Neue Publikation der Aalener imakomm
Multifunktionale Innenstädte und Zentren
Positionspapiere und Studien zur Innenstadt gibt es viele. Die neue Publikation der Aalener imakomm rückt explizit die Hemmnisse einer Zentrenentwicklung in den Mittelpunkt – und wie diese überwunden werden können.
Innenstadt ist Thema:
Zentren kleiner Gemeinden bzw. Innenstädte von größeren Kommunen waren und sind nicht nur Versorgungszentrum, sondern auch Identitätsraum – quasi das Wohnzimmer jeder Kommune. Daher wundert es nicht, dass „das Zentrum“ ständiges und emotionales Thema ist. Seit Corona hat die Zahl an Studien und Positionspapieren hierzu inflationär zugenommen. Die Forderungen reichen von Reanimation bis Transformation der Zentren. Der Ansatz hierbei sei eine Entwicklung hin zur Multifunktionalität: Nicht mehr nur der Einzelhandel, sondern viele verschiedene Funktionen sollen demnach ein zukunftsfähiges Zentrum prägen. Auffallend jedoch: Kaum eine Publikation bzw. Studie definiert Multifunktionalität und kaum eine analysiert die Hemmnisse bei dieser Entwicklung.
Publikation liefert erstmals Systematisierung von Hemmnissen und Lösungen für die Zentrumsentwicklung:
Diese Lücke schließt nun die neue imakomm-Publikation zum Thema Innenstadt und kommunale Zentren. Basis der Publikation sind beispielsweise bundesweite Auswertungen von Innenstadt-Studien und von kommunalen Strategien. Zudem basiert die Publikation auf einem imakomm-Gutachten für das Land Baden-Württemberg, welches in Zusammenarbeit mit dem Büro Baldauf Stadtplaner und Architekten GmbH (Stuttgart) sowie der Kanzlei Fridrich Bannasch & Partner Rechtsanwälte mbH (Freiburg) im Jahr 2023/2024 erarbeitet wurde.
Das Neue an der Publikation: Erstmals liegen damit eine Systematisierung und Priorisierung von Hemmnissen vor, ebenso von Lösungen hierfür. Und: Die Publikation enthält ein erstes, anwendbares Modell von Multifunktionalität.
Multifunktionalität war nie weg – die kommunalen Entwicklungsstrategien sind jedoch monofunktional:
Die imakomm-Publikation zeigt: Der Einzelhandel wird eine wichtige Funktion in nahezu allen kommunalen Zentren bleiben. Er verliert aber seine große Leitfunktion. Andere Nutzungen – Gastronomie, Bildungseinrichtungen, Treffpunkte, Wohnen, usw. – werden zu mehr oder weniger gleichwertigen Nutzungen.
Das verlangt eine Strategieumkehr in vielen Kommunen: Nicht mehr „Frequenz durch den Handel“, sondern „Frequenz mit und für den Handel“ muss der Ansatz sein. Damit sind die Zeiten, in denen ein Einzelhandelskonzept als Strategie für die Zentrenentwicklung ausreicht, vorbei.
Die „neue Multifunktionalität“: Mindestanforderungen:
Fasst man alle deutschlandweiten Erkenntnisse zusammen, benötigt ein multifunktionales Zentrum sieben Elemente (Mindestanforderungen):
- Versorgung und Shopping – bei kleinen Kommunen meint dies v.a. Lebensmittel und Dienstleistungen wie ein Friseur
- Gastronomie – allein schon über Außengastronomie einer Bäckerei
- Angebote im Bereich Arbeiten – gemeint ist beispielsweise Frequenz durch Mitarbeitende im Rathaus, in Betrieben usw.
- Angebote im Bereich Wohnen
- Soziale Vielfalt als Abbild der jeweiligen Stadtgesellschaft – das Zentrum ist für alle da, nicht nur kaufkräftige Gruppen; ein sicheres Nebeneinander unterschiedlichster Gruppen ist aber auch zu gewährleisten
- Qualitätsvoller Aufenthaltsraum – Plätze, Bürgertreffpunkt, usw.
- Ko-Kreation: Teilhabe und Strukturen hierfür
Zwei weitere Elemente der Innenstadt als Kür:
Je größer die Kommune, desto vielfältiger das Angebot in den sieben Elementen. Größere Mittelzentren und Oberzentren umfassen zwei weitere Elemente von Multifunktionalität:
- Tag-, Abend- und Nachtleben sowie Strukturen hierfür (beispielsweise „Nacht-Bürgermeister“)
- Freizeit und weitere Komplementärfunktionen
Erreichbarkeit ist notwendige Bedingung – sie ist aber nicht Besuchsgrund:
Die deutschlandweiten Innenstadtstrategien zeigen zudem: Ansätze, die auf „generell autofrei“ oder aber „komplett befahrbares Zentrum“ setzen, sind falsch. Erreichbarkeit richtet sich immer nach den obigen Elementen einer Multifunktionalität.
