Beruf und Familie vereinbaren

Flexibles und mobiles Arbeiten

Mobiles Arbeiten – die wichtigsten Punkte

Sie überlegen sich, angesichts der Corona-Gefahr, mobiles Arbeiten für Ihre Beschäftigten anzubieten? Dabei sind einige Punkte zu beachten:
  1. Regelung: Grundsätzlich sollten Regelungen zu mobilem Arbeiten im Arbeitsvertrag oder in Betriebsvereinbarungen getroffen werden bzw. sind im Tarifvertrag enthalten.
    Haben Sie bisher keine Regelungen getroffen? Sie können das für den konkreten Einzelfall mit dem Arbeitnehmer vereinbaren oder einen Zusatz zum Arbeitsvertrag abschließen. Denkbar ist auch, dass der Arbeitnehmer sein Einverständnis stillschweigend erkĺärt, indem er beispielsweise das nötige Equipment in Empfang nimmt und die Arbeit von zu Hause aus aufnimmt.
    Ist Ihr Unternehmen mitbestimmungspflichtig? Dann sollten sie das mobile Arbeiten über eine Betriebsvereinbarung zusammen mit Ihrem Betriebsrat gestalten.
    Punkte, die in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden könnten, enthält die Toolbox „Digitale Vereinbarkeit“ zu Homeoffice und mobilem Arbeiten (pdf), Seite 19/20 (Erfolgsfaktor Familie).
     
  2. Technische Ausstattung: Der Arbeitgeber sollte die Arbeitsmittel zur mobilen Arbeit (z. B. Laptop, Tablet, Handy) und entsprechende Zugangsmöglichkeiten zum Firmennetzwerk zur Verfügung stellen. Eine private Nutzung der Arbeitsmittel sollte aus Gründen des Datenschutzes, der Datensicherung und Haftung ausgeschlossen werden.
     
  3. Arbeits- und Gesundheitsschutz: Mobile Arbeitsplätze unterliegen anders als Telearbeitsplätze nicht der Arbeitsstättenverordnung, dennoch ist das Arbeitsschutzrecht einzuhalten. Der Arbeitgeber muss Vorrichtungen oder Gerätschaften so einrichten, dass die Beschäftigten gegen Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt sind. Außerdem hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung nach den allgemeinen Grundsätzen (§ 5 ArbSchG) durchzuführen.
    Anregungen zur sicheren, stressarmen und gesundheitsfördernden Gestaltung von mobiler Bildschirmarbeit gibt es bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) und im Faltblatt „Mobil arbeiten mit Notebook & Co – Tipps für die Arbeit unterwegs“ (pdf) der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft VBG gesetzliche Unfallversicherung.
     
  4. Datenschutz: Der Arbeitgeber muss als datenschutzrechtlich Verantwortlicher die technischen und organisatorischen Maßnahmen treffen, die zum Schutz persönlicher Daten notwendig sind und den Zugriff durch unbefugte Dritte verhindern. Dazu sollten gesicherte Verbindungen bzw. Verschlüsselungssysteme zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollten vertragliche Regelungen getroffen werden, wonach der Arbeitnehmer zum Daten- und Geheimnisschutz und zur Vertraulichkeit verpflichtet wird.
    Infos zu Risiken, Rechten und Pflichten sowie datenschutzrechtliche Empfehlungen enthält die Broschüre „Telearbeit und Mobiles Arbeiten – Ein Datenschutz-Wegweiser“ (pdf) (Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit).
    Plötzlich im Homeoffice – und der Datenschutz – die Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein informiert.
     
  5. Arbeitszeitgesetz und Zeiterfassung: Es gelten zum Beispiel die maximale Tagesarbeitszeit von 10 Stunden, die Pausen- und Ruhezeitenregelungen und das Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen. Im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes hat der Arbeitgeber ein Weisungsrecht bzgl. der Arbeitszeit und kann zum Beispiel feste Servicezeiten oder Zeiten der Erreichbarkeit festlegen.
    Der Arbeitgeber muss die Arbeitszeiten seiner Beschäftigten systematisch erfassen – am sichersten ist die tägliche Erfassung von Arbeitsbeginn, -ende und Pausenzeiten. Hierbei ist er auf die Hilfe seiner Beschäftigten angewiesen.
    Weitere Infos zum Arbeitszeitgesetz gibt es beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales BMAS.
     
