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Künstliche Intelligenz als Turbo
„Bei jeder KI muss man erst mal vorsichtig sein. Sprich, schauen, wie sich die KI bei bestimmten Fragestellungen oder Algorithmen verhält, aber das Gute an der KI ist, dass man sie immer optimieren kann und die Qualität nur steigt, wenn man es richtig macht.“ Das ist die Meinung von Damian Golunski, Geschäftsführer von Dago Express, der seine ersten Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz im Jahr 2022 machte, als ChatGPT veröffentlicht wurde. Damals wollte er es nur ausprobieren und sehen, was dabei herauskommt, aber mit der Zeit kam er zu der Überzeugung, dass KI sein persönlicher Assistent werden könnte.
Die 2021 in Hamburg gegründete Firma Dago Express hat ihren Sitz im brandenburgischen Frankfurt (Oder). Es ist der einzige Standort des Unternehmens, das bereits 15 Mitarbeiter zählt. Die Standortwahl begründet der 30-jährige Geschäftsführer ganz klar mit wirtschaftlichen Aspekten. „Hier hat man einfach mehrere Chancen, günstige Bürofläche zu mieten“, so Golunski. Das noch junge Unternehmen ist bereits dabei, KI in verschiedene Arbeitsprozesse zu integrieren.
Durch den Einsatz der KI sparen wir etwa zwei Arbeitstage im Monat ein. Das macht einen Arbeitsmonat eines Mitarbeiters pro Jahr aus.Damian Golunski, Geschäftsführer von Dago Express
Dago Express keine herkömmliche Spedition
Was diese Spedition von anderen Anbietern unterscheidet, dass es sich um eine volldigitale Spedition für Eil- und Expresstransporte handelt. „Wir haben keinen eigenen Fuhrpark, sondern wir haben ein Netzwerk von zuverlässigen Subunternehmen, mit denen wir dann strukturierte Prozesse und Transporte durchführen“, erklärt der Unternehmensleiter. Dabei sind sie nicht nur Vermittler, sondern übernehmen auch die volle Haftung für die Transporte. „Der Fahrer holt die Ware ab und fährt dann auf dem direkten Weg zur Zustelladresse. Wir haben die schnellste Lieferzeit auf dem Markt, da wir keine Zwischenstopps machen“, fügt der Chef des Unternehmens stolz hinzu.
Wenn ein dringender Transportauftrag eingeht, kann die Spedition die Sendung in der Regel innerhalb von zwei Stunden in 38 Ländern abholen. Im Falle einer Panne, so Golunski, sei immer ein Ersatzfahrzeug unterwegs, das die Ware gegebenenfalls umladen und kurzfristig zustellen könne. „Definitiv sind wir in der Not der richtige Ansprechpartner“, betont der Geschäftsführer. Der Kundenstamm von Dago Express besteht zu 90 Prozent aus deutschen Kunden und umfasst kleine bis große Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen.
KI als Unterstützung bei der Planung und Sichtbarkeit
Für Damian Golunski stehen derzeit drei KI-Anwendungen im Fokus, die für die Speditionsbranche von besonderer Bedeutung sind. KI spielt eine wichtige Rolle bei der Analyse der Rentabilität von Transporten. Das Unternehmen führt monatlich mehr als 500 Transporte in 38 Ländern durch. Ihre Preisliste wird von einem Algorithmus erstellt, der sehr komplex ist und mehrere Faktoren wie Abholregion, Zustellregion oder Fahrzeugtyp berücksichtigt.
Der KI-Assistent analysiert dabei monatlich, ob die Transporte in der Form rentabel sind und schlägt im Zweifelsfall Verbesserungen vor, um die Marge zu erhöhen. „Durch den Einsatz der KI sparen wir etwa zwei Arbeitstage im Monat ein. Das macht einen Arbeitsmonat eines Mitarbeiters pro Jahr aus. Dementsprechend sparen wir damit circa 4.000 Euro“, gibt der Firmenchef an.
Durch ein SEO-Tool (Suchmaschinenoptimierung) können zudem Kosten eingespart werden. Anfang des Jahres hat die Spedition einen SEO-Manager eingestellt, der dem Unternehmen das SEO-Tool empfohlen hat. Das Unternehmen hat über 700 Unterseiten bei Google, über die Kunden gewonnen werden sollen, was natürlich suchmaschinenfreundliche Texte erfordert. Hierfür wurden in der Vergangenheit vor allem Freelancer eingesetzt, die nun nicht mehr benötigt werden, da das Tool diese Aufgabe übernimmt. Laut Golunski werden hier jährlich rund 20.000 Euro eingespart.
KI essenziell für Expansion
Der Geschäftsführer kündigt außerdem an, dass sie in diesem Monat, in den französischen und niederländischen Markt einsteigen wollen, zentralisiert über ihre Filiale in Frankfurt (Oder) durch KI-Unterstützung. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die dritte KI-Anwendung, die derzeit im Unternehmen integriert wird. Dabei handelt es sich um die automatische Übersetzung eingehender, aber ausgehender E-Mails.
