Leitfaden

Konkrete Schritte zum CE-Zeichen

Zur Erleichterung des Einstiegs in das Thema CE-Kennzeichnung finden Sie im Folgenden ein fiktives Beispiel zur Vorgehensweise. Verstehen und nutzen Sie dieses als "praktische Übung", um sich mit Arbeitsschritten, Begriffen, Hilfsmitteln und Anlaufstellen rund um das CE-Zeichen vertraut zu machen.

Hinweis 1: Die Anbringung des CE-Zeichens ist nicht freiwillig. Jeder Hersteller, Importeur oder Händler muss für jedes Produkt prüfen, ob eine Kennzeichnungspflicht besteht und welche Pflichten bzw. Risiken sich daraus für ihn ergeben.
Hinweis 2: Inhalt und Reihenfolge der im Folgenden gelisteten Abläufe können je nach Branche, Produkt oder Organisation deutlich abweichen. Je nach Vorkenntnissen oder Komplexität des Produkts empfiehlt sich die Einbeziehung eines Beraters oder einer benannten Stelle. Für bestimmte Produkte ist die Einbeziehung einer benannten Stelle sogar vorgeschrieben.
Hinweis 3: Nutzen Sie auch unser persönliches Beratungsangebot und wenden Sie sich bei Bedarf an den aufgeführten Ansprechpartner bei der IHK Ostwürttemberg.

1. Ausgangslage

Ein Hersteller möchte ein Produkt in Deutschland bzw. innerhalb Europas vertreiben. Als Beispiel wird im Folgenden ein Photovoltaik-Modul behandelt.

2. Überblick verschaffen: Fällt das Produkt unter eine CE-Richtlinie?

  • Besuchen Sie die Website der Europäischen Kommission zum Thema CE-Kennzeichnung
  • Prüfen Sie, ob das Produkt grundsätzlich unter eine oder mehrere der CE-Richtlinien fallen könnte, z.B. anhand Fragestellungen der Art:
    • Könnte das Produkt durch Kinder als Spielzeug genutzt werden? Nein.
    • Handelt es sich um ein medizinisches Gerät? Nein.
    • Erzeugt das Gerät eine elektrische Spannung oder wird es damit betrieben? Ja.
    • usw.

3. Potenziell relevante CE-Richtlinien sichten

  • Wählen Sie auf der Website der Europäischen Kommission die entsprechende Produktgruppe aus. Ihnen werden nun Richtlinie, Merkblätter, Anwendungshilfen und weitere Dokumente angezeigt.
  • Lesen Sie diese Informationen und prüfen Sie, welche Konsequenzen die Richtlinie für Sie als Hersteller bzw. für Ihr Produkt hat.
  • Beispiel Niederspannungsrichtlinie: Artikel 1 definiert elektrische Betriebsmittel derart, dass das Produkt Phovoltaik-Modul unter die Richtlinie fällt. In den Ausnahmen gemäß Anhang II ist das Produkt nicht gelistet.
  • Somit fällt das Beispielprodukt Photovoltaik-Modul unter die Niederspannungsrichtlinie.

4. Umsetzung in nationales Recht sichten

5. Recherche der harmonisierten Normen

  • Besuchen Sie die Website der Europäischen Kommission.
  • Wählen Sie die entsprechende Richtlinie aus (hier: Niederspannungsrichtlinie)
  • Prüfen Sie anhand der Normen-Liste, ob eine der Normen auf das Produkt anwendbar ist.
  • Hier: EN 61730-1,-2
  • Somit existiert eine harmonisierte Norm für das Produkt. Bei Einhaltung wird unterstellt, dass das Produkt die Anforderungen der Niederspannungsrichtlinie erfüllt.
  • Benötigte Normen können kostenpflichtig bezogen werden unter www.beuth.de oder in den dort aufgeführten Auslegestellen eingesehen werden.

6. Festlegung des Konformitätsbewertungsverfahrens

  • Ziehen Sie erneut die relevanten CE-Richtlinien heran. Hier: Niederspannungsrichtlinie.
  • Artikel 8 legt fest, dass das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Anhang IV der Niederspannungsrichtlinie durchzuführen ist.
  • Unter anderem werden hierin Prüfberichte aufgelistet, somit ist u.a. eine Prüfung entsprechend der relevanten harmonisierten Normen durchzuführen.

7. Evtl. Einbeziehung eines Prüfdienstleisters

  • In der Regel (insbesondere bei kleineren Herstellern) werden erforderliche Prüfungen von einem externen Labor erbracht.
  • Mögliche Dienstleister für die Prüfungen finden Sie z.B. unter http://www.dakks.de (Volltextsuche z.B. nach Schlagwort oder Nummer der Norm).
  • Stimmen Sie mit dem Dienstleister die erforderlichen Prüfungen ab bzw. beauftragen Sie diese.

8. Erstellung der technischen Unterlagen

  • Für das Beispielprodukt Photovoltaik-Modul sind gemäß Anhang IV der Niederspannungsrichtlinie u.a. eine allgemeine Beschreibung zu erstellen und es sind Konstruktionspläne, Schaltpläne etc. zusammenzustellen
  • Die herangezogenen Normen sind aufzulisten
  • Die Prüfberichte sind zusammenzustellen
  • Die Unterlagen sind 10 Jahre lang aufzubewahren

9. Erstellung der Konformitätserklärung

  • Ziehen Sie erneut die relevanten CE-Richtlinien heran. Hier: Niederspannungsrichtlinie.
  • Anhang IV der Niederspannungsrichtlinie sieht die Erstellung einer Konformitätserklärung vor. Deren Inhalt ist in Anhang III beschrieben.
  • Erstellen Sie die Konformitätserklärung mit den vorgegebenen Inhalten. Orientieren Sie sich hinsichtlich Design etc. gegebenenfalls am Aufbau anderer Konformitätserklärungen für vergleichbare Produkte.

10. Anbringen des CE-Zeichens

  • Anhang III der Niederspannungsrichtlinie gibt Schriftbild und Mindestgröße der CE-Kennzeichnung vor.
  • Bringen Sie das CE-Zeichen im Rahmen der Produktion entsprechend der Vorgaben an.

11. Darf das Produkt jetzt verkauft werden?

  • Wurden alle Vorgaben eingehalten, erfüllt das Produkt die Anforderungen der relevanten CE-Richtlinien und darf unter diesem Aspekt in Verkehr gebracht werden.
  • In der Regel ergeben sich jedoch weitere Anforderungen hinsichtlich Kennzeichnung, Registrierung etc. aus anderen Richtlinien.

12. Ist die Arbeit damit abgeschlossen?

  • Nein. Sobald Sie Änderungen am Produkt vornehmen (Bauweise, Materialien, etc.) ist möglicherweise eine Neubewertung erforderlich. In jedem Fall sollten Sie frühzeitig prüfen, unter welchen Voraussetzungen neue Tests o.ähnl. in welchem Umfang erforderlich sind. So kann beispielsweise ein Materialengpass kurzfristig dazu führen, dass ein „neues“ Produkt entsteht und ein Teil der Prüfungen zu wiederholen ist.
  • Prüfen Sie regelmäßig, ob für Ihr Produkt neue harmonisierte Normen existieren. Nach Ablauf etwaiger Übergangsperioden muss das Produkt ggf. den Anforderungen einer neuen Norm genügen. Auch in diesem Fall sind in der Regel neue Tests bzw. ein neues Bewertungsverfahren erforderlich.

13. Was bedeutet das alles für mich als Importeur oder Händler?

  • Die CE-Richtlinien, die entsprechenden Verordnungen zum Produktsicherheitsgesetz und das Produktsicherheitsgesetz sehen teilweise sehr weit reichende Pflichten für Importeure und Händler vor, welche im Einzelfall zu prüfen sind.
  • Von besonderer Bedeutung für Importeure bzw. Händler ist die Anbringung des eigenen Namens am Produkt und das damit verbundene Auftreten als Hersteller. In der Praxis gehen Importeure bzw. Händler damit ein nicht zu unterschätzendes Risiko ein, welches jedoch ebenfalls im Einzelfall zu bewerten ist und ggf. Maßnahmen abzuleiten sind.

14. In der Praxis kommen häufig zahlreiche weitere Fragen auf, z.B.

  • Was ist zu tun, wenn das Produkt von einer CE-Richtlinie erfasst ist und keine geeignete harmonisierte Norm existiert?
  • Was gilt, wenn das Produkt in Deutschland vertrieben wird, jedoch für einen Markt außerhalb Europas vorgesehen ist?
  • Ein Mitbewerber außerhalb Europas scheint sich nicht an die Vorgaben zu halten und kann das Produkt auch aus diesem Grund günstiger anbieten. Was kann ich tun?
  • Wie kann ich garantieren, dass mein Lieferant die vereinbarten bzw. geprüften Komponenten und Materialien verbaut?
  • usw.

15. Was gilt, wenn das Produkt nicht unter eine CE-Richtlinie fällt?

Der Weg zum CE-Zeichen ist vor allem bei erstmaligem Durchlauf aufwändig, aber mit realistischem Zeitaufwand zu bewältigen. Wenn Sie sich erstmals mit der CE-Kennzeichnung befassen, so empfehlen wir Ihnen, auf Basis o.a. Einzelschritte eine erste grobe Einordnung Ihres fraglichen Produktes vorzunehmen und erforderliche Arbeitsschritte festzulegen. Zögern Sie nicht, im weiteren Verlauf einen Dienstleister oder eine benannte Stelle einzubeziehen, welche Sie (kostenpflichtig) von der Normenrecherche bis zur Umsetzung begleiten und beraten können. Vereinzelt können für deren Leistungen in Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung auch Fördergelder beantragt werden.
Weitere Informationen zur CE-Kennzeichnung und Normen erhalten Sie bei der Technlogie- und Innovationsberatung der IHK Ostwürttemberg