  6. Versicherungsschutz: Auch im Homeoffice genießen die Beschäftigten den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Seit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes im Juni 2021 gilt laut Artikel 5: Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte. Versichert sind somit Wege in der Wohnung, die im engen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen (inkl. Nahrungsaufnahme und Toilettengang). Außerdem sind Beschäftigte ebenfalls auf dem Weg versichert, wenn sie ihre Kinder in eine externe Betreuung bringen, um im Homeoffice zu arbeiten.


Förderung der Einrichtung von Homeoffice

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können über das Förderprogramm „go-digital“ des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) finanzielle Unterstützung erhalten, wenn sie kurzfristig Homeoffice-Arbeitsplätze schaffen. Erstattet werden bis zu 50 Prozent der Kosten einer unterstützenden Beratung durch ein vom BMWi autorisiertes Beratungsunternehmen. (Achtung: Das Programm läuft zum 31. Dezember 2021 aus)
 
Bei rechtlichen Fragen können sich IHK-Mitgliedsunternehmen gerne an das Service Center Recht wenden: Telefon 0711 2005-1688

Argumente

Flexible und mobile Arbeitsformen bieten Unternehmen ein wichtiges Instrument, um das Potenzial qualifizierter Fachkräfte optimal zu nutzen: Beschäftigte sollen beispielsweise auch beim Kunden oder auf Geschäftsreisen erreichbar und einsetzbar sein. Auch wollen die Betriebe flexibel auf schwankende betriebliche Anforderungen reagieren und sich außerdem als attraktiver Arbeitgeber positionieren.
Berufstätige Mütter wollen mehr Karrierechancen, Väter mehr Familienzeit: Mobiles und flexibles Arbeiten wird auch von Seiten der Beschäftigten immer mehr gewünscht – vor allem, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wie die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen zu verbessern, aber auch um anderen privaten Angelegenheiten nachzugehen. Stichworte sind hier lebensphasenorientierte Personalpolitik oder Work-Life-Balance.
Ein weiterer Blickwinkel öffnet sich durch die aktuelle Diskussion um Mobilität: Verkehrsaufkommen und damit Staus und Umweltbelastungen könnten durch flexibles und mobiles Arbeiten vermindert werden.
Gleichzeitig steigen durch die zunehmende Digitalisierung die Möglichkeiten für flexible und mobile Arbeitsformen, zum Beispiel durch Breitbandverbindungen, mobile Endgeräte, entsprechende Software und Cloud-Dienste.

Gründe für flexible Arbeitsmodelle

  • gesellschaftlicher Wandel: Wunsch nach Work-Life-Balance
  • Arbeitszufriedenheit und Gesundheit
  • Arbeitgeberattraktivität
  • Chancengleichheit
  • technische Entwicklung und globale Kooperation
  • Effizienzsteigerung und Kapazitätsanpassung
  • verbesserte Kommunikation und klare Prozesse
  • Wandel der Führungs- und Arbeitskultur


Fragen

Auf der anderen Seite wirft die wachsende Flexibilisierung Fragen auf: Welche Möglichkeiten gibt es für Tätigkeiten in der Produktion oder personenbezogene Dienstleistungen? Wie kann einer Entgrenzung der Arbeit und einer zunehmenden Belastung der Mitarbeiter durch ständige Erreichbarkeit entgegengewirkt werden? Wie funktionieren Personalführung, Organisation und Kommunikation bei einem mobilen und flexiblen Team? Und wie werden Teamidentität, Engagement und Kreativität sichergestellt?

Möglichkeiten...

Flexibilisierung des Arbeitsorts

  • mobiles Arbeiten (etwa auf Dienstreisen)
  • Desksharing innerhalb eines Unternehmens
  • Telearbeit als Homeoffice oder im Wechsel von Heim- und Büroarbeit

Flexibilisierung der Arbeitszeit

  • Teilzeit (auch reduzierte Vollzeit, Altersteilzeit)
  • Gleitzeit
  • Vertrauensarbeitszeit
  • Arbeitszeitkonten (auch Lebensarbeitszeitkonten)
  • Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus
  • Jobsharing
  • längere Abwesenheitsblöcke wie Sabbaticals, mehrmonatige Freistellungen, Elternzeit, Pflegezeit

