Brandenburger Einschätzungen zum Auslandsgeschäft 2023

“Going International 2023” fasst die deutschlandweiten Ergebnisse der jährlichen Außenwirtschaftsumfrage des DIHK in Kooperation mit den IHKs in Deutschland zusammen. Aus Brandenburg haben sich 79 Unternehmen beteiligt, bundesweit haben rund 2.4000 auslandsaktive Firmen mit Sitz in Deutschland geantwortet. Vom  30. Januar bis 15. Februar 2023 wurden die Einschätzungen der Firmen zu Märkten, geopolitischen Herausforderungen, Handelshemmnissen, Lieferengpässen, Diversifizierung und zum Lieferkettensetz erfragt. Größtenteils decken sich die Einschätzungen der Brandenburger Unternehmen mit den bundesweiten Ergebnissen.

Ergebnisse der bundesweiten Umfrage “Going International 2023”

56 Prozent der international tätigen Unternehmen mit Sitz in Deutschland – so viele wie noch nie bei der Erhebung – haben in den letzten zwölf Monaten eine Zunahme von Hürden bei ihren internationalen Geschäften registriert. Insbesondere lokale Zertifizierungsanforderungen und verstärkte Sicherheitsanforderungen erhöhen die Kosten und den Zeitaufwand. Daneben erschweren Local-Content-Bestimmungen (also Vorgaben zur Produktion vor Ort) wie der IRA (Inflation Reduction Act) in den USA sowie Sanktionen die internationalen Geschäfte.
Durch den zunehmenden Protektionismus in der Welt blicken die Unternehmen signifikant pessimistischer als noch im Vorjahr auf ihre Auslandsgeschäfte für 2023 (Saldo der positiven und negativen Einschätzungen sinkt von minus 3 2022 auf minus 9 2023). Lediglich in den USA verbesserten sich die Geschäftsaussuchten, während sie in vielen Teilen der Welt deutlich negativ sind. 
Durch die veränderten geopolitischen Gegebenheiten plant jedes zweite Unternehmen, neue Märkte zu Erschließen und zwei von fünf Firmen wollen ihre Lagerhaltung erhöhen. Zur Flankierung ihrer Diversifizierungsbemühungen wünschen sich zahlreiche Unternehmen die Unterstützung der Politik: der Abbau von Handelshemmnissen, der Abschluss von Handelsabkommen und eine Stärkung der Welthandelsregeln der WTO werden hier als Maßnahmen gefordert.
Einen differenzierteren Einblick in die Ergebnisse der bundesweiten Umfrage “Going International 2023” ist über die Homepage des DIHK möglich. 

Geschäftsperspektiven für Brandenburger Firmen insbesondere in der EU und den USA

