Ukraine-Krieg belastet regionale Konjunktur – Wirtschaft im Krisenmodus

Die Konjunktur in der Region Osnabrück - Emsland - Grafschaft steht inzwischen vollständig unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges. Der IHK-Konjunkturklimaindex stürzt ab und liegt mit nun 74 Punkten deutlich unterhalb des langjährigen Durchschnitts von 109 Punkten. Insbesondere die Geschäftserwartungen der Unternehmen gehen dramatisch zurück: Per Saldo rechnen aktuell 54 Prozent der Betriebe mit schlechteren Geschäften in den kommenden Monaten, nachdem es im Vorquartal 10 Prozent waren. Das sind die Kernergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 248 KB) der IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim für das 1. Quartal 2022 unter mehr als 750 regionalen Unternehmen.
Mit einem Rückgang des IHK-Konjunkturklimaindexes um 35 Zähler fällt der Einbruch im Vergleich zum Vorquartal sogar noch höher aus als zu Beginn der Wirtschaftskrise 2008/09. Er wird lediglich vom konjunkturellen Absturz zu Beginn der Corona-Pandemie übertroffen. Die aktuelle Geschäftslage wird von den regionalen Unternehmen ebenfalls schlechter beurteilt als zuvor, jedoch überwiegen noch die positiven Einschätzungen. Nach zuvor 30 Prozent bewerten aktuell per Saldo 18 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als noch gut. 
„Die regionale Wirtschaft steuert durch sehr schwieriges Fahrwasser. Der Krieg und die Sanktionen gegen Russland lassen die derzeit ohnehin strapazierten globalen Lieferketten an einigen Stellen erneut reißen. Preissprünge und Lieferengpässe dürften in den nächsten Monaten die bereits jetzt schon hohe Inflation noch weiter befeuern. Die frühere Hoffnung, dass sich die konjunkturelle Lage nach dem Wegfall der Pandemiebeschränkungen normalisieren würde, erfüllt sich erkennbar nicht“, kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf die Ergebnisse.
Nachdem Lieferengpässe und hohe Energie- und Rohstoffpreise bereits seit einigen Monaten ein großes Problem für die regionalen Unternehmen darstellen, hat sich die Situation im Frühjahr 2022 sogar noch verschärft. In der Folge sind die regionalen Unternehmen auf vielfältige Weise mit Kostenerhöhungen konfrontiert: Neben höheren Energiepreisen (88 Prozent) und höheren Einkaufspreisen für bezogene Waren (86 Prozent) berichten 57 Prozent der regionalen Betriebe von gestiegenen Arbeitskosten und 49 Prozent von höheren Einkaufspreisen für erhaltene Dienstleistungen.
Wie die IHK-Umfrage weiter zeigt, sind in den kommenden Monaten zusätzliche Kostensteigerungen für die Betriebe zu erwarten, die über die bisherigen hohen Energiepreissteigerungen hinausgehen dürften. So sahen sich 48 Prozent der regionalen Unternehmen bereits gezwungen, die Kostenerhöhungen an ihre Kundschaft weiterzugeben; 39 Prozent der Betriebe rechnen damit, mit diesem Schritt in naher Zukunft reagieren zu müssen.
Im Branchenvergleich gehen die Geschäftserwartungen insbesondere in der Industrie und im Baugewerbe deutlich zurück. Hier ist der Auftragsbestand im Durchschnitt zwar noch hoch, kann allerdings vielfach wegen fehlender Vorprodukte nicht abgearbeitet werden. Trotz Aufhebung der meisten Corona-bedingten Beschränkungen wird die Lage auch im Dienstleistungssektor deutlich schlechter beurteilt als im Vorquartal. Positiv trägt lediglich die Tourismusbranche bei, die auf eine deutlich steigende Nachfrage in den Sommermonaten hofft. Im Gegensatz dazu sind die Geschäftserwartungen in der Logistikbranche im Keller.
„In dieser unruhigen Lage muss die Wirtschaftspolitik auf eine kurzfristige Stabilisierung ausgerichtet sein. Darüber hinaus muss die Wirtschaft auch strukturell entlastet werden. Viele eigentlich kerngesunde Unternehmen erleben gerade das dritte Krisenjahr in Folge. Ein wichtiger Beitrag wäre, die staatlich verursachten Energiepreisbestandteile nach der Abschaffung der EEG-Umlage weiter zu senken, beispielsweise die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu deckeln. Gleichzeitig muss der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Energienetze nun endlich beschleunigt werden“, so Graf.