Firmennachrichten - Interview
"Innovationshemmnisse in Deutschland sind groß"
IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub im Gespräch mit Thomas Rudel, Geschäftsführer der Rutronik Elektronische Bauelemente GmbH
IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub im Gespräch mit Rutronik-Geschäftsführer Thomas Rudel
© Christian Metzler
Die Rutronik Elektronische Bauelemente GmbH in Ispringen steht seit 1973 für nachhaltiges Wachstum. Die rund 1.900 Mitarbeitenden erwirtschafteten 2022 einen Umsatz von 1,28 Milliarden Euro. Mit über 80 Niederlassungen weltweit und Logistikzentren am Hauptsitz sowie Austin (Texas), Shanghai, Singapur und Hongkong sowie der e-Commerce Plattform Rutronik24 gewährleistet das unabhängige Familienunternehmen eine flächendeckende Betreuung seiner 40.000 Kunden in Europa, Asien und Nordamerika. Rutronik setzt auf individuelle Lösungen, die von technischer Unterstützung bei der Produktentwicklung über das vielfältige Produktportfolio führender Hersteller bis zu eigenen Soft- und Hardwarelösungen reichen.
© Christian Metzler
IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub gemeinsam mit Rutronik-Geschäftsführer Thomas Rudel
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IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub in der Produktionshalle mit Rutronik-Geschäftsführer Thomas Rudel
© Christian Metzler
Herr Rudel, wie beurteilen Sie die internationalen Entwicklungen?
Da die Weltwirtschaft schwächelt, halten sich die Kunden beim Bestellen zurück. Die Lieferketten sind aber stabil. Dennoch gibt es nach wie vor Schlüsselbauelemente mit langen Lieferzeiten. Wir hoffen, dass uns weitere Nackenschläge durch Krisen oder geopolitische Restriktionen erspart bleiben.
Wie gehen Sie mit geopolitischen Herausforderungen um?
Wir stehen im stetigen Austausch mit Herstellern und Kunden. Als Broadline-Distributor greifen wir auf ein breites Produktportfolio zurück. Deshalb können wir Alternativen anbieten. Wichtig wäre, Deutschland und Europa unabhängiger zu machen. Dafür brauchen wir eine pragmatische politische Ausrichtung, bei der die Entlastung des Mittelstands im Fokus steht. In Europa wird zu kurz gedacht, weil oftmals nur der Aufbau von Front-End-Produktionskapazitäten subventioniert wird. Investitionen in Entwicklung, Design und Know-how kommen zu kurz. Auch die hohen Bürokratiehürden müssen abgebaut werden, um Europa resilienter aufzustellen.
Wie gehen Sie mit den Themen Menschenrechte, Nachhaltigkeit und Klimaschutz um?
Rutronik hat bereits viele Maßnahmen umgesetzt und kommt allen Verpflichtungen, die sich aus dem deutschen Lieferkettengesetz ergeben, in vollem Umfang nach. Um einen transparenten Datenaustausch zu erreichen, führt unser internes Expertenteam regelmäßig Risikoanalysen durch. Immer neue Regelungen wie das EU-Lieferkettengesetz sorgen allerdings für noch mehr Bürokratie, Rechtsunsicherheit und belasten kleinere wie mittelständische Unternehmen. Rutronik unterstützt die Entwicklung nachhaltiger Applikationen, indem wir beratend zur Seite stehen und unseren Kunden Komponenten zur Verfügung stellen, bei denen im gesamten Produktzyklus ökologische Aspekte miteinbezogen wurden. Themen wie Energieeffizienz und Umweltschutz werden schon in der Planungsphase berücksichtigt. Was unser Unternehmen anbelangt, nutzen wir in Ispringen und Eisingen beispielsweise Photovoltaikanlangen und moderne LED-Technik.
Rutronik ist weltweit aktiv. Welche Rolle spielen kulturelle Unterschiede?
Mit unserer Regionalisierungsstrategie erhielten die Teams vor Ort mehr Verantwortung, weil sie die jeweiligen Märkte viel besser kennen. Und sie können in der Landessprache mit den Kunden kommunizieren. So lassen sich Entscheidungswege verkürzen und Fachkräfte vor Ort finden.
Welche Bedeutung hat es für Rutronik, wenn die EU den Ausbau der europäischen Mikrochip-Industrie vorantreibt?
Eigentlich ist der Zug in Europa längst abgefahren. Aber es gibt sinnvolle Investitionen wie in die neue Halbleiterfabrik von TSMC in Dresden. Subventionen, die nicht auf die gesamte Wertschöpfungskette abzielen, greifen viel zu kurz. Richtig wäre, sich mit den wichtigen Akteuren der europäischen Wirtschaft an einen Tisch zu setzen, um unseren Wirtschaftsstandort zukunftssicher aufzustellen.
Wie schaffen Sie es, Tradition und Innovation miteinander zu verbinden und trotzdem wettbewerbsfähig zu bleiben?
