Jour-Fixe-Interview
„Die Region hat eine lange Geschichte im Bergbau“
IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub im Gespräch mit Simon Bodensteiner, Geschäftsführer der Deutschen Flussspat GmbH, Pforzheim.
Simon Bodensteiner, Bergbau-Ingenieur mit internationaler Berufserfahrung
© Christian Metzler
Simon Bodensteiner, Bergbau-Ingenieur mit internationaler Berufserfahrung im Gespräch mit Tanja Traub, Hauptgeschäftsführerin der IHK Nordschwarzwald
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Simon Bodensteiner, Bergbau-Ingenieur mit internationaler Berufserfahrung im Gespräch mit Tanja Traub, Hauptgeschäftsführerin der IHK Nordschwarzwald
© Christian Metzler
Simon Bodensteiner, Bergbau-Ingenieur mit internationaler Berufserfahrung im Gespräch mit Tanja Traub, Hauptgeschäftsführerin der IHK Nordschwarzwald
© Christan Metzler
Die Deutsche Flussspat GmbH (DFG) ist ein ambitioniertes Start-up, das 2021 vom Geschäftsführer Simon Bodensteiner und dem Leiter Geologie Peter Geerdts als Tochtergesellschaft der Aumontis Holding AG gegründet wurde. Das Unternehmen besitzt die exklusiven Abbaurechte an der Flussspat-Lagerstätte Käfersteige, einer historischen Mine in Würm bei Pforzheim, die bis 1996 von der Bayer AG betrieben wurde.
Was genau ist Flussspat und wie wird er eingesetzt?
Flussspat ist ein wenig bekanntes, aber vielseitig verwendetes Industriemineral. Viele Menschen sind ihm möglicherweise schon in der Zahnpasta begegnet, denn das darin enthaltene Fluorid wird aus Flussspat gewonnen. Ursprünglich war das Mineral im Mittelalter als Schmuckstein beliebt. Später entdeckte man seine Eigenschaft, den Schmelzpunkt bei der Verarbeitung von Metallen zu senken – daher findet es Einsatz bei der Aluminium- und Stahlherstellung. Heute ist Flussspat darüber hinaus in zahlreichen anderen Bereichen unentbehrlich: von der chemischen Industrie über die Herstellung von Kältemitteln und Spezialkunststoffen bis hin zu Schweißelektroden und Glasfasern. Damit hat es ein breites Anwendungsspektrum, das weit über die historische Nutzung hinausgeht.
Ein wichtiger neuer Einsatzbereich für Flussspat ist die E-Mobilität. Bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge spielt Flussspat eine wesentliche Rolle. Einerseits wird er zur Reinigung des Anoden-Graphits benötigt, damit dieser hochrein für die Batterieproduktion verwendet werden kann. Andererseits ist Flussspat ein Bestandteil des Elektrolyts, speziell in Form von Lithiumhexafluorophosphat (LiPF6) – einem chemischen Salz, das für den Ladungstransport in der Batterie sorgt. Darüber hinaus wird er in Membrankunststoffen verwendet, die Kurzschlüsse verhindern und die Leistungsfähigkeit der Batterien sichern.
Ein wichtiger neuer Einsatzbereich für Flussspat ist die E-Mobilität. Bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge spielt Flussspat eine wesentliche Rolle. Einerseits wird er zur Reinigung des Anoden-Graphits benötigt, damit dieser hochrein für die Batterieproduktion verwendet werden kann. Andererseits ist Flussspat ein Bestandteil des Elektrolyts, speziell in Form von Lithiumhexafluorophosphat (LiPF6) – einem chemischen Salz, das für den Ladungstransport in der Batterie sorgt. Darüber hinaus wird er in Membrankunststoffen verwendet, die Kurzschlüsse verhindern und die Leistungsfähigkeit der Batterien sichern.
Wie kamen Sie zur Käfersteige in Würm?
Ich bin Bergbau-Ingenieur und habe einige Jahre in Australien gearbeitet. Danach war ich in der Unternehmensberatung tätig. 2018 entschloss ich mich, ein eigenes Unternehmen zu gründen, mit dem Ziel, Rohstoffprojekte zu identifizieren, zu entwickeln und in die Produktion zu bringen. Als wir 2019 begannen, den Markt nach geeigneten Projekten zu sondieren, schauten wir uns international um. Unser Fokus lag nicht unbedingt auf Deutschland – unser Ziel war es, ein überzeugendes Projekt zu finden.
Die Käfersteige ist in der deutschen Bergbauszene bekannt; jeder, der Bergbau studiert hat, kennt dieses Projekt. Die Bayer AG betrieb die Grube bis 1996. So rückte die Käfersteige schließlich in unsere engere Auswahl.
Die Käfersteige ist in der deutschen Bergbauszene bekannt; jeder, der Bergbau studiert hat, kennt dieses Projekt. Die Bayer AG betrieb die Grube bis 1996. So rückte die Käfersteige schließlich in unsere engere Auswahl.
Was macht die Käfersteige so besonders?
