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Vor über zwei Jahren trennte sich das Schicksal von Liubov Sviatenko und ihrem Ehemann an der ukrainisch-polnischen Grenze. Hand in Hand mit ihren beiden Töchtern überquerte sie im März 2022 die Grenze nach Polen. Von dort aus führte ihr Weg sie per Bus nach Poznan, weiter mit dem Zug nach Berlin und schließlich in die schwäbische Kleinstadt Bopfingen.
Zwischen Krieg und Integration: Eine ukrainische Familie in Bopfingen
(v. li.) Roland Pliska, Liubov Sviatenko, Lena Oppold und Carina Pliska
© Landratsamt Ostalbkreis
„Am Anfang dachte ich, wir würden für zwei bis drei Monate in Deutschland bleiben", erzählt Sviatenko. Heute lebt und arbeitet die 46-jährige in der Stadt am Ipf, während ihre Töchter die Schule besuchen. Die Familie Sviatenko hat eine neue Heimat gefunden - zumindest teilweise.
„Ich habe hier viele Freunde und einen großartigen Arbeitsplatz, aber mein Mann fehlt mir", gesteht sie. Täglich halten sie und ihre Familie über Messenger-Dienste Kontakt, um das Familienleben so gut wie möglich aufrechtzuerhalten. Während Liubov Sviatenko und ihre Töchter sich in das Leben auf der Ostalb integriert haben, indem sie die Sprache lernten und in Schule und Beruf Fuß fassten, lebt ihr Ehemann, der Vater ihrer Kinder, weiterhin in der Ukraine. Das bestehende Ausreiseverbot aber auch Arbeit und familiäre Verpflichtungen verhindern das Beisammensein der Sviatenkos. Die Zukunft der Familie ist somit ungewiss, dennoch war es für Sviatenko wichtig, in Deutschland aktiv zu werden.
Die 46-jährige Ukrainerin mit einem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und langjähriger Berufserfahrung im Finanzwesen begann im Sommer 2022 einen Sprachkurs und erreichte bis zum Dezember 2023 das Niveau B2. Das Jobcenter unterstützte sie beim Anerkennungsverfahren, übersetzte ihre Zeugnisse und sandte ihr passende Jobangebote zu. Obwohl das Anerkennungsverfahren oft entmutigend ist, da ausländische Berufe in Deutschland aufgrund der fehlenden Reglementierung nicht immer anerkannt werden, fand Sviatenko mithilfe des Jobcenters Erfolg. Sie schickte ihre übersetzten Zeugnisse und ihren Lebenslauf an die Spedition Siegmann in Bopfingen und wurde zu einem ersten Kennenlerngespräch eingeladen.
Zu ihrem Vorstellungsgespräch ging die Ukrainerin zu Fuß und schützte sich gegen den starken Regen mit einem kleinen „Knirps“. "Das hat mich beeindruckt. Heutzutage ist das nicht mehr selbstverständlich. Die Motivation von Luba ist mir gleich bei unserem ersten Treffen aufgefallen", erzählt Roland Pliska, Geschäftsführer der Spedition Siegmann. Für ihn spielte die Anerkennung ihrer Qualifikationen keine Rolle, sondern ihre Motivation und Berufserfahrung. Mit seiner neuen Mitarbeiterin, die im Büro liebevoll "Luba" genannt wird, ist er sehr zufrieden. „Sie ist eine starke Persönlichkeit. Sie hat es nicht nur geschafft, ihre Kinder zu beschützen und zu versorgen, sondern auch selbstständig ihren Weg ins Arbeitsleben zu finden. Menschlich passte es einfach", sagt Pliska.
Auch die Einarbeitungszeit meisterte die Ukrainerin mit viel Engagement und zur Zufriedenheit des Geschäftsführers sowie des gesamten Teams. „Ich weiß, dass ich Fehler mache. Ich mache viele Notizen und erhalte viel Hilfe von meinen Kollegen", erzählt Sviatenko. Pliska ist sich sicher, dass die Routine mit der Zeit kommt, zumal ihre systematische, korrekte und verantwortungsvolle Arbeitsweise die besten Voraussetzungen für die Arbeit bei der Spedition Siegmann bietet. „Menschlich muss es einfach passen. Jeder der wirklich will und ein Ziel hat, schafft es auch“, betont er.
Obwohl die Familie Sviatenko als Beispiel gelungener Integration betrachtet werden kann, bleibt die Zukunft dennoch ungewiss. Während ihre Töchter in Bopfingen neue Freunde gefunden haben und sich wohl fühlen, ist Sviatenko hin- und hergerissen. „Für meine Töchter und mich ist es zum jetzigen Zeitpunkt besser und sicherer in Deutschland, aber mein Mann, meine Eltern und auch mein Herz sind in meiner Heimat", reflektiert sie. Wie ihre Entscheidung für die Zukunft aussehen wird, kann die zweifache Mutter derzeit nicht sagen. Sie ist aber dankbar für all die Unterstützung, die sie in Deutschland erfahren durfte, und die Chance, die sie durch die Spedition Siegmann erhalten hat.
Quelle: Pressemeldung des Landratsamts Ostalbkreis (17.05.2024)