Vom Azubi zum Unternehmer

Der grüne Daumen mit Herz

Bianca Gerner und Stefan Thierbach haben sich auf der Meisterschule kennen und lieben gelernt und haben jetzt eine gemeinsame Firma. Die zu Ausbildungszwecken gedachte Gründung des fiktiven Betriebs „Gernbach“ setzten sie 2016 in die Realität um. Mittlerweile beschäftigt das Paar sieben Angestellte.
Hintergrund der Gründung des Unternehmens der beiden ist eine schicksalhafte Geschichte: Nach ihrer Ausbildung zum Garten- und Landschaftsbauer kreuzten sich 2015 unerwartet an der Meisterschule in Pillnitz bei Dresden die Wege von Bianca Gerner und Stefan Thierbach. Der heutige Unternehmer kommt ursprünglich aus dem Vogtland in Sachsen, wo er auch 2004 seine Ausbildung begann. Die Liebe zu Pflanzen und Natur hatte Stefan Thierbach von klein auf. „Ich habe schon immer gerne bei meinen Großeltern im Garten mitgeholfen“, berichtet er. Bianca Gerner hingegen ist in Halle (Saale) aufgewachsen. Dort absolvierte sie bei der Stadt Halle (Saale) ihre dreijährige Ausbildung. Das praktische Arbeiten sagte ihr stets zu, weshalb sich die heutige Unternehmerin nach der zehnten Klasse für eine Ausbildung im Bereich Garten- und Landschaftsbau entschied.

Der freie Platz im Leben und Beruf

An das erste Treffen in der Meisterschule erinnern sich beide noch sehr gut. „Als ich in die Klasse kam, waren nur noch drei Plätze frei und ich setzte mich neben Stefan“, denkt Bianca Gerner zurück. Gemeinsam hatten sie im zweiten Semester die Aufgabe, einen fiktiven Betrieb zu gründen. Sie wählten den Titel „Gernbach“ für ihr Projekt mit Bedacht: Der Name setzt sich aus Teilen der Nachnamen Gerner und Thierbach zusammen. Während der gemeinsamen Arbeit lernten sie sich kennen und lieben. Den Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit teilten die Landschaftsbauer von Anfang an. Eigentlich wollten sie den Betrieb in Stefan Thierbachs Heimat gründen. Das schien aufgrund der dortigen Konkurrenz wenig lukrativ. Da die Unternehmerin in Bad Saarow Familie hat und sie schon als Jugendliche dorthin ziehen wollte, rückte der Kurort am Scharmützelsee in den Fokus der beiden.
Dann haben wir gesehen, dass hier Bauboom herrscht.

Bianca Gerner.

Das überzeugte und so gründeten sie mit Leidenschaft und dem Know-how aus ihren Ausbildungszeiten 2016 ihren eigenen Betrieb. Die ersten Jahre haben Bianca und Stefan ohne Mitarbeiter bestritten. Doch mit der Zeit erhielten sie immer mehr Aufträge. „Das war dann alleine nicht mehr zu meistern“, sagt Bianca Gerner. Die beiden förderten daher vor zwei Jahren ihr erstes Talent und stellten einen dualen Studenten ein. Für die Unternehmer war ein duales Studium Neuland. Sie wagten den Schritt und ermöglichten dem jungen Mann den Traum, Theorie mit Praxis zu verbinden. Das ist aber keineswegs Pflicht. Das kann der Bewerber selbst entscheiden, ob ihm ein zusätzliches Studium zusagt. Ihren Auszubildenden und Mitarbeitern bietet das Geschäftspaar immer Raum zur freien Entwicklung im Beruf. „Zu uns kann jeder mit neuen Ideen kommen und wir versuchen immer finanziell zu unterstützen“, sagt Bianca Gerner. Das spiegelt sich in ihren eigenen Schwerpunkten in der Firma wider. Bianca Gerner ist vornehmlich für den Pflanzenbereich verantwortlich, während Stefan Thierbach weitestgehend mit seinen Angestellten zu Baustellen fährt. Dennoch agieren sie immer als Team in ihrem Unternehmen.