Vor allem die vorhandene Infrastruktur: Die Stollen und Schächte sind noch intakt, was uns einen enormen Vorteil verschafft, da wir nicht bei null anfangen müssen. Das spart uns Zeit und Geld. Zudem hat die Region eine lange Geschichte im Bergbau. Das Bergwerk wird von der Bevölkerung mit positiven Erinnerungen assoziiert, was eine breite Unterstützung unseres Vorhabens zur Folge hat.
Wo stehen Sie derzeit im Projektverlauf? Was sind die nächsten Schritte?
Derzeit befinden wir uns noch in der Planungs- und Genehmigungsphase. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, 2026 mit den Feldarbeiten starten zu können. Erfreulicherweise erhalten wir viel Zuspruch, sowohl seitens der Politik als auch aus der Bevölkerung.
Ein großes Projekt, das sicher auch viele Herausforderungen mit sich bringt. Was erwarten Sie sich langfristig für die Region?
Wir gehen davon aus, etwa 70 bis 100 Arbeitsplätze zu schaffen. Ein weiterer Vorteil ist, dass unser Betrieb unter Tage stattfindet. Das bedeutet, wir benötigen keine großen Flächen an der Oberfläche und können die Landschaft schonen. Zudem planen wir erhebliche Investitionen in die Region – wir investieren einen zweistelligen Millionenbetrag.
Ein weiterer spannender Aspekt ist die mögliche Wärmegewinnung: Das Bergwerk liegt auf dem Stadtgebiet von Pforzheim, direkt am Stadtteil Würm. Gemeinsam mit den Stadtwerken entwickeln wir derzeit ein Konzept, um das mehr als 20 Grad warme Wasser, das wir aus der Grube pumpen werden, zur Wärmeversorgung der Häuser in Würm zu nutzen. Wir sind Teil der kommunale Wärmeplanung und möchten die Ressourcen effizient zur lokalen Energieversorgung beitragen.
Ein weiterer spannender Aspekt ist die mögliche Wärmegewinnung: Das Bergwerk liegt auf dem Stadtgebiet von Pforzheim, direkt am Stadtteil Würm. Gemeinsam mit den Stadtwerken entwickeln wir derzeit ein Konzept, um das mehr als 20 Grad warme Wasser, das wir aus der Grube pumpen werden, zur Wärmeversorgung der Häuser in Würm zu nutzen. Wir sind Teil der kommunale Wärmeplanung und möchten die Ressourcen effizient zur lokalen Energieversorgung beitragen.
Das klingt nach einem nachhaltigen Mehrwert für die Region. Können Sie die Fachkräfte für Ihr Vorhaben denn hier gewinnen?
Das ist tatsächlich eine Herausforderung. In der Region gibt es kaum noch erfahrene Bergleute, da der Bergbau hier seit vielen Jahren keine Rolle mehr spielt. Daher setzen wir auf Fachkräfte aus verwandten Bereichen wie Elektrotechnik und Maschinen- sowie Metallbau. Diese bringen wichtige technische Qualifikationen mit und sollen gezielt für die untertägige Arbeiten weitergebildet werden. Hier hoffen wir auch auf Kooperationen mit den lokalen Bergbaubetrieben.
Welche Unterstützung erhalten Sie von der öffentlichen Hand für Ihr Projekt?
Wir profitieren seit Mitte des Jahres von InnoGrowth BW, einem Programm der Landesregierung und der L-Bank. Im Rahmen diese Programms konnten wir die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg, MBG, sowie die S-Kap Beteiligungsgesellschaft Pforzheim, eine Tochtergesellschaft der Sparkasse als stille Beteiligte für unser Vorhaben gewinnen. Zusätzlich gibt es Fördermöglichkeiten im Bereich Geothermie, die wir für die Erschließung des Vorkommens ebenfalls in Betracht ziehen.
Wie denken Sie über die Bürokratie in Deutschland und die langen Genehmigungsverfahren?
Im Vergleich zu Bergbauländern mit ähnlich hohen Standards dauern viele Prozesse hierzulande sehr lange. Dies liegt zum einen daran, dass die Routine für solche Verfahren fehlt. Zum anderen, und das ist der gewichtigere Punkt, sind gesetzliche Vorgaben häufig so unklar definiert, dass weder Umfang noch Zeitdauer für Genehmigungsverfahren abgeschätzt werden können. Hier lässt man sowohl die Behörden als auch die Antragsteller im Regen stehen. Wir wünschen uns, dass die Politik dies erkennt und Verantwortung übernimmt.
Wie sehen Sie die Perspektiven für den Flussspat-Abbau in der Käfersteige langfristig?
Wir haben Pachtverträge für 25 Jahre abgeschlossen – mit der Option auf eine Verlängerung um weitere 25 Jahre. Das gibt uns eine langfristige Perspektive. Im Schwarzwald gibt es vergleichbare Bergwerke, die seit über 100 Jahre in Betrieb sind. Natürlich erwarten wir nicht, dass unser Projekt