsicherheit entstehen Passivität, Verzögerungen oder stille Verweigerung.
Das eigentliche Nadelöhr: Mindset und Kultur
Digitalisierung bedeutet nicht einfach, Papier durch PDF oder Präsenz durch Videokonferenzen zu ersetzen. Es ist ein tiefgreifender kultureller Wandel. Es geht um eine neue Denkweise, wie wir Probleme lösen, Entscheidungen treffen und mit Veränderungen umgehen.
Die dabei aufkommenden Sorgen der Mitarbeiter sind verständlich, bremsen aber den digitalen Wandel. Vor allem, wenn in Organisationen eine Kultur herrscht, in der Sicherheit, Perfektion und Kontrolle wichtiger sind als Ausprobieren, Lernen und Weiterentwickeln.
Warum Haltung der größte Hebel ist
Digitale Transformation beginnt im Kopf. Die innere Haltung wird unter anderem auch durch die bestehende Unternehmenskultur geprägt, durch Führung und durch gelebte Zusammenarbeit. Menschen, die Fehler vermeiden müssen, experimentieren nicht. Menschen, die keine Beteiligung erleben, übernehmen keine Verantwortung. Und Menschen, die Veränderung als Bedrohung sehen, verweigern unbewusst die Teilnahme.
Das Gegenteil ist also wichtig: Vertrauen, Mut und ein klares gemeinsames Warum. Transformationen müssen deshalb sowohl bei den Menschen als auch in der Kultur der Organisation „gewollt“ werden, das sie funktionieren.
Stefan oder Steve - Ein Denkvergleich
Stefan | Steve |
---|---|
„Erst planen, dann machen“ | „Erst machen, dann lernen“ |
Angst vor Fehlern | Fehler = Chance zum Lernen |
Sucht Sicherheit und Kontrolle | Sucht Chancen und Wirkung |
Fragt: „Warum ist das nötig?“ | Fragt: „Was können wir probieren?“ |
Nutzt Technik ausschließlich für bewährte Anwendungen | Nutzt Technik zur aktiven Gestaltung und Weiterentwicklung |
Technikorientiert | Nutzerzentriert |
Innovation mit Absicherung | Innovation durch Ausprobieren |
Die zwei Denkweisen hinter der digitalen Bremse
Um den kulturellen Unterschied greifbar zu machen, hilft ein symbolischer Vergleich: Stefan steht für das Konservative – pflichtbewusst, gut organisiert, aber sicherheitsliebend und risikoscheu. Steve (angelehnt an Steve Jobs) verkörpert das digitale Mindset: mutig, experimentierfreudig, nutzerorientiert und fehlertolerant. Beides hat seine Berechtigung. Der eine zieht der andere bremst. Würde der eine nicht bremsen, würde alles und immer verändert. Das System wäre schnell überfordert. Würde der andere nicht ziehen, gebe es keinen Fortschritt. Das System würde veralten. In gelingenden Transformationen kommt darauf an, diese Gegensätze als Ressourcen zu nutzen, statt sie zu bekämpfen.
In vielen Organisationen dominieren Stefans. Das sorgt für Stabilität, verhindert aber oft Dynamik. Wenn also Tools wie Microsoft Teams, KI-Assistenten oder digitale Plattformen zwar eingeführt, aber kaum genutzt werden, liegt das oft nicht am Tool, sondern daran, dass Stefan noch keine innere Erlaubnis spürt, sich auf Neues einzulassen.
Wie kommen wir in Bewegung?
Digitale Transformation gelingt, wenn Führung, Kultur und Beteiligung zusammenspielen. Dazu braucht es konkrete Ansätze anstatt schön gestalteter PowerPoint-Folien.
1. Führung vorleben statt nur fordern.
Wer selbst mit digitalen Tools experimentiert, offen über Fehler und Unsicherheiten spricht, schafft Vertrauen und ermutigt andere, selbst etwas auszuprobieren.
2. Lernräume schaffen.
Am größten ist die Motivation etwas zu verändern oft dann, wenn das Team gemeinsam darauf schaut: Was nervt uns gerade am meisten? Nutzen Sie konkrete Probleme im Arbeitsalltag als Ausgangspunkt und räumen Sie dann gezielt Zeit ein, um passende digitale Lösungen oder Tools zu finden, zu testen und auszuwerten. So wird Lernen nicht zur Pflicht, sondern zur Problemlösung mit direktem Nutzen.
3. Fehlerkultur etablieren.
Lernen wird dort möglich, wo es nicht darum geht, perfekt zu sein, sondern sich weiterzuentwickeln. Wer im Alltag offen über Fehlversuche spricht schafft psychologische Sicherheit. Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle: Wenn auch sie ihre Lernkurven offen zeigen, wird aus Fehlern kein Makel, sondern ein Motor für Entwicklung.
4. Haltung zum Thema machen.
Besonders wirksam ist es, wenn Teams regelmäßig reflektieren: Was hat gut oder nicht funktioniert und was nehmen wir daraus mit? Fragen wie „Was hat uns diese Woche überrascht?“ „Was haben wir gelernt?“ oder „Was hat uns genervt und warum?“ schaffen einen Raum, in dem Reflexion normal wird.