Als inhabergeführtes Familienunternehmen haben wir uns die Unabhängigkeit von externen Investoren bewahrt und sind dennoch zum Global Player aufgestiegen. Schon immer war es unser Bestreben, auf die Balance zwischen Bewährtem und Neuem zu achten. So entwickeln wir uns zu einem Systemanbieter, der auf die Broadline-Distribution als Basis setzt. Wir arbeiten mit Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Universitäten zusammen und bringen unsere industrielle Expertise ein.
Was ist das Erfolgsrezept Ihrer Innovationsstärke?
Wer Entwicklungen früh erkennen will, muss die Herausforderungen sehen, vor denen seine Kunden stehen. Außerdem braucht er Mut, um seine Chancen zu ergreifen. Das gelingt uns mit einem engagierten und gut ausgebildeten Team.
Was sind Ihre Innovationstreiber?
Dazu zählen Elemente der Industrie 4.0, Automatisierungsprozesse und KI. Um zu solchen Innovationen mit eigener Forschung und Entwicklung beizutragen, haben wir mit Rutronik System Solutions eine komplette Abteilung gegründet. Wer innovativ sein will, muss die Weiterentwicklung strategisch implementieren. Da wir ein junges Unternehmen bleiben wollen, muss man Fachkräften die Chance geben, sich durch Bildungsangebote weiterzuentwickeln. Unsere Kunden brauchen uns, damit wir sie in ihrer Vorentwicklungsphase unterstützen.
Welche Standortfaktoren hat Ispringen?
Die Herausforderungen in Deutschland sind vielfältig. Wir haben zu viel Bürokratie, eine schlechte Infrastruktur, zu hohe Steuerbelastungen und Energiepreise sowie eine große Verunsicherung. Ich kenne kein Land, wo Unternehmen so extrem bevormundet werden. Mein Vater hat Ispringen bewusst als Standort gewählt. Der süddeutsche Raum mit seinen Mittelständlern ist bis heute Innovationstreiber. Wir glauben an diese Region. Deshalb haben wir zum Beispiel ein neues Büro in Karlsruhe eröffnet.
Wie nutzen Sie das Potenzial ihrer Mitarbeitenden?
Unsere Mitarbeitenden unterstützen wir mit einer E-Learning-Plattform, internen und externen Schulungen sowie berufsbegleitender Weiterbildung. Schließlich bilden wir die Fachkräfte von morgen aus und bieten duale Studiengänge an. Unsere Absolvent:innen gehören zu den Jahrgangsbesten. Für unser Ausbildungskonzept wurden wir mehrfach ausgezeichnet.
Wie gelingt es Rutronik, qualifizierte Fachkräfte ans Unternehmen zu binden?
Es ist anspruchsvoll, Fachkräfte zu finden, weil uns in Deutschland bei zu hohen Lebenshaltungskosten und schlechter Infrastruktur die Lebensqualität abhandengekommen ist. Bei Rutronik halten wir unter anderem mit zukunftssicheren Arbeitsplätzen in einem Wachstumsmarkt, Sportangeboten, 30 Urlaubstagen und der Unterstützung beim Kauf des Deutschlandtickets dagegen. Außerdem gibt es bei uns flexible Arbeitszeiten und Zuschüsse zur betrieblichen Altersvorsorge. Rutronik ist ein Familienunternehmen geblieben, in dem der Mensch zählt, der an unserer Erfolgsgeschichte mitschreibt.
Bringt sich Rutronik in gemeinnützige Projekte ein?
Wir unterstützen die Lebenshilfe, ein Kinderhospiz und arbeiten mit der AfB gGmbH zusammen. Im Frauen-Basketball engagieren wir uns für die Rutronik Stars Keltern und bringen uns in Projekte von Universitäten und Bildungseinrichtungen ein. Ich persönlich gehöre zu den Gründern von Lisa hilft e. V. Wir sehen uns als Unternehmen auch wichtigen gesellschaftlichen Akteur – gerade in der Region rund um unseren Hauptsitz.
Thomas Rudel
hat 2008 den Vorsitz der Geschäftsführung von Rutronik übernommen. Der Sohn des Firmengründers Helmut Rudel studierte Betriebswirtschaft mit Vertiefung Controlling. Vor, während und nach seinem Studium sammelte er im Familienunternehmen in verschiedenen Positionen wertvolle Erfahrungen. Als Chief Executive Officer (CEO) führt Thomas Rudel die kontinuierlich positive wirtschaftliche Entwicklung des mittlerweile international agierenden Familienunternehmens weiter, sodass bereits im Geschäftsjahr 2018 erstmalig die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro erreicht wurde.
hat 2008 den Vorsitz der Geschäftsführung von Rutronik übernommen. Der Sohn des Firmengründers Helmut Rudel studierte Betriebswirtschaft mit Vertiefung Controlling. Vor, während und nach seinem Studium sammelte er im Familienunternehmen in verschiedenen Positionen wertvolle Erfahrungen. Als Chief Executive Officer (CEO) führt Thomas Rudel die kontinuierlich positive wirtschaftliche Entwicklung des mittlerweile international agierenden Familienunternehmens weiter, sodass bereits im Geschäftsjahr 2018 erstmalig die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro erreicht wurde.
Werner Klein-Wiele