Jour-Fixe-Interview

Die Schiene ist effizienter, platzsparender und umweltfreundlicher

IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub im Gespräch mit
Richard Lagger, Geschäftsführer des Black Forest Terminal in Horb

Welche Ziele verfolgt das Black Forest Terminal?

Täglich können wir die Verkehrsentwicklung auf unseren Autobahnen verfolgen, die in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Speziell in Stausituationen wird uns vor Augen geführt, wie viele Güter auf der Straße unterwegs sind. Mit dem BFT tragen wir dazu bei, die Verkehre aus und in die Region über die Schiene abzuwickeln. Dazu bedarf es politischer Unterstützung, auch in finanzieller Hinsicht. Neben dem Umschlag der Container werden wir Dienstleistungen wie den Anschluss von Kühlcontainern, das Be- und Entladen wie auch das Reparieren von Containern anbieten.

Können Sie uns erläutern, wie das BFT den Straßenverkehr entlastet?

Das BFT ermöglicht der Region, Schienentransporte, welche aktuell noch über Stuttgart oder Kornwestheim laufen, nach Horb zu verlagern. Das Einsparpotenzial beträgt somit rund 140 Kilometer pro Container. Aktuell verringern wir dadurch die Belastung durch LKW-Transporte um rund zwei Millionen Kilometer pro Jahr. Jeder weitere wöchentliche Zug, der über Horb abgewickelt wird, spart zusätzlich eine Million Straßenkilometer ein. Die Schiene ist umweltfreundlicher, platzsparender und effizienter. Ein LKW stößt 110-mal so viel CO2 aus, braucht dreimal so viel Verkehrsfläche und fährt bei gleichem Energieverbrauch nur rund ein Viertel der Strecke eines Zuges. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass für regionale Speditionen nun auch die Investition in alternative LKW-Antriebe noch interessanter wird. Ein E-LKW, der in Kornwestheim startet und einen Container hier in der Region lädt, müsste zum Beispiel nach seiner ersten Tour wieder aufgeladen werden. Die kürzeren Strecken vom Kunden direkt ins Horber Industriegebiet ermöglichen jetzt einen effizienteren Einsatz elektrisch angetriebener Transportfahrzeuge.

Welche Güter werden über das Terminal transportiert und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Logistikern?

Von Blumenkästen über Maschinen bis hin zur Batterie für E-Autos ist alles dabei. Wobei man als Terminalteam gar nicht immer weiß, was genau in den Containern verladen wurde. Da kann man dann vielleicht noch durch den Kundennamen auf den Inhalt schließen. Letztendlich ist es aber gar nicht so relevant, welche Ware geladen wurde. Wir schlagen im BFT die Container sicher für unsere Kunden um, egal, welches Gut sich darin befindet. Ich schätze die ehrliche und direkte Kommunikation, die wir auch mit den Logistikern pflegen, sehr. Wir sprechen offen über Anforderungen und Möglichkeiten und finden immer eine partnerschaftliche Lösung.

Inwiefern spielen die Argumente Umweltschutz und nachhaltiger Verkehr eine Rolle?

Wir reden nicht nur von Nachhaltigkeit, wir meinen es tatsächlich sehr ernst. Das fängt beim Einsatz von Photovoltaikanlagen an, geht über unsere ECO-Reachstacker, mit denen wir Container verladen, bis hin zur geplanten Zertifizierung nach ISO 50001 und 14001. Für den Klimaschutz war 2022 leider ein vergeudetes Jahr. Die Krisen haben das Thema Nachhaltigkeit bei vielen Logistikern auf der Prioritätenliste nach hinten geschoben. Wir müssen sie wieder mehr in den Fokus rücken.

Wie stellt sich für Sie die Wettbewerbssituation mit anderen Terminals dar?

Wir sind nicht im Wettbewerb zu den Terminals in Stuttgart oder Kornwestheim angetreten, sondern sehen uns als Ergänzung im kombinierten Verkehr für die Region. Aktuell ist die Lage für alle Marktteilnehmer schwierig, und jedes Terminal kämpft um jeden einzelnen Container. Mittel- und langfristig gesehen bin ich aber davon überzeugt, dass ein partnerschaftlicher Austausch zwischen den Standorten auch weitere Möglichkeiten für die Region bieten wird.

Wie sehen Sie die Rolle des BFT mit Blick auf die Zukunft?

Das BFT trägt dazu bei, dass die Region eine neue Möglichkeit erhalten hat, Transporte auf die Schiene zu verlagern. Sicherlich gibt es neben bekannten großen Unternehmen in der Region viele Mittelständler, die aufgrund fehlender Möglichkeiten oder der Entfernung zum nächsten Terminal den Transport auf der Schiene noch nicht im Fokus haben. Wir werden gemeinsam mit unseren Partnern auch neue Logistikkonzepte entwickeln, um den kombinierten Verkehr noch attraktiver zu gestalten.

Welche Zukunftspläne haben Sie? Sind Erweiterungen angedacht?

Wir hoffen, noch in diesem Jahr mit unserem zweiten Bauabschnitt beginnen zu können. In vielen Gesprächen mit produzierenden Unternehmen der Region habe ich festgestellt, dass Lagerfläche eine sehr begrenzte Ressource ist. Es wird eine zusätzliche Fläche von 40.000 Quadratmeter im direkten Anschluss an das KV-Terminal entstehen. Hier sollen zusätzliche Serviceangebote im Intermodalen Servicezentrum Horb (ISH) angeboten werden. Dort können Container zwischengelagert sowie Serviceleistungen ausgeführt werden. Dafür werden wir auch eine Lagerhalle mit einer Fläche von 2.500 Quadratmeter erstellen. Auf dieser Lagerhalle wird eine PV-Anlage installiert, damit sie nachhaltig betrieben werden kann. Nachdem der Förderantrag inzwischen in Brüssel vorliegt, sind wir sehr optimistisch, dass der erste Spatenstich noch in diesem Jahr erfolgen kann. Im September soll auch unser Verwaltungsgebäude in Betrieb gehen.

Warum muss das BFT gerade eine Zwangspause einlegen? Wann rollen wieder die Containerzüge?

Die Bahn musste uns wegen der Vielzahl zeitgleicher Baustellen rund um die Gäubahn vom Schienennetz abhängen. Das ist bitter, weil die Auslastungskurve bereits deutlich nach oben zeigte. Die Bahn hat uns allerdings versichert, dass die Containerzüge trotz weiterer Arbeiten am Schienennetz ab September wieder freie Fahrt haben. Wir nutzen die Zeit bis dahin für einen gut getakteten Restart und bitten die verladende Wirtschaft, dass sie uns auch künftig den Rücken stärkt.

Welche Bedeutung hat das BFT langfristig für die Region?

Es geht um wirtschaftliche Nachhaltigkeit im wahrsten Sinne des Wortes. Es laufen nach wie vor viele Gespräche mit weiteren Produktions- und Logistikunternehmen, so dass im Herbst noch mehr Güter ab Horb klimafreundlich über die Schiene transportiert werden können.
Richard Lagger

ist Geschäftsführer der Black Forest Terminal GmbH. Der gebürtige Salzburger gilt als profunder Kenner der Logistikbranche. Der 45-jährige ließ sich in seinem Heimatland Österreich zum Speditionskaufmann ausbilden, verantwortete als Geschäftsführer das Container Terminal Salzburg (CTS) und folgte dem Ruf nach Wörth am Rhein, wo er bei Contargo Wörth in leitender Position tätig war.
Von Werner Klein-Wiele