EU-Binnenmarkt und insbesondere die USA halten Geschäftschancen bereit
Die Brandenburger Unternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, sehen eher verhalten auf das restliche Geschäftsjahr 2023. Einzig dem EU-Binnenmarkt und der USA werden von ihnen noch gute Geschäftschancen eingeräumt. 
Polen ist auch 2022 wieder der wichtigste Exportpartner Brandenburgs, wie das Landesamt für Statistik Berlin-Brandenburg mitteilt. Die weiterhin überwiegend positiven Geschäftsaussichten, die die Brandenburger Umfrageteilnehmer der Eurozone, der restlichen EU, der Schweiz und Norwegen attestieren,  lassen auch für den polnischen Markt gute Geschäftsaussichten für 2023 ableiten.
Das Vereinigte Königreich, Russland und die Türkei bleiben schwierige Märkte
Der britische Markt bleibt auch 2023 einer der am schlechtesten bewerteten im Brandenburger Ranking. Rund die Hälfte der dort tätigen Umfrageteilnehmer spricht dem Vereinigten Königreich eine schlechte Geschäftslage zu. Wie bereits schon im Vorjahr rechnen laut den Umfrageteilnehmern auch dieses Jahr die hier tätigen, Brandenburger Firmen mit einer eher schlechten Aussicht für das restliche Geschäftsjahr 2023.
Der russische Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen wirtschaftlichen Sanktionen gegenüber Russland sowie die russischen Gegensanktionen spiegeln sich auch in den Auslandsgeschäften der märkischen Firmen wider: mehr als die Hälfte der antwortenden, hier tätigen Unternehmen beurteilen die aktuelle Geschäftssituation als schlecht. 
Große Herausforderungen sehen Brandenburger Umfrageteilnehmer auch für den türkischen Markt und bewerten daher ihre aktuelle Geschäftssituation hier ebenfalls als überwiegend negativ.
Weiter Regionen für Geschäftschancen im Blick
Außerhalb der Haupthandelspartner sehen die Brandenburger Umfrageteilnehmer aber weiterhin Geschäftsperspektiven: Für Subsahara- und Nordafrika, den Nahen Osten, Asien/ Pazifik und Süd- und Mittelamerika werden ähnliche Rahmenbedingungen wie 2021 erwartet. 
Auch mittelfristig sind Europa und die USA die wichtigsten Märkte
Über das laufende Geschäftsjahr hinaus halten die Brandenburger Umfrageteilnehmer den EU-Binnenmarkt mittelfristig für den wichtigsten Markt (Eurozone 79 Prozent, sonstige EU, Schweiz Norwegen: 39 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen).
Auch den US-amerikanische Markt (23 Prozent der Umfrageteilnehmer), Asien/ Pazifik (ohne China) (21 Prozent), das Vereinigte Königreich (18 Prozent) und schließlich Ost-/ Südosteuropa (ohne EU) (17 Prozent), China (17 Prozent) und den Nahe Osten (12 Prozent) halten die antwortenden Brandenburger Unternehmen mittelfristig für relevante Märkte für ihr Auslandsgeschäft.

Zunehmende Handelshemmnisse und geopolitische Herausforderungen erhöhen den Druck