Weiterbildung als Investition

Teamfähigkeit ist Bianca und Stefan auch bei ihren Mitarbeitern wichtig. Zwar schätzen sie ehrgeizige und mutige Charaktere, aber eine funktionierende Mannschaft erleichtert die Arbeit ungemein. In diesem Zusammenhang spricht Bianca Gerner über Zeitmanagement. Um Mitarbeiter und Betrieb unter einen Hut zu bekommen, bedürfe es einer durchdachten Planung. Stefan Thierbach erzählt, dass sie einmal pro Woche ein Gruppenmeeting abhalten, um die Arbeit sinnvoll aufzuteilen. Doch für Bianca hat der Begriff Zeitmanagement noch einen anderen Wesenszug – Zeit in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren. „Die kommen ja nicht fertig an“, lächelt die Unternehmerin.

Kommunikation zur Konfliktvermeidung

Ebenso viel Wert legen die beiden auf eine klare und verständliche Kommunikation. Dafür haben sich Bianca und Stefan sogar einen Business-Coach geholt. „Man kann dadurch Charakterzüge besser einschätzen und sich untereinander besser verstehen“, erklärt die Geschäftsführerin. So könnten Konflikte und Missverständnisse vermieden werden. In ihren Augen gehöre zu einer gesunden Unternehmensführung auch eine große Portion Selbstreflexion und Wertschätzung.
Wir wollen unsere Leute nicht abspeisen, damit diese gerade mal so zufrieden sind.

Stefan Thierbach.

Deswegen organisieren Bianca und Stefan einen monatlichen Grillabend für ihre Mitarbeiter und stellen Arbeitskleidung inklusive T-Shirts zur Verfügung. Wer sich für eine Ausbildung zum Gartenund Landschaftsbauer bei Gernbach entscheidet, sollte Interesse und Leidenschaft für die praxisnahe Arbeit in der Natur mitbringen. Dabei geht es dem Unternehmerpaar weniger um einen perfekten Notendurchschnitt oder ein Abitur. „Wichtig wäre, dass man Kopfrechnen kann und ein wenig handwerklich begabt ist“, sagt Stefan Thierbach. Dennoch geben sie grundsätzlich jedem Interessenten eine Chance in Form eines Probearbeitstags.

Allroundtalent im Garten

Sie freuen sich über jeden, der sich für das Thema Garten und Pflanzen interessiert. Das Schöne an dem Beruf, findet Stefan Thierbach, ist das Schaffen von neuen Lebensräumen. „Das sieht man am besten, wenn man einen Teich baut. Schon eine Stunde später ist das erste Lebewesen im Wasser.“ Auch das nachhaltige Arbeiten motiviert beide sehr. Dazu gehört der Erhalt von Pflanzen und Bäumen. „In dem Punkt ist es mir wichtig, Kunden dementsprechend zu beraten“, sagt Bianca Gerner. Beide sind gleichermaßen von der breiten Vielfalt an Arbeitsbereichen in ihrem Beruf angetan. Ob technisch, maschinell, handwerklich, das Kreative, die Pflanzen oder beim Kunden vor Ort sein – Garten- und Landschaftsbauer sind Allroundtalente, die am Ende eines Tages ihr fertiges Projekt mit eigenen Augen bestaunen können. An dieser Stelle möchte Bianca Gerner das Vorurteil durchbrechen, „nur der Gärtner zu sein“. Der Beruf biete deutlich mehr als Blumen schneiden. Darüber hinaus sind die Berufschancen nach einer abgeschlossenen Ausbildung zum Garten- und Landschaftsbauer sehr hoch. Einen weiteren Vorteil sieht das Unternehmerpaar auch im Verdienst.
Die Bezahlung geht oft über den Tarif hinaus.

Stefan Thierbach

Beide sind der Meinung, dass die Ausbildung Jugendlicher eine hervorragende Grundlage biete, um ein erfolgreiches Arbeitsleben zu führen. Perspektiven nach beruflichen Weiterbildungen oder einer Selbstständigkeit sind nach der Ausbildung gut möglich. „Du kannst danach immer noch einen Techniker oder Meister absolvieren oder eben ein Studium starten, um als Bauleiter zu arbeiten“, erklärt Stefan Thierbach.

Gutes für Mensch und Natur

Das Schönste an dem Beruf ist für Bianca Gerner, Mensch und Natur etwas Gutes zu tun und mit ihren Händen einen hohen Wert zu erschaffen. „Rhododendren, die schon 20 Jahre alt sind, kosten auch mal 11 000 Euro in der Baumschule“, erklärt sie. Die Leidenschaft am Beruf möchten sie und ihr Mann mit jungen Menschen teilen, die sich dadurch sowohl eine Perspektive erarbeiten als auch der Umwelt neue Kraft und Energie schenken können.
FORUM/Janine Reinschmidt
Michael Völker
Leiter
Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung