Die Vereinigte Filzfabriken AG in Hermaringen ist ein weltweit anerkannter Hersteller hochwertiger Filze für industrielle, technische und dekorative Anwendungen
Die Lage an einem Seitenarm der Brenz, im Hermaringer Ortsteil Gerschweiler, direkt vor den Toren Giengens, ist idyllisch. Beim Blick auf zumindest einige der Firmengebäude scheint die Zeit ein bisschen stehengeblieben zu sein und die handwerkliche Grundtechnik des Filzens, welche die Basis für das unternehmerische Tun bildet, geht mutmaßlich bis auf die Bronzezeit zurück.
Hinter den – auch moderneren – Mauern allerdings hat mit der Vereinigte Filzfabriken AG (VFG) ein in der Branche und weltweit anerkannter Spezialist in der Fertigung von hochqualitativen technischen Filzen sowie ansprechenden Designfilzen seinen Sitz.
„Unsere Arbeit versteckt sich im Detail, auf den ersten Blick oftmals nicht sichtbar, doch ohne uns wäre die Welt deutlich lauter, schmutziger, ungemütlicher und feuchter“,
schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage.
Filz ist das älteste textile Flächengebilde und wird seit Jahrhunderten aus reiner Schafwolle hergestellt. Die Verfahren zur Filzherstellung wurden im Laufe der Zeit verfeinert und technisiert, aber das grundlegende Herstellungsprinzip und die Basisrohstoffe bleiben die gleichen. Die gewaschene Schafwolle wird beim sogenannten Wolfen gelockert und von Verunreinigungen befreit und damit für das Krempeln vorbereitet. Hier werden die Wollfasern gleichmäßig ausgerichtet, bis eine Art Vlies entsteht. Mehrere Schichten davon übereinander gelegt werden schließlich durch Feuchtigkeit, Wärme und Reibung miteinander verfilzt, bis der fertige Wollfilz entsteht, der dann weiterverarbeitet wird.
1858 gründete der Giengener Hans Haehnle als damals 20-Jähriger in seiner Heimatstadt die Württembergische Wollfilzmanufaktur. Im Heidenheimer Handelsregister mit laufender Nummer 1 eingetragen. Das Unternehmen eröffnete weitere Zweigwerke im In- und Ausland, so zum Beispiel Hörbranz und Brünn sowie die „Manufacture des feutres de Reims“ in Frankreich. Weitere Fabriken in Lambrecht, Neidenfels, Wasserburg, Augsburg und Fulda wurden zugekauft. Im Verlauf dieser Expansion wurde das Gesamtunternehmen 1881 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Seither lautet die Firmenbezeichnung: Vereinigte Filzfabriken AG.
Nach diesen Fusionen nahm das Unternehmen auf dem Weltmarkt einen führenden Rang ein. Handelskontore mit Lagern in Berlin, Wien, Paris, London und Montreal wurden aufgebaut. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgten Umstrukturierungen und die Produktionsstandorte wurden in Gerschweiler zusammengelegt. Seit 1968 besitzt die Filzfabrik Fulda bzw. die Wirth Fulda GmbH (Wirth-Fulda-Gruppe) die Aktienmehrheit.
Die VFG beliefert Unternehmen aus mehr als 80 Branchen im In- und Ausland. Zu den Kunden zählten dereinst schon die Giengener Stofftiernäherin Margarete Steiff, eine Verwandte Haehnles, später aber auch der unter anderem für seine Filzobjekte bekannte Künstler Joseph Beuys.
Heute stellt die VFG eine Vielzahl an Filzen her, die sich in Dichte, Dicke, Materialzusammensetzung und Anwendungsbereich unterscheiden. Diese müssen dabei sowohl den höchsten technischen Anforderungen gerecht werden als auch kreative Möglichkeiten für Designer bieten. Dafür benötigt die VFG pro Jahr die Wolle von über 100.000 Schafen. Der allergrößte Teil davon findet seinen Weg aus Übersee nach Gerschweiler. Aus Europa und speziell auch aus Deutschland kann der Bedarf derzeit nur schwer gedeckt werden. „Schafwolle ist leider in Europa inzwischen eher zum Abfallprodukt geworden“, sagt Jessica Braun, bei der VFG zuständig für die Unternehmenskommunikation.