... und Grenzen

Klare Strukturen und verbindliche Regeln, Planbarkeit und Verlässlichkeit sowie eine gute Kommunikation sind unabdingbar für flexible Arbeits(zeit)modelle – ebenso wie eine entsprechende Unternehmenskultur und Kompetenzen auf Seiten der Führungskräfte und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Betriebliche Erfordernisse wie Kundenwünsche, Maschinenlaufzeiten, Service- und Öffnungszeiten sind mit den Wünschen der Beschäftigten in Einklang zu bringen und dabei verschiedene rechtliche und technische Rahmenbedingungen zu beachten:
  • gesetzliche Regelungen wie
    • Arbeitszeitrecht (z. B. maximale tägliche Arbeitszeit, Pausen- und Ruhezeiten, Zeiterfassung)
    • Arbeitsschutz (z. B. Arbeitssicherheit und Schutzmaßnahmen, Gefährdungsbeurteilung, Unterweisungen)
    • Datenschutz (z. B. technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz persönlicher Daten, IT-Sicherheitskonzept)
  • tarifrechtliche Regelungen
  • Betriebsvereinbarungen
  • technische Arbeitsmittel, Kommunikationsmittel und -möglichkeiten
  • arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse

Tipps für die betriebliche Praxis

Für Arbeitgeber

  • Klare Vereinbarungen treffen!
    Flexible Arbeitsmodelle erfordern klare Regeln, beispielsweise zur Frage der Erreichbarkeit. Alle sollten zum Umgang mit mehr „Selbstverantwortung“ befähigt werden.
  • Leistung der Mitarbeitenden messen!
    Leistungen sollten möglichst objektiv definiert und gemessen werden. Die Zielerreichung hat Vorrang vor Anwesenheit.
  • Moderne Werkzeuge für die Zusammenarbeit nutzen!
    Teams sollten bei flexibler Arbeit durch interne soziale Netzwerke, Blog oder Collaboration Tools unterstützt werden
  • Digitale Zusammenarbeit braucht neue Führungspersönlichkeiten!
    Flexibles Arbeiten erfordert neue Führungs- und Kommunikationsansätze, z. B. Führen und in Kontakt bleiben auf Distanz.
  • Unternehmenskultur anpassen!
    Den notwendigen Kulturwandel einleiten und unterstützen, z. B. auf Ergebnisse ausrichten. Denn Arbeitsmodelle müssen zur Kultur passen.
  • Technische Machbarkeit und Datenschutz gewährleisten!
    Eine funktionierende Hard- und Software sind ein Muss, genauso wie Sicherheit und Datenschutz.
  • Ausprobieren und Probelauf starten!
    Sie müssen nicht gleich das ganze Unternehmen umstellen; probieren Sie mobile Lösungen in einem Bereich aus.

Für Beschäftigte

  • Zuhause arbeiten – Raum für die Arbeit schaffen!
    Das Homeoffice dient der Arbeit. Diese Fokussierung gelingt am besten in einem abgeschlossenen Bereich, idealerweise einem eigenen Raum.
  • Sich selbst managen!
    Flexible Arbeitsmodelle verlangen ein hohe Maß Selbstorganisation. Effizientes Arbeiten und Verlässlichkeit sind unabdingbar.
  • Sich selber schützen!
    Flexible Arbeit darf nicht zur Selbstausbeutung führen. Engagierte Mitarbeiter/innen setzen Grenzen und halten sie ein.
  • Sichtbar bleiben!
    Wer selten(er) im Büro/am Arbeitsplatz ist, muss stärker darauf achten, dass die Arbeitsergebnisse und die Rolle als Teammitglied auch wahrgenommen werden.
  • Digitale Kommunikation aktiv nutzen!
    Soziale Medien sollten auch genutzt werden, um die eigene Leistung und Kreativität darzustellen.
  • Vereinbarkeit regeln!
    Homeoffice und mobiles Arbeiten sind kein Ersatz für eine fehlende Betreuung von Kindern oder zu pflegenden Angehörigen.
  • Probelauf anbieten!
    Helfen Sie Vorbehalte abzubauen und vereinbaren Sie eine „Probezeit“ für mobiles Arbeiten.
Quelle: Erfolgsfaktor Familie

Hilfreiche Informationen

Handlungsleitfäden und Tipps für die Einführung flexibler und mobiler Arbeitsformen: