Zentrale Ergebnisse der Konjunkturumfrage

Konjunkturbericht Herbst 2024

Wirtschaft erholt sich nicht – die Erwartungen sind mau

In der Region Ostwürttemberg hat sich das konjunkturelle Stimmungsbild im Herbst 2024 gegenüber den Vormonaten verschlechtert: Der Geschäftslageindikator ist um 3,2 Punkte auf einen Wert von 9,1 gesunken, verbleibt aber weiterhin im positiven Bereich. Der Geschäftserwartungsindikator liegt um 20,5 Punkte niedriger als im Frühsommer und weist nun erneut einen negativen Wert (-11,0) auf. Der Arbeitsmarkt zeigt sich noch weitgehend robust, jedoch mit einer abnehmenden Einstellungsbereitschaft der Unternehmen. Auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen nimmt weiter ab. Dabei handelt es sich vor allem um Ersatzbedarf und damit um Investitionen zum Erhalt der bestehenden Produktionskapazitäten am Standort Ostwürttemberg.
IHK-Konjunkturindikatoren für die Region Ostwürttemberg
IHK-Konjunkturindikatoren für die Region Ostwürttemberg

Geschäftslage befriedigend, Geschäftserwartungen pessimistisch

Fast jedes dritte Unternehmen in Ostwürttemberg beschreibt seine Geschäftslage weiterhin als gut, die Hälfte bewerten sie mit „befriedigend“ und jedes fünfte mit „schlecht“. Anders bei den Erwartungen: Fast jedes fünfte Unternehmen geht von einer Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten aus – im Frühsommer war es noch jedes vierte Unternehmen. Gleichzeitig geht jedes dritte Unternehmen von einer Verschlechterung ihrer Geschäftstätigkeit aus. Dieser Wert lag im Frühsommer noch um 13 Prozentpunkte niedriger.

Weiterhin multiple Risiken und Herausforderungen

Insgesamt schätzen die Unternehmen in Ostwürttemberg die wirtschaftlichen Risiken höher ein als noch im Frühsommer 2024. Hauptrisiko ist zwar weiterhin – als Folge der Kaufzurückhaltung und der unsichereren Rahmenbedingungen – die Inlandsnachfrage mit mehr als 70 %. Danach folgen die Arbeitskosten. Das Risiko Fachkräftemangel nimmt nochmals und um mehr als 10 Prozentpunkte ab. Weiter abnehmende Bedeutung ist bei Energie- und Rohstoffpreisen und Finanzierung festzustellen, während ein Drittel der Unternehmen in der Auslandsnachfrage und den geopolitischen Spannungen ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung sehen, die sich jedoch in absehbarer Zeit wohl nicht lösen werden. 40 % der Unternehmen geben wirtschaftspolitische Risiken an – das entspricht einer Steigerung um 10 Prozentpunkte im Vergleich zum Frühsommer.
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung, Mehrfachnennungen möglich (in %)
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung, Mehrfachnennungen möglich (in %)

Arbeitsmarkt weiterhin robust

Trotz der konjunkturellen und strukturellen Instabilitäten bleibt der Arbeitsmarkt noch weitgehend robust, jedoch mit einer abnehmenden Einstellungsbereitschaft der Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten: Im Herbst 2024 gehen zwar 14 % der Unternehmen von steigenden Beschäftigtenzahlen aus – fast jedes dritte Unternehmen plant jedoch aufgrund der eingetrübten Konjunkturaussichten seine Beschäftigtenzahlen voraussichtlich zu reduzieren. Auch deshalb ist das Risiko Fachkräftemangel nochmals um mehr als 10 Prozentpunkte gesunken. Nichtdestotrotz bleibt das Thema ein strukturelles Problem in Ostwürttemberg.
Die Beschäftigtenzahl vor Ort wird in den nächsten 12 Monaten tendenziell... (in %)
Die Beschäftigtenzahl vor Ort wird in den nächsten 12 Monaten tendenziell... (in %)

Investitionsbereitschaft wieder verschlechtert

Ein pessimistisches Bild der Lage zeigt die Investitionsbereitschaft der Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten: Nur noch 54 % sprechen von zunehmenden oder gleichbleibenden Inlandsinvestitionen, während es im Frühsommer noch 63 % waren. Dabei handelt es sich vor allem um Ersatzbedarf und damit um Investitionen zum Erhalt der bestehenden Produktionskapazitäten am Standort Ostwürttemberg. Abnehmende Bedeutung haben Investitionen in Umweltschutz und Energieeffizienz.
Die Inlandsinvestitionen werden in den nächsten 12 Monaten... (in %)
Die Inlandsinvestitionen werden in den nächsten 12 Monaten... (in %)

Verschlechterung bei Auftragseingängen, stabile Ertragslage und ein gemischtes Bild bei den Umsätzen

Die anhaltend schwache Nachfrage zeigt sich bei den Auftragseingängen, die sich im Vergleich zum Frühsommer 2024 verschlechtert haben: Lediglich 14 % der Unternehmen gehen von steigenden Auftragseingängen aus – im Frühsommer war es noch jedes fünfte. Nicht mehr ein Viertel, sondern mehr als 40 % der Unternehmen sprechen von fallenden Auftragseingängen. Mit „gut“ bewerten 24 % der Unternehmen in Ostwürttemberg ihre Ertragslage, mehr als die Hälfte sprechen von „befriedigend“. Ein gemischtes Bild zeigt sich bei den Umsätzen. Hier geht die Schere zwischen „gut“ und „schlecht“ auseinander: 27 % sprechen von „gestiegenen“ Umsätzen, im Frühsommer waren es noch 19 %. Gleichzeitig ist aber auch der Anteil von 40 % auf 48 % gestiegen, die von „gefallenen“ Umsätzen sprechen.

Industrie mit Licht und Schatten, Handel leidet unter Konsumzurückhaltung

In der Industrie ist es zu einer weiteren Drosselung der Produktion gekommen: Die wichtige Kenngröße Kapazitätsauslastung sinkt von 83,7 % im Frühsommer auf nun 78,7 %. Zudem setzt sich die optimistische Erwartungshaltung vom Frühsommer nicht weiter fort: Jedes fünfte Unternehmen spricht von einer Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten, von einer Verbesserung gehen nun 24 % der Unternehmen aus – im Frühsommer war es noch jedes dritte. Lichtblick sind die Exportaussichten im Industriesektor: 36 % der Unternehmen gehen von steigenden Exporten aus. Hauptzielregion ist dabei Nordamerika und die EURO-Zone.
Pessimistisch sehen die Bauunternehmen die Geschäftstätigkeit in den kommenden zwölf Monaten: Mehr als 70 % der Unternehmen gehen von einer Verschlechterung aus, die restlichen knapp 30 % von einer gleichbleibenden Geschäftstätigkeit. Von einer Verbesserung geht kein Unternehmen aus. Die pessimistischen Erwartungen gehen u. a. auf die Bauproduktion und den Auftragseingang zurück. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zinssenkungen für einen echten Anschub nicht ausreichen. Dem Bausektor fehlt es weiterhin an Aufträgen, obwohl Wohnungen gebaut und die Infrastruktur in weiten Teilen erneuert werden sollten.
Im Dienstleistungssektor, insbesondere im Handel, wirken sich die überdurchschnittlichen Preiserhöhungen, die hohe Sparneigung sowie die Schwächen in den anderen Sektoren bereits negativ auf Auftragsvolumen, Umsatzerwartungen sowie Beschäftigung und Investitionen aus. Doch die Wirtschaft bräuchte mehr Konsum, um wieder anzuspringen – und Investitionen, die für die Bewältigung der strukturellen Umbrüche und Transformationsprozesse der Wirtschaft in Ostwürttemberg notwendig sind.
Im Transport- und Verkehrsgewerbe hat sich die Lage leicht verbessert: zwar sprechen nicht mehr 15,8 % wie im Frühsommer, sondern 14,3 % der befragten Unternehmen von einer guten Geschäftslage – gleichzeitig schätzen 9,5 % der Unternehmen ihre Lage als schlecht ein. Im Frühsommer waren es noch 15,8 %. Eine minimale Steigerung bei den Auftragseingängen sehen die Betriebe sowohl bei Binnenverkehren (5,6 %) wie auch bei grenzüberschreitenden Verkehren (7,1 %). Fachkräftemangel, Arbeitskosten, LKW-Maut sowie die Inlandsnachfrage sind die TOP 4 Risikofaktoren. Auf Platz 5 im Ranking liegen die Energiepreise mit weiter sinkender Bedeutung.
Bei den Umfrageteilnehmer/-innen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe gibt wieder – u. a. aufgrund der sinkenden Umsätze – jedes zehnte Unternehmen eine schlechte Geschäftslage an. Nur jedes vierte Unternehmen spricht von gestiegenen Umsätzen in der Beherbergung, keines in der Restauration. Hauptrisiken sind weiterhin die Energie- und Rohstoffpreise sowie die Arbeitskosten, die Inlandsnachfrage sowie der Fachkräftemangel.

Ursachen für konjunkturelle Belastungen zeitnah abbauen, Zukunftsthemen selbstbewusst angehen: Stimmen aus der regionalen Wirtschaft

Die Unternehmen sprechen in ihren Freitextantworten auch im Herbst von multiplen Unsicherheitsfaktoren, die zu fehlender Planungssicherheit führt: Bürokratie, „immer neue Auflagen und Gesetze“ und „lange Bearbeitungszeiten in allen Bereichen“. Nicht mehr erwähnt wird eine restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank – dafür jedoch primär die Unzufriedenheit mit der Wirtschafts- und Strukturpolitik, der es weiterhin an „wirtschaftlichem Weitblick“ fehlen würde. Die „Unsicherheit in der Bevölkerung“ führe zu Zurückhaltung in Konsum und Investitionen. Lediglich ein Unternehmen spricht von „asiatischen Wettbewerbern“ und verweist so auf die weltpolitische Lage sowie die strukturellen Probleme im internationalen Vergleich. Kritisch äußern sich Unternehmen in Ostwürttemberg zur Vier-Tage-Woche sowie der Ausbildungs- und Arbeitsbereitschaft der Mitarbeitenden.
Wir danken allen Unternehmen, die sich bereit erklärt haben, an der Konjunkturumfrage teilzunehmen. Wir verbinden diesen Dank mit der Bitte, uns auch weiterhin zu unterstützen. Ihre wirtschaftliche Lageeinschätzung ist für uns sehr wertvoll. Durch Ihre Teilnahme gewährleisten Sie die Repräsentativität der Konjunkturumfrage.
Den ausführlichen Konjunkturbericht mit Dashboards und Analysen einzelner Sektoren sowie einem Blick in die Landkreise finden Sie hier. (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 2204 KB)
Unser interaktives Konjunkturboard bietet Ihnen die grafische Analyse der Ergebnisse der letzten Konjunkturumfragen der IHKs in Baden-Württemberg für Branchen und Regionen. Das Konjunkturboard finden Sie hier.