Der deutsche Einzelhandel 2024 – dritte IHK-ibi-Handelsstudie
In der dritten Auflage der IHK-ibi-Handelsstudie wurden gemeinsam mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sowie 53 Industrie- und Handelskammern in einer deutschlandweiten Befragung mit über 2.100 Einzelhändlern der Status quo des deutschen Einzelhandels erfasst. Dabei stehen die Themen IT-Sicherheit, Nachhaltigkeit, bürokratische Anforderungen und Unternehmensnachfolge im Fokus. Zudem wirft die Studie einen Blick auf die Herausforderungen und Chancen der Branche.
Der Handel setzt immer stärker auf Multi-Kanal-Vertrieb
Die Studienergebnisse zeigen, dass die Hälfte der befragten Einzelhändler ihre Produkte sowohl stationär als auch online verkaufen. Im Vergleich zu den Ergebnisse 2020 ist dies eine Steigerung von 35 Prozent. Dementsprechend ist die Anzahl an Händlern, die rein stationär verkaufen seit 2020 rückläufig. Dennoch bleibt das stationäre Ladengeschäft der wichtigste Vertriebskanal: 85 Prozent der befragten Händler betreiben mindestens ein stationäres Geschäft. Auf Platz zwei folgt der eigene Online-Shop, den 43 Prozent der Händler nutzen. Soziale Medien gewinnen ebenfalls an Bedeutung – knapp ein Viertel (24 Prozent) setzt sie bereits für den Vertrieb ein. Die befragten Einzelhändler erwarten in den nächsten fünf Jahren in den Bereichen Online-Shops (70 Prozent) und soziale Medien (63 Prozent) steigende Umsätze.
Soziale Medien – wichtiger Bestandteil der Kommunikation und des Marketings
Auch in den Bereichen Kommunikation und Marketing finden soziale Medien Anwendung: Über 65 Prozent der Händler nutzen die Meta-Anwendungen Facebook und Instagram, vorrangig für Zwecke der Bekanntheitssteigerung (89 Prozent), Kundeninformation (81 Prozent) und Neukundengewinnung (77 Prozent).
„Die enge Verknüpfung von Handel und sozialen Medien stärkt die Handelsbranche. Social Commerce bietet die Möglichkeit, die eigene Zielgruppe gekonnt anzusprechen und einen fließenden Übergang von Kundenanwerbung zum tatsächlichen Kaufprozess zu ermöglichen“, so Nils Deichner, Senior Consultant und Studienverantwortlicher bei ibi research.
Das Interesse der Händler am Thema ‚Soziale Medien‘ äußert sich auch in Bezug auf Weiterbildung: In den Bereichen Vertrieb und Kommunikation über soziale Medien werden im Vergleich zu anderen Digitalisierungsthemen die größten Weiterbildungsbedarfe gesehen. Mittlere und große Unternehmen haben außerdem Schulungsbedarf beim Kernthema IT-Sicherheit. Ein Thema, mit dessen Problemen sich 47 Prozent der kleinen Unternehmen bisher nicht konfrontiert sehen.
Kleine Händler fühlen sich für die Herausforderungen der Digitalisierung schlechter vorbereitet als noch vor vier Jahren
Die Studie hat zum Ergebnis, dass sechs Prozent der kleinen Unternehmen keine gängigen digitalen Tools im Unternehmen nutzen. Die Studienergebnisse zeigen, dass im Vergleich zu den mittleren und großen Betrieben, kleine Unternehmen ihr Wissen zum Thema Digitalisierung geringer einschätzen. Ein Vergleich mit den Studienergebnissen aus 2020 zeigt, dass sich kleinere Unternehmen schlechter für die Herausforderungen der Digitalisierung gerüstet fühlen als noch vier Jahren. In 63 Prozent der kleineren Unternehmen bleibt Digitalisierung ‚Chefsache‘.
Knapp ein Drittel der befragten Unternehmen arbeitet bereits mit KI-Anwendungen. Aber auch hier ist ein deutlicher Unterschied hinsichtlich der Unternehmensgröße zu sehen. Während fast 60 Prozent der großen Unternehmen KI anwenden, sind es in den kleinen Unternehmen bisher nur 25 Prozent.
Zunehmende Regulierung und Bürokratieanforderungen schränken den deutschen Einzelhandel ein
Über alle Unternehmensgrößen hinweg nehmen gut drei Viertel der Unternehmen einen (sehr) negativen Einfluss durch die zunehmende Regulierung auf ihr Geschäftsmodell wahr. Auch die damit einhergehende Bürokratisierung schränkt 62 Prozent der Händler (sehr) stark in ihrem unternehmerischen Handeln ein. Besonders den großen Unternehmen macht außerdem der Fachkräftemangel zu schaffen – knapp 80 Prozent werden dadurch in ihrer aktuellen Geschäftslage beeinflusst.
„Die Studie bestätigt, was wir täglich aus den Unternehmen hören. Die Bürokratielasten erdrücken die Unternehmen. Wir müssen daher bei Bürokratieabbau deutlich mehr Gas geben, damit sich die Unternehmen wieder stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Das vor kurzem beschlossene Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) war ein Schritt in die richtige Richtung. Aber dem müssen schnell größere folgen.“ (Volker Treier, DIHK Hauptgeschäftsführungsmitglied)
Weiter sehen 54 Prozent der Befragten den Bürokratieaufwand als größte Hürde für nachhaltiges Handeln im eigenen Unternehmen.
Fazit zur Studie
- Digitalisierung, Fachkräftemangel, hohe Energiepreise und politische Unsicherheiten sind die zentralen Herausforderungen des Einzelhandels
- Große Anbieter aus Drittstaaten dominieren mit niedrigen Preisen, schnellen Lieferzeiten und breiten Produktpaletten – der Handel und die
Konkurrenz wird zunehmend internationaler - Die Belastung für Unternehmen aller Größen durch Bürokratie ist enorm – Kleine Unternehmen kämpfen mit Steuerrecht, große mit komplexen
Regulierungen (z. B. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz). - Händler erkennen wachsende Bedeutung nachhaltiger Maßnahmen – finanzielle und bürokratische Hürden erschweren Umsetzung, vor allem für
kleinere Unternehmen - IT-Sicherheit und Ladendiebstahl treffen den Handel immer stärker
- Unternehmensnachfolge wird die nächsten Jahre zunehmend zum Faktor – insb. für kleine Unternehmen
Die drei Auswertungen (Deutschland gesamt, Baden-Württemberg und IHK-Bezirk Nordschwarzwald) finden Sie unter “Weitere Informationen” auf dieser Seite.