Stefan ist wichtig, aber Steve macht den Unterschied
Wir brauchen keine Revolution, aber eine schrittweise kulturelle Weiterentwicklung. Das bedeutet nicht, alles Gewohnte über Bord zu werfen. Im Gegenteil: Die deutsche Gründlichkeit und Strukturliebe werden noch wertvoller, wenn sie mit Offenheit, Neugier und digitalem Gestaltungswillen verbunden werden.
Wenn Stefan bereit ist, ein bisschen wie Steve zu denken und Steve zugleich Stefans Bodenhaftung übernimmt, entsteht genau das, was echte digitale Transformation braucht: Veränderung mit Substanz.
7 Impulse, wie Sie das Mindset in den Köpfen der Mitarbeitenden verändern
1. Fangen Sie bei sich selbst an. Zeigen Sie, dass Sie selbst lernen, Neues ausprobieren und Fragen stellen. Haltung ist ansteckend – in beide Richtungen.
2. Fehler sichtbar machen – gerade als Führungskraft. Sprechen Sie über Dinge, die nicht funktioniert haben, und was Sie daraus gelernt haben. Das schafft Vertrauen.
3. Kleine Experimente statt großer Programme. Starten Sie bewusst „Mini-Projekte“, die nicht perfekt sein müssen – Hauptsache, man lernt gemeinsam daraus.
4. Lernzeit einräumen – aktiv und regelmäßig. Blocken Sie z. B. 60 Minuten pro Woche für digitales Ausprobieren oder Wissensaustausch im Team.
5. Erfolg nicht nur an Ergebnissen messen. Loben Sie Mut, Initiative und Lernbereitschaft – auch wenn das Ziel noch nicht erreicht ist.
6. Reflexion als Teamritual etablieren. Stellen Sie regelmäßig Fragen wie: „Was lief besser als gedacht?“, „Was nervt uns gerade?“, „Was wollen wir als Nächstes testen?“
7. Beteiligung statt Ansage. Binden Sie Teams aktiv in Veränderungen ein. Wer mitgestaltet, entwickelt schneller ein eigenes digitales Selbstverständnis.
Selbstcheck: Bin ich eher Stefan oder Steve?
Wie reagieren Sie in typischen Situationen? Kreuzen Sie jeweils die Antwort an, die am ehesten auf dich zutrifft.
Situation
|
Stefan
|
Steve
|
---|---|---|
1. Ein neues Tool wird im Unternehmen eingeführt. | „Erstmal abwarten.“ | „Cool – ausprobieren!“ |
2. Ein Projekt läuft nicht wie geplant. | „Wer war verantwortlich?“ | „Was lernen wir daraus?“ |
3. Du bekommst eine spontane Idee. | „Muss ich erst mit XY abstimmen.“ | „Ich bau mal einen kleinen Test.“ |
4. Es passiert ein Fehler in deinem Bereich. | „Das darf nicht nochmal passieren.“ | „Gut – was ändern wir?“ |
5. Eine Kollegin schlägt eine neue Arbeitsweise vor. | „So haben wir das noch nie gemacht.“ | „Lass hören!“ |
6. Du lernst ein neues digitales Tool kennen. | „Brauchen wir das wirklich?“ | „Was kann das für mich tun?“ |
7. Du hast eine Stunde Luft im Kalender. | „Ich räum meine Ablage auf.“ | „Ich schau ein spannendes Video auf YouTube.“ |
8. Jemand in deinem Team scheitert mit einer Idee. | „Das war nicht gut vorbereitet.“ | „Stark, dass sie’s versucht hat!“ |
9. Du planst ein neues Projekt. | „Ich mach erstmal ein Konzept.“ | „Ich frage Nutzer und baue direkt los.“ |
10. Digitalisierung bedeutet für dich... | „Technik verstehen.“ | „Haltung ändern.“ |
Auswertung:
- 0–3 mal Steve: Willkommen im „Team Gründlich“. Sie denken eher klassisch, das ist wertvoll, aber vielleicht gibt’s Potenzial für mehr Mut.
- 4–7 mal Steve: Sie haben eine gute Balance zwischen Planung und Experiment. Stark!
- 8–10 mal Steve: Sie denken wie ein digitaler Pionier. Weiter so, aber vergessen Sie Stefan nicht, sonst sind die anderen schnell „abgehängt“.
Als digiZ Ostwürttemberg begleiten wir Unternehmen, Verwaltungen und Organisationen auf dem Weg zu einer digitalen Arbeits- und Denkkultur.
Ob Mindset, Fehlerkultur oder digitale Zusammenarbeit – wir bringen die Themen inhouse zu Ihnen:
✅ Interaktive Workshops
✅ Impulsvorträge & Teamformate
✅ Individuelle Begleitung bei digitalen Kulturwandel-Prozessen
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0157 77692-862
schuerle@ostwuerttemberg.ihk.de
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