Verbraucherschutz stärken

Am 13. Dezember 2024 trat die neue EU-Produktsicherheitsverordnung (General Product Safety Regulation, GPSR) in Kraft. Sie ersetzt die bisherige Richtlinie zur Allgemeinen Produktsicherheit (RaPS) von 2001 und modernisiert die Produktsicherheitsvorschriften in der EU. Ziel der Verordnung ist es, den Verbraucherschutz zu stärken und den veränderten Marktbedingungen sowie technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen.

Die neue Verordnung ist unmittelbar in allen Mitgliedstaaten verbindlich, wodurch eine einheitliche Umsetzung gewährleistet wird. Für Hersteller, Inverkehrbringer und Händler bringt die GPSR klare und teils verschärfte Pflichten mit sich. Unternehmen, die Produkte in der EU herstellen, importieren oder vertreiben, sollten sich mit den neuen Anforderungen vertraut machen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Warum war die GPSR notwendig?
Die alte Richtlinie zur Allgemeinen Produktsicherheit (RaPS) stammt aus einer Zeit, als der Online-Handel noch in den Kinderschuhen steckte und neue Technologien wie IoT-Geräte (Internet of Things) kaum eine Rolle spielten. Mit der GPSR reagiert die EU auf veränderte Marktbedingungen:

  1. Digitalisierung des Handels: Online-Marktplätze wie Amazon oder eBay sind zentrale Vertriebskanäle geworden. Die GPSR erweitert den Geltungsbereich und bezieht auch Online-Marktplätze in die Verantwortung ein.
  2. Neue Technologien: Smarte Produkte mit Software- und Netzwerkkomponenten (z. B. IoT-Geräte) bergen Risiken, die bisher unberücksichtigt blieben. Die GPSR schließt diese Lücke.
  3. Stärkung des Verbraucherschutzes: Verschärfte Regelungen zur Rückverfolgbarkeit und Produkthaftung sorgen für mehr Transparenz und Sicherheit.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

1. Erweiterte Definition von „sicheren Produkten“
Die GPSR berücksichtigt neben physischen Merkmalen auch Cybersicherheitsrisiken. Ein Produkt gilt nur dann als sicher, wenn es frei von Gefahren für Gesundheit, Sicherheit oder Privatsphäre der Nutzer ist.
2. Pflichten für Online-Marktplätze
Online-Plattformen müssen sicherstellen, dass auf ihrer Plattform nur konforme Produkte angeboten werden. Sie sind verpflichtet, auf behördliche Anordnungen zu reagieren und unsichere Produkte unverzüglich zu entfernen.
3. Stärkere Marktüberwachung
Marktüberwachungsbehörden erhalten erweiterte Befugnisse zur Entfernung unsicherer Produkte. Unternehmen müssen umfassendere Informationen bereithalten, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.
4. Digitaler Produktpass
Ein zentrales Element der GPSR ist der digitale Produktpass, der detaillierte Informationen über das Produkt und seinen Lebenszyklus enthält. Dieser soll die Transparenz und Rückverfolgbarkeit verbessern.


Pflichten für Hersteller
Hersteller tragen die Hauptverantwortung für die Sicherheit ihrer Produkte. Nach der GPSR müssen sie:
  • Produktsicherheit gewährleisten: Produkte müssen den Sicherheitsanforderungen der GPSR entsprechen, einschließlich Cybersicherheitsaspekten.
  • Konformitätsbewertung durchführen: Hersteller müssen überprüfen, ob ihr Produkt sicher ist, bevor es in den Verkehr gebracht wird.
  • Dokumentation bereitstellen: Ein technisches Dossier und der digitale Produktpass müssen alle relevanten Informationen enthalten, darunter Gebrauchsanweisungen und Sicherheitswarnungen.
  • Produktrückrufe durchführen: Im Falle eines Sicherheitsmangels müssen Hersteller schnell handeln, um unsichere Produkte zurückzurufen.

Pflichten für Inverkehrbringer (z. B. Importeure)
Importeure, die Produkte aus Drittstaaten in die EU bringen, übernehmen wichtige Aufgaben in der Lieferkette. Ihre Pflichten umfassen:
  • Überprüfung der Konformität: Importeure müssen sicherstellen, dass das Produkt den Anforderungen der GPSR entspricht und der Hersteller die notwendigen Dokumente bereitgestellt hat.
  • Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit: Der Importeur muss auf dem Produkt oder der Verpackung deutlich erkennbar seine Kontaktdaten angeben.
  • Zusammenarbeit mit Behörden: Im Falle von Sicherheitsbedenken sind Importeure verpflichtet, mit den Marktüberwachungsbehörden zu kooperieren.

Pflichten für Händler
Auch Händler sind für die Produktsicherheit verantwortlich, insbesondere beim Vertrieb an Endkunden. Die GPSR verlangt von ihnen:
  • Sorgfältige Überprüfung: Händler müssen sicherstellen, dass sie keine offensichtlich unsicheren Produkte verkaufen.
  • Informationspflichten: Händler müssen den Verbrauchern klare und verständliche Informationen über die Nutzung und Risiken der Produkte bereitstellen.
  • Rückverfolgbarkeit: Händler müssen in der Lage sein, die Lieferanten der Produkte zu benennen, die sie vertreiben.

Welche Strafen drohen bei Verstößen?
Die GPSR sieht empfindliche Strafen für Verstöße vor, darunter Bußgelder von bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens, welches gegen die Verordnung verstößt. Diese Regelung ähnelt den Sanktionen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und erhöht den Druck zur Einhaltung der Produktsicherheitsvorschriften.

Die GPSR im Unternehmensalltag
Die GPSR fordert eine verstärkte Rückverfolgbarkeit, umfassendere Dokumentationspflichten und mehr Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Prozesse, insbesondere in Bezug auf Produktsicherheit und Meldungen an die Behörden, den neuen Vorgaben entsprechen. Die ersten Wochen seit Inkrafttreten haben gezeigt, dass sowohl die Behörden als auch die Marktteilnehmer noch dabei sind, sich an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die GPSR auf die Praxis auswirkt und welche Bereiche in der Umsetzung besonderen Klärungsbedarf erfordern werden. Klar ist, dass Unternehmen gut beraten sind, die Verordnung ernst zu nehmen, um rechtliche und wirtschaftliche Risiken zu vermeiden.
digiZ




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