Sie befinden sich auf der Seite der IHK Nord Westfalen.
Möchten Sie diese Seite in einem Cookie als Ihre Heimat-IHK setzen?
Sie befinden sich auf der Seite der IHK Nord Westfalen.
Bisher ist die als Ihre Heimat-IHK hinterlegt. Wollen Sie die Seite der IHK Nord Westfalen in einem Cookie
als Ihre neue Heimat-IHK setzen?
Sie werden zum Angebot der weitergeleitet.
Nr. 5916820
5 minLesezeit
Titelthema 3/2023
Wachsen im Ausland
In der Außenwirtschaft werden die Hürden höher. Aber wer sie meistert, hat oft freie Bahn für gute Geschäfte. (Von Dominik Dopheide)
Ein Auf und Ab in der Außenwirtschaft hat Gerhard Laudwein schon häufig gesehen. Schließlich ist er seit 32 Jahren bei der IHK Ansprechpartner für Unternehmen der Region, die auf internationalen Märkten Fuß fassen oder ihren Erfolg ausbauen wollen. „Aber so turbulent, wie in den vergangenen Jahren, war es noch nie“, sagt der Experte.
Dann die Corona-Pandemie: In der Folge kamen viele Lieferketten in Verzug oder gar zum Stillstand. „Und jetzt der Russland-Ukraine-Konflikt, auf den die EU bisher mit elf Sanktionspaketen reagiert hat“, sagt Laudwein, der seit einem Jahr kontinuierlich zu diesem Thema informiert und berät. Ohnehin starten exportorientierte Unternehmen nicht von der Pole-Position in den Wettbewerb: Sie werden durch saftige Energiepreise, zunehmenden Fachkräftemangel, überbordende Bürokratie und hohe Abgaben belastet, wie Laudwein erklärt.
Vor dem Start in die Außenwirtschaft sollten im Unternehmen frühzeitig Ressourcen und Kompetenzen geschaffen werden: Mitarbeitende, die Spaß am Thema haben, sollten ausgewählt werden und das Export-Team sollte volle Unterstützung bekommen. Zuständigkeiten müssen geklärt, Schulungen angeboten und der Zugang zu den relevanten Informationen gesichert werden – und zwar von der Produktionsplanung an.
Einblick geben
Für den Export in Drittländer sollten die jeweiligen Experten Einblick in das komplette Ausfuhr-Projekt bekommen. Was soll in welches Land geliefert werden? Wo wird produziert und für welche Zwecke? Ist eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich, sind Ursprungsregelungen erfüllt, gibt es ein Zoll-Präferenzabkommen? So hätte beispielsweise ein Unternehmen mit einem höheren EU-Anteil im Produktionsprozess Zollgebühren für die Einfuhr nach Algerien in Höhe von 30 Prozent sparen können.
Die Niederlande
Für einen möglichst einfachen Einstieg ins Auslandsgeschäft sollten Unternehmen den Auftakt in den Niederlanden erwägen – ein überschaubarer, stabiler Markt, der schon seit langer Zeit außenhandelsorientiert ist, geografisch wie auch kulturell nahe liegt und der EU angehört.
Importbestimmungen
Beim Export in Drittländer sollte das Team frühzeitig die Importbestimmungen studieren und die Dokumentenmappe entsprechend ausstatten. Im arabischen Raum etwa müssen oft Ursprungszeugnisse und andere Unterlagen vom jeweiligen Konsulat in Deutschland legalisiert werden. Dieser Vorgang kann rund zwei Wochen Zeit und einen vier- bis fünfstelligen Betrag kosten.
Umsatzsteuer checken
Beim Export in EU-Staaten muss beachtet werden, dass auch diese Länder eigene Umsatzsteuergesetze haben. Schon die Organisation des Transports der Ware kann hinein- oder hinausführen in die bzw. aus der Steuerpflicht. Die Buchhaltung sollte in den Vertriebsprozess eingebunden werden.
Landeseigene Zertifizierungen
Wenn Unternehmen beispielsweise nach China oder ins Vereinigte Königreich liefern wollen, sollten sie beachten, dass dort landeseigene Zertifizierungen gelten oder gerade eingeführt werden. Der Mehraufwand ist einzukalkulieren.
