Serie Migrantenschicksale
Als Iraner auf der Ostalb Fuß gefasst
Parisa Marand und Amir Rasouli sind ein gutes Beispiel für die gelungene Zuwanderung von Fachkräften
© Viktor Turad
Sie mögen Kässpätzle, Butterbrezeln und Bier. Aber Amir Rasouli und seine Frau Parisa Marand sind keine Schwaben. Sie kommen aus dem Iran, haben auf der Ostalb inzwischen Fuß gefasst und bauen sich hier eine Existenz auf. Ihre Geschichte ist nicht nur ein Migrantenschicksal. Sie sind auch ein gutes Beispiel für die gelungene Zuwanderung von Fachkräften nach Deutschland. Eine Zuwanderung, die durch die Pandemie zwar erschwert worden war, aber bislang dennoch zu einem guten Abschluss gefunden hat. Denn Amir Rasouli ist als Experte für Telekommunikation bei der Firma Zentrum für Digitale Entwicklung (ZDE) in Westhausen beschäftigt, seine Frau Parisa Marand ist Dozentin für Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Aalen.
Die Eheleute stammen aus der Millionenstadt Tabriz im Nordwesten des Iran in unmittelbarer Nachbarschaft der Türkei und von Aserbaidschan. Türkisch ist denn auch die Muttersprache von Amir Rasouli, außerdem spricht er Persisch und Englisch und ist wie seine Frau Parisa Marand dabei, seine Deutsch-Kenntnisse zu vervollkommnen. Beide haben Elektrotechnik studiert, Parisa Marand zusätzlich Mechatronik. Er hat in seiner Heimat als Elektroingenieur für nationale Unternehmen gearbeitet, aber auch für den chinesischen Anbieter Huawei.
Weil Amir Rasouli eine neue berufliche Herausforderung suchte, kam er Anfang 2020 über die so genannte Blaue Karte, die es ausländischen Akademikern erlaubt, in Deutschland eine qualifizierte Beschäftigung aufzunehmen, und mit einem Visum, das ihm ein halbes Jahr lang die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz erlaubte, nach Stuttgart. Aber kaum war er angekommen, wurde wegen der Pandemie ein Lockdown verhängt.
Lockdown erschwerte den Kontakt
Das erschwerte natürlich die Suche nach einer Beschäftigung ungemein und es gelang letzten Endes auch, die Frist auf ein Jahr auszudehnen. Da es in dieser Zeit keine Flüge zu Zielen gab, die außerhalb der Europäischen Union liegen, war auch der Kontakt zu seiner Familie sehr erschwert und ein Besuch in der Heimat unmöglich. Amir Rasouli hatte im Iran seine Frau und die damals fünf Monate alte Tochter zurückgelassen. Zu ihnen konnte er nur per Skype und Whatsapp Verbindung halten. „Das war für uns eine schwierige Zeit. Die Kleine hat gefragt, wo der Papa ist“, erzählt Parisa Marand.
Der Papa fand währenddessen über das Internet die Firmen Geodata und Digitale Entwicklung in Westhausen und kam mit Firmenchef Rudi Feil in Kontakt. Schließlich wurde man handelseinig und am 1. Januar 2021 konnte Amir Rasouli starten. Jetzt ist er bei der ZDE als Senior Consultant für Projekte zum Ausbau des Mobilfunks im 5G-Campusnetz zuständig bei Vorhaben in der Region, bei BSH Giengen oder 5G trAAffic Stadt Aalen etwa oder beim FC Heidenheim. Sein Deutsch ist dank fleißigen Lernens in der Volkshochschule in Aalen inzwischen so gut, dass er alles versteht, beim Sprechen allerdings läuft nicht immer alles glatt. Da muss manches noch auf Englisch gehen.
Dozentin an der Hochschule Aalen
Auch seine Frau Parisa Marand kann sich inzwischen gut auf Deutsch verständigen. Sie und die gemeinsame Tochter sind vor gut zwei Jahren, als der Vater die Probezeit erfolgreich hinter sich gebracht hatte, nach Deutschland gekommen. Die Familie hat in Aalen eine schöne Wohnung gefunden. Die Kleine geht in den Kindergarten und alle fühlen sich inzwischen sehr wohl in der neue Heimat. Zumal Parisa Marand an der Hochschule in Aalen mit ihren vielen internationalen Studenten eine Dozentenstelle im Wirtschaftsingenieurwesen gefunden hat. „Die Kolleginnen und Kollegen an der Hochschule sind sehr nett und unterstützen mich“, freut sie sich.
Auch der Kontakt zu den Nachbarn sei sehr gut erzählen sie, sie hätten Verbindungen in alle Bevölkerungsschichten. Darüber hinaus trifft man sich auch mit anderen Familien aus dem Iran, die auf die Ostalb gekommen sind. „In Deutschland ist alles sehr gut organisiert,“ ist Amir Rasouli aufgefallen. Alles sei sehr sauber, sehr grün – eine wunderbare Landschaft. Am Wochenende halten sie sich gerne in der Natur auf, sind aber auch begeistert von der Atmosphäre bei den Reichsstädter Tagen, die zum Zeitpunkt des Gesprächs noch nicht lange her waren.
Die neue Herausforderung war es, die Amir Rasouli hierher gebracht hat. „Denn im Iran war alles gut für uns“, sagt er. Es sei also nicht die Politik gewesen, die ihn dazu bewogen habe, in ein fremdes Land zu gehen. Er könnte jederzeit dorthin zurückkehren, aber er sieht für seine Familie und vor allem für seine Tochter in Deutschland bessere Perspektiven.
Ruhig und sehr sicher
Amir Rasoulis Mutter und die Eltern von Parisa Marand haben die Familie bereits in der neuen Heimat besucht und auch ihnen hat es hier sehr gefallen. Parisa Marands Eltern waren zuvor bei ihrer andere Tochter in den USA gewesen und haben durchaus Unterschiede zwischen den beiden Ländern festgestellt. In Europa, das sie ebenfalls bereist hatten sei es sehr ruhig und sehr sicher und die Gesundheitsversorgung sei besser als in den Vereinigten Staaten. Ein Unterschied zwischen seiner alten und seiner neuen Heimat ist auch Amir Rasouli aufgefallen: Im Iran sind die Städte zwar im Zentrum sehr schön, die Peripherie aber lasse zu wünschen übrig. In Deutschland dagegen sei auch außerhalb des Stadtkerns alles sauber und aufgeräumt.
Text: Viktor Turad