Weiterhin Zunahme an Handelshemmnisse – Doppelt so viele Firmen von Sanktionen betroffen wie im Vorjahr
Wie schon Bundesweit zu beobachten berichten auch Brandenburger Firmen von einer Zunahme an Handelshemmnissen im Vergleich zum Vorjahr. Beinahe jedes zweite der antwortenden Unternehmen hat sich insbesondere durch intransparente Gesetzgebung und Sanktionen in ihren Auslandsgeschäften beeinträchtigt gesehen.
Im Vergleich zu Beginn des Jahres 2022 melden 2023 doppelt so viele der Brandenburger Umfrageteilnehmer, dass Sanktionen ihre Geschäfte behindern.
Etwa ein Drittel der Unternehmen nennt verstärkte Sicherheitsanforderungen und lokale Zertifizierungsanforderungen als Probleme. Ein Viertel der teilnehmenden Firmen beklagt außerdem höhere Zölle, etwas weniger als jeder fünfte Umfrageteilnehmer aus Brandenburg sieht sich mit dem Zwang zur Produktion vor Ort (Local-Content-Zwang), erschwerten Zugängen zu öffentlichen Aufträgen und Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im EU-Binnenmarkt konfrontiert. 
Engpässe in Lieferketten bleiben bestehen und zwingen Firmen zu Preissteigerungen der Suche nach neuen Lieferanten und Märkten
Angesichts der anhaltenden Lieferengpässe sind auch Brandenburger Firmen zunehmend vor massive Herausforderungen gestellt: sechs von zehn an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen (63 Prozent der teilnehmenden Unternehmen) haben die Folgen der anhaltenden Lieferengpässe über Preissteigerungen ihrer Produkte und Dienstleistungen an ihre Kunden weitergegeben. 
Auch die Diversifizierung von Lieferanten und Märkten ist ein häufiges Mittel der Brandenburger Firmen, um mit den Engpässen in den Lieferketten umzugehen: mehr als ein Fünftel der antwortenden Unternehmen hat seine Lieferanten inzwischen auf mehrere Länder und Regionen verteilt, um das Risiko weiterer Ausfälle zu minimieren.
Aktuelle geopolitische Herausforderungen verstärken die Suche nach neuen Märkten und Erhöhen die Lagerhaltung 
Mehr als die Hälfte der antwortenden Unternehmen aus Brandenburg hat auf die aktuellen geopolitischen Herausforderungen reagiert: Etwas mehr als ein Drittel hat versucht, sich neue Märkte insbesondere für das Exportgeschäft zu erschließen. Jede vierte Firma hat die Lagerhaltung erhöht,  setzt also weniger auf just-in-time-Produktion. Nur sehr wenige Firmen verlagern ihre Produktion von Deutschland ins Ausland beziehungsweise umgekehrt (Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland). 
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG): Ein Fünftel der Umfrageteilnehmer bereits zu Sorgfaltspflichten in ihrer Lieferkette kontaktiert
Seit dem 1. Januar 2023 ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Deutschland in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen, in ihren Lieferketten bestimmte menschenrechtliche und umweltschutzbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Zunächst gilt das Gesetz zunächst für Firmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden. Das betrifft rund 700 Unternehmen in Deutschland und schätzungsweise eine niedrige zweistellige Zahl in Brandenburg. Ab 2024 gilt das Gesetz dann für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden. Eine aktuell auf EU-Ebene in Abstimmung befindliche, ähnliche Richtlinie sieht eine Einbindung von Unternehmen mit noch geringeren Mitarbeiterzahlen vor.
Knapp ein Fünftel der an der Umfrage beteiligten, Brandenburger Firmen gibt an, bereits bezüglich menschenrechts- und umweltbezogener Risiken in der Lieferkette kontaktiert worden zu sein. Vier von 10 Unternehmen planen mithilfe von verschiedenen Maßnahmen, entsprechende Risiken in ihrer Lieferkette zu minimieren beziehungsweise tun dies bereits. Dabei führen die meisten dieser Firmen eine Risikoanalyse durch, Schulen ihre Mitarbeiter, Arbeiten eng mit ihren Zulieferern zusammen, arbeiten mit einem Verhaltenskodex oder arbeiten mit zertifizierten Zulieferern. 
Weitere Informationen und Ansprechpartner zur Umsetzung des Lieferkettengesetzes finden interessierte Firmen auf der Webseite der IHK Ostbrandenburg. Auch verschiedene Webinare werden angeboten. 

Maßnahmen zur leichteren Ausweitung von Lieferketten gefordert

Um das Risiko von Ausfällen in der eigenen Lieferkette zu reduzieren, müssen sich auch Brandenburger Firmen ihre Aktivitäten zunehmend auf mehrere Märkte und Regionen verteilen. Je kleiner das Unternehmen, desto herausfordernder ist diese Aufgabe. Neben Lieferengpässen verstärken Handelshemmnisse – aktuell insbesondere Sanktionen und verstärkte Sicherheitsanforderungen – sowie die gegenwärtigen geopolitischen Herausforderungen die Notwendigkeit auch bei Brandenburger Firmen, ihre Lieferketten zu diversifizieren.
  • Fast 61 Prozent der an der Umfrage beteiligten Brandenburger Firmen, fordern einen stärkeren Einsatz der Politik für den Abbau von Handelshemmnissen. 
  • Beinahe 44 Prozent der an der Umfrage beteiligten Brandenburger Unternehmen wollen ehrgeizigere Handelsabkommen mit wichtigen Handelspartnern sehen.
  • Mehr als ein Viertel der Firmen , die sich an der Umfrage beteiligt haben, hält verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten, bspw. Exportkredit- und Investitionsgarantien, für erforderlich. 
  • Beinahe ebenfalls ein Viertel der Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, verlangt bessere multilaterale Regeln etwa in der Welthandelsorganisation.