Um den Stellenwert von Wollschafen wieder zu stärken und mehr ins Bewusstsein zu rücken, ist die VFG auch mit dem baden-württembergischen Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, unter dem Aspekt der Landschaftspflege, in Kontakt. Das Unternehmen engagiert sich auch innerhalb der Branche und der FFF-Group intensiv für Zukunftsentwicklungen.
„Ziel ist es, langlebige und ressourcenschonende Produkte zu entwickeln, die sowohl ökologischen als auch wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden“,
heißt es bei der VFG.
Dass Filz ein echter Tausendsassa ist, zeigt der genauere Blick auf das aktuelle Produktportfolio der VFG. Technische Filze stecken als Dichtungslösung zum Beispiel in Wäschetrocknern ebenso wie in Powertools zur Holzbearbeitung. Mit Harz getränkte Filzschläuche kommen bei der Rohrsanierung im sogenannten Inlinerverfahren zum Einsatz. Und auch die Eigenschaft von Filz, ein Vielfaches seines Eigengewichts an Flüssigkeit aufnehmen zu können, wird technisch genutzt. Simpelstes Beispiel hierfür sind die Filzstifte. Aber auch aus Filz gefräste Zahnräder können, mit Öl getränkt, zur Dauerschmierung von Übersetzungen und Getrieben verwendet werden, so zum Beispiel in Windkraftanlagen. Schließlich gibt es auch beim Dämpfen und Dämmen, Abstreifen oder Polstern vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Filze.
Die Kunden von Designfilzen – bei der VFG in einer Vielzahl an Farben im Angebot – sind unter anderem Möbelhersteller, aber auch Innenarchitekten, Polsterer und Raumausstatter. Ein weithin bekanntes und verwendetes Produkt sind dabei natürlich auch die Möbel- und Stuhlgleiter als Kratzschutz für Böden.
Die Filzprodukte der VFG werden von Hermaringen aus in die ganze Welt versendet. Hier, im idyllischen Brenztal, befinden sich aber nicht nur die Produktionsstätten, sondern auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, in denen an neuen Materialien, Fertigungstechniken und Anwendungen gearbeitet wird.
Denn:
Denn:
„Wir wollen das Thema Filz neu denken“,
wie Jessica Braun sagt,
„Die Wollfaser ist eine unglaublich innovative Faser, die noch viele Anwendungen bietet“,
ist Braun überzeugt. Weshalb es gelte, das Thema Filz
„auch wieder in die Köpfe der jüngeren Generation zu bringen“.
Zahlreiche Formteile für technische Anwendungen, unter anderem auch Zahnräder, können aus besonders aufbereiteten Arten von Wollfilz gefräst werden.
Zu den Zukunftsgedanken rund um den Filz gehören unter anderem Anwendungen, um das Aufkommen an Mikroplastik zu minimieren. Gemeinsam mit Studierenden der Hochschule Pforzheim – Fakultät für Gestaltung – untersucht die VFG derzeit, wie sich Wollfilz als natürliches und nachhaltiges Material einsetzen lässt.
„Ich möchte Wolle als Material in einen neuen Kontext setzen“,
so der 25-Jährige Student Philipp Remus, der mit seiner Bachelorarbeit „Walking with wool“ (Schuhe sortenrein aus Wollfilz) den begehrten IFDesign-Student-Award in Bilbao gewann.
Jessica Braun spricht von einer „spannenden Phase“. Denn Wollfilz wurde und wird in so manchen Anwendungen zunehmend von synthetischen Materialen verdrängt. Das Potenzial von Wollfilz jedoch ist noch lange nicht ausgeschöpft.
Viele weitere Infos gibt’s unter www.vfg.de
Der VFG-Werksverkauf ist Mittwoch und Donnerstag jeweils von 13 bis 17 Uhr geöffnet.
Der VFG-Werksverkauf ist Mittwoch und Donnerstag jeweils von 13 bis 17 Uhr geöffnet.
Zukunftsmusik? Mit seinen sortenrein aus Wollfilz hergestellten Schuhen jedenfalls hat der Pforzheimer Student Philipp Remus den begehrten IFDesign-Student-Award in Bilbao gewonnen.
Foto: VFG Vereinigte Filzfabriken AG
Foto: VFG Vereinigte Filzfabriken AG
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89520 Heidenheim
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Fax 07321 324-169
zentrale@ostwuerttemberg.ihk.de
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