Die “neue“ Multifunktionalität ist gestaltbar:
Bisher kaum beachtet: Die einzelnen Elemente bzw. Nutzungen der Multifunktionalität haben unterschiedliche Wirkungen. Dies kann bei der Zentrumsentwicklung künftig viel stärker genutzt werden. Beispiele:
- Gebundene versus freie Frequenz. Manche Nutzungen – beispielsweise eine Musikschule im Zentrum – generieren (orts-)gebundene Frequenz. Sie werden regelmäßig und aus Notwendigkeit heraus (Klavierstunde in der Musikschule) aufgesucht. Andere Nutzungen – beispielsweise ein Gastronomiebetrieb – „erzwingen“ diese regelmäßige Frequenz nicht.
- Die Nutzungen haben unterschiedliche „Reichweiten“. So ist ein spezialisierter Männermoden-Anbieter für viele Kunden auch aus dem Umland attraktiv, für einen Ämterbesuch gilt dies nur und sporadisch für die „eigene“ Bevölkerung.
Die Kunst der Innenstadttransformation wird nun darin liegen, Nutzungen mit gebundener Frequenz zu entwickeln bzw. zurück in die Innenstadt zu holen. Ergänzt werden muss zudem um Nutzungen mit großer Reichweite. Das bedeutet auch: Allein der Ausbau der Wohnfunktion wird ein kommunales Zentrum nicht genügend stärken.
© imakomm
Die Hemmnisse bei der Entwicklung multifunktionaler Zentren:
Doch warum gelingt die Entwicklung der sieben bzw. neun Elemente eines multifunktionalen Zentrums oftmals nicht? Die Bandbreite an Hemmnissen ist groß. Gleichwohl scheinen bundesweit vier Hemmnisse zentral:
- Eingeschränkte Flächenentwicklung: Die Bereitschaft der Immobilieneigentümer, in ihre Objekte zu investieren, ist oft gering. Zudem haben Kommunen nur begrenzten Zugriff auf diese Immobilien.
- Fehlende finanzielle Mittel der Kommunen: Die Kommunen sind aufgrund ihrer Pflichtaufgaben finanziell stark belastet. Diese binden so viele Ressourcen, dass wichtige Aufgaben wie Stadtmarketing oder aktive Bodenpolitik oft vernachlässigt werden.
- Geringe Beteiligungsbereitschaft vor Ort: Nur ein kleiner Teil der Akteure engagiert sich aktiv für die Weiterentwicklung und Stärkung der Innenstadt. Es mangelt an neuen, barrierefreien Beteiligungsstrukturen, die mehr Menschen zur Mitgestaltung motivieren.
- Zu positiv bewertete Zukunftsfähigkeit des Einzelhandels: Der Einzelhandel bleibt ein wichtiger Bestandteil der Innenstadt, kann jedoch nicht mehr die alleinige Leitfunktion übernehmen. Die Branche steht vor großen Herausforderungen, wie der Sicherung von Betriebsnachfolgen, der Konkurrenz durch den Online-Handel und der Schaffung eines frequenzstarken Umfelds. Darüber hinaus müssen die digitalen Präsenzmöglichkeiten des Handels gestärkt werden, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
So können die Hemmnisse bei der Entwicklung multifunktionaler Zentren abgebaut werden:
Zentrale Themenfelder zum Abbau von Hemmnissen und besonders wichtige Lösungsansätze: |
Kommunen
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Private*
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Land
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Bund
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1 | ||||||||
Eine aktive Boden(vorrats)politik ermöglichen und umsetzen, u.a. durch: | ||||||||
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X
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X
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X
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X
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2 | ||||||||
Handlungsmöglichkeiten der Kommunen stärken, u.a. durch: |
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X
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X
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X
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X
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3 | ||||||||
Beteiligungsstrukturen neu definieren, u.a. durch: | ||||||||
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X
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X
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Kostenloser Download der Studie hier:
Die Autoren
ppa. Matthias Prüller
imakomm AKADEMIE GmbH
Gesellschafter
imakomm AKADEMIE GmbH
Gesellschafter
prueller@imakomm-akademie.de
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Dr. Peter Markert
imakomm AKADEMIE GmbH
Geschäftsführender Gesellschafter
Geschäftsführender Gesellschafter
markert@imakomm-akademie.de
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