Sobald beispielsweise eine Anfrage auf Französisch eingeht, übersetzt das Programm diese automatisch. Der Mitarbeiter konzentriert sich dann ausschließlich darauf, das Angebot so zu erstellen, als wäre es eine deutsche Anfrage. „Das ist ein Gamechanger für uns“, schwärmt der Speditionsleiter.
Dies mache das Ganze natürlich effektiver und sinnvoller, um in die ganzen Märkte einzusteigen, so Golunski. Denn nach der Expansion in den französischen und niederländischen Markt ist für ihn noch lange nicht Schluss: „Wir wollen tatsächlich alle Länder prüfen, wo es Sinn macht unsere Dienstleistung anzubieten und in den nächsten Monaten werden wir wahrscheinlich mit einer anderen Währung anfangen und auf den britischen Markt einsteigen.“
Obwohl die Integration der KI-Tools noch in den Anfängen steckt, steht für den Unternehmensleiter bereits fest, dass sie ein Erfolg ist. Seiner Wahrnehmung nach wird effizienter gearbeitet und Entscheidungen werden schneller getroffen. Das mache sich auch im Umsatzwachstum bemerkbar. „Im Vorjahr hatten wir ein Umsatzwachstum von 30 Prozent erreicht und in diesem Jahr werden wir 60 Prozent Wachstum erzielen.
Das heißt, wir wachsen doppelt so schnell im Vergleich zum Vorjahr“, sagt er. Die Integration verlief relativ reibungslos. Für die ersten beiden Tools habe man etwa ein halbes Jahr gebraucht, bei der E-Mail-Übersetzung rechne man mit drei Monaten, bis alles im Griff sei. Die Skepsis der Mitarbeiter war schnell verflogen und die Akzeptanz noch während der Einführungsphase gegeben.
Welche KI könnte revolutionär sein?
Doch Golunski hat nicht nur den europäischen Markt im Blick. „Wenn wir in mein Büro gehen, dann sehen wir dort auch eine Karte von der USA. Ich weiß genau, wo die meisten Transporte stattfinden“, so der Speditionschef. Doch das ist noch Zukunftsmusik und ein langfristiges Ziel für Dago Express. Der Manager ließ durchblicken, dass man für den Markteintritt in den USA auf jeden Fall Investoren benötige. Man sei für alles offen und auf der Suche.
Auf die Frage, ob er eine weitere Integration von KI für möglich hält, antwortet der Geschäftsführer: „Ich beobachte den Markt, wie er sich entwickelt. Ich kann mich aber nicht nur darauf konzentrieren, weil wir andere Ziele haben. Wir haben schon noch vor weitere KI-Anwendungen in unserer Firma zu integrieren, die Frage ist nur welche.“
Wenn er sich ein Tool wünschen dürfte, hätte er aber schon eine Idee – eine KI, die Telefongespräche in Echtzeit übersetzt. „Wenn mich zum Beispiel jemand aus Frankreich anruft und Französisch spricht, dann möchte ich die Übersetzung auf Deutsch hören und wenn ich auf Deutsch spreche, sollte mein Gesprächspartner dies auf Französisch hören. Dieses System sollte natürlich reibungslos und mit minimaler Verzögerung funktionieren, um eine natürliche Kommunikation zu ermöglichen“, so der Wunsch des Firmenleiters.
Diese Funktion würde einen enormen Wettbewerbsvorteil bedeuten, da die Kunden eine telefonische Betreuung benötigen würden, diese Erfahrung hat er bereits auf dem deutschen Markt gemacht.
Der Speditionsleiter, der grundsätzlich ein großer Fan von künstlicher Intelligenz ist, hat aber auch ein paar warnende Worte parat: „Man sollte KI auf keinen Fall ohne menschliche Kontrolle laufen lassen.“ Für ihn gibt es klare Grenzen, die er nicht überschreiten würde. So würde er weder seine Kreditkartendaten an eine KI weitergeben, noch eine Datenschutzerklärung von einer KI verfassen lassen und diese ohne Rücksprache mit seinen Anwälten veröffentlichen.
Insgesamt ist er aber überzeugt: „KI verschafft einen Wettbewerbsvorteil, und wer nicht mitspielt, bleibt zurück.“ Abschließend empfahl Golunski jedem, sich zumindest mit dem Thema zu beschäftigen oder zumindest zu wissen, was KI ist.
FORUM/Florian Luber
Künstliche Intelligenz (KI) wird zunehmend zum Werkzeug in Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung. Um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es für Betriebe wichtig, KI in ihre Prozesse zu integrieren. Doch das allein reicht nicht: Es braucht auch Fachleute, die KI überwachen und anwenden. Dabei ist der verantwortungsvolle Umgang mit KI zu wahren – indem Chancen und Risiken gleichermaßen bedacht und ethische Standards eingehalten werden. Gemeinsam mit der Märkischen Oderzeitung und der IHK Ostbrandenburg stellen wir Unternehmen vor, die Künstliche Intelligenz zukunftsorientiert einsetzen.
Interessiert, wie Damian Golunski von Dago Express KI in seinem Unternehmen nutzt? Dann hier klicken.
Kontakt

Jens Jankowsky
Referent Innovation/Energie
Geschäftsbereich Wirtschaftspolitik