IHKN-Umfrage zur niedersächsischen Landtagswahl 2022 Gesamtnote 2,6 – aber konkreter Handlungsbedarf bei vielen Standortfaktoren

Welche Standortfaktoren sind den niedersächsischen Unternehmen wichtig? Und wie zufrieden ist die Wirtschaft mit den Standortbedingungen in Niedersachsen? Die sieben niedersächsischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) haben ihre Mitgliedsunternehmen im Vorfeld der Landtagswahl 2022 danach gefragt. Die Ergebnisse der Umfrage (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 2475 KB), an der knapp 1.000 Unternehmen teilgenommen haben, legen offen: Insbesondere bei der Digitalisierung, der Fachkräfteverfügbarkeit und in Punkto Bürokratieabbau besteht Handlungsbedarf.
Wie die IHKN-Umfrage zeigt, wird der Wirtschaftsstandort Niedersachsen mit einer Gesamtnote von 2,6 insgesamt solide bewertet. Zugleich weist das Land eine tendenziell positive Entwicklungsdynamik auf: So bewerten 41 Prozent der Unternehmen die Entwicklung als eher positiv, 2 Prozent als sehr positiv. Während 43 Prozent der Unternehmen keine Veränderung in der Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen erkennen, bewerten 14 Prozent den Standort schlechter als noch vor fünf Jahren.
„Die überwiegend gute Gesamtbeurteilung sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei zahlreichen der Standortfaktoren Handlungsbedarf besteht. So überwiegt bei lediglich sechs der insgesamt 18 abgefragten Standortfaktoren der Anteil der überwiegend zufriedenen Unternehmen den der unzufriedenen Unternehmen“, kommentiert Andreas Kirschenmann, Präsident der IHK Niedersachsen. „Damit Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, investieren oder sich neu ansiedeln, muss die Standortentwicklung deutlich anziehen. Die weithin sichtbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie und die vor uns liegenden Herausforderungen im Zuge der digitalen und energetischen Transformation sollten Grund genug sein, den Wirtschaftsstandort Niedersachsen fit für die Zukunft zu machen.“
Laut IHKN-Umfrage stellt die Breitband- und Mobilfunkanbindung mit per Saldo 96,8 Prozent branchenübergreifend den Standortfaktor mit der höchsten Relevanz für die Unternehmen dar. Gleichzeitig sind per Saldo allerdings 52,4 Prozent der Unternehmen in Niedersachsen unzufrieden mit ihrer Breitband- und Mobilfunkanbindung. „Ohne leistungsfähige Verkehrsträger und Datennetze fällt Niedersachsen als Wirtschaftsstandort zurück. Die Unternehmen benötigen sowohl gigabitfähige Kabelnetze als auch Mobilfunknetze des neuesten Standards“, sagte Birgit Stehl, IHKN-Hauptgeschäftsführerin. Sie forderte, den Ausbau weiter zügig voranzubringen, um bestehende Versorgungslücken zu schließen und flächendeckende leistungsfähige, skalierbare Gigabitnetze zu schaffen.
Per Saldo 93,2 Prozent der niedersächsischen Betriebe benennen das Angebot an Arbeitskräften als zweitwichtigsten Standortfaktor. Für per Saldo 87 Prozent der Betriebe ist das Angebot an Auszubildenden wichtig. Bei beiden Standortfaktoren überwiegt der Anteil der unzufriedenen Unternehmen jedoch deutlich. Ebenso zeigt sich eine Mehrheit der niedersächsischen Unternehmen unzufrieden mit der Ausstattung und Digitalisierung der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. „Der Auftrag an dieser Stelle ist klar: Die Lernumgebung in den niedersächsischen Schulen muss dem technischen und digitalen Fortschritt Rechnung tragen. Zur Weiterentwicklung dieses Standortfaktors zählt auch die Verankerung von digitalen Kompetenzen und ökonomischen Wissen in den Lehrplänen sowie der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte. Auch die Berufsorientierung muss noch stärker in den digitalen Fokus rücken“, forderte Stehl.
Mit per Saldo 81,8 Prozent der niedersächsischen Betriebe, die mit dem Status Quo in Punkto „Geschwindigkeit von Planungs- und Genehmigungsverfahren“ unzufrieden sind, sowie per Saldo 72,2 Prozent, die mit dem Ausbau des E-Government unzufrieden sind, kristallisiert sich das Thema Bürokratieabbau in der IHKN-Umfrage als weiterer Themenbereich mit großem Handlungsbedarf heraus. „Eine überbordende Bürokratie wird von vielen Unternehmen weiter als ein wesentliches Hemmnis wahrgenommen. Die aktuelle Landesregierung hat mit der Clearingstelle, die bereits im Gesetzgebungsprozess Bürokratielasten für den Mittelstand prüft, einen Anfang gemacht, um hier zu Verbesserungen zu kommen. Darüber hinaus wären jedoch noch weitere Ziele notwendig, vor allem um auch bestehende Bürokratie abzubauen“, so Stehl. Die IHKN-Hauptgeschäftsführerin forderte, dass das Land Niedersachsen ein systematisches und regelmäßiges Bürokratiekosten-Monitoring einführen solle, auf dessen Basis bürokratische Vorschriften systematisch abgebaut werden könnten.
Vor dem Hintergrund der digitalen und energetischen Transformation und nicht zuletzt, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen, seien moderne, verlässliche und bürokratiearme Rahmenbedingungen umso dringlicher, sagte IHK-Hauptgeschäftsführerin Birgit Stehl. Damit Investitionen geplant und umgesetzt werden könnten, sei schnelles Handeln erforderlich. Hierzu müssten Verfahren entschlackt und Prozesse neu definiert werden. Stehl kündigte an, dass die niedersächsischen IHKs auf Basis der Umfrageergebnisse nun ein detailliertes Positionspapier erarbeiten werden, das im Sommer veröffentlich werden soll.