Maßeinheiten beachten
Bei Lieferungen in die USA sollten Unternehmen die andere Maßeinheit, das Inch, auf dem Bauplan haben. Dort wird mit dem englischen Maßsystem gearbeitet.
Beim Außenwirtschaftstag der IHKs NRW in Düsseldorf stehen die Herausforderungen auf den Weltmärkte sowie Themen und Trends im Fokus.
Wachstum jenseits der Grenze
Warum er, allen widrigen Faktoren zum Trotz, den Einstieg in die Außenwirtschaft empfiehlt? „Weil sie nach wie vor sehr lukrativ sein kann“, entgegnet er. Der zeitliche und finanzielle Aufwand könne sich schnell lohnen, wenn hinter den Hürden ein Markt warte, der weit höhere Wachstumsraten verspricht, als in Deutschland üblich. Südostasien etwa biete zurzeit gute Perspektiven. Noch schwerer als die einzelne Umsatzperspektive wiegt für Laudwein ein strategisches Argument: Es gehe auch und besonders in der aktuellen Zeit darum, nicht komplett vom Binnenmarkt abhängig zu sein. Viele Unternehmen aus Nord-Westfalen machen es vor: Sie haben sich mit dem Auslandsgeschäft ein zweites Standbein geschaffen. Hier hänge jeder vierte Arbeitsplatz vom Export ab, und die Region erziele mit 22 Milliarden Euro einen höheren Auslandsumsatz als das Bundesland Thüringen, berichtet Laudwein. Die IHK, fügt er an, werde das ihr Mögliche beitragen, damit der Export ein starker Wachstumstreiber in der Region bleibt und die Unternehmen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten.
Neue Reichweiten durch Digitalisierung
Ran an den Auslandsmarkt, sobald der Erfolg in Deutschland gesichert ist: So war es früher, sagt Laudwein. Heute aber, ist er überzeugt, können auch kleine Unternehmen direkt durchstarten in die große Welt. Die Digitalisierung habe für Marketing, Vertrieb und Transportlogistik neue Wege und Reichweiten geschaffen und somit das Auslandsgeschäft noch attraktiver gemacht. Zugleich bleibt der persönliche Kontakt ein zentraler Erfolgsfaktor: „Unternehmen brauchen vor Ort einen Vertriebspartner, der gut zu ihnen passt“, sagt Laudwein und denkt dabei an Produktkenntnisse, Firmengröße und Kommunikationskultur. Er empfiehlt, „die Partner nicht alleine laufen zu lassen, sondern ihnen zu zeigen, dass sie wichtig sind.“ Das gelinge am besten mit persönlicher Präsenz. „Unternehmen, die im Auslandsgeschäft kontinuierlich Erfolg haben, sind oft vor Ort an den Absatzmärkten“, betont der Experte.
Beim Außenwirtschaftstag der IHKs NRW in Düsseldorf stehen die Herausforderungen auf den Weltmärkte sowie Themen und Trends im Fokus.
Entwicklung regelmäßig prüfen
Und wenn es doch nicht so gut läuft wie erwartet? Der IHK-Abteilungsleiter rät, bereits vor dem Start eine Exit-Strategie zu entwickeln. Zudem sollten Unternehmen ihre Ziele definieren, die Entwicklung des Auslandsgeschäftes regelmäßig auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf die Strategie verändern. Gerade in turbulenten Zeiten könnten neue Faktoren die Situation schnell verändern. Auch sei nie auszuschließen, dass ein Vertriebspartner die Erwartungen doch nicht erfülle. „Und manchmal ist ein Produkt einfach zu früh für den Markt, und das Unternehmen nimmt später einen zweiten Anlauf mit mehr Erfolg“, weiß Laudwein. Aus diesen Gründen empfiehlt er, zugunsten der Flexibilität keine langfristigen Verträge aufzusetzen.
Das eine Unternehmen liefert Nougateier nach Australien, das andere bezieht Chemikalien aus Brasilien. Zwei Mittelständler berichten, warum es sich lohnt, auf internationale Märkte zu schauen – und wie die IHK dabei hilft.
Der Spezialist für Klebe- und Dichtstoffe Weicon aus Münster hat in neun Staaten Niederlassungen sowie Mitarbeitende und Handelspartner in vielen Ländern. Geschäftsführer Ralph Weidling erklärt, warum die internationale Aufstellung für sein Unternehmen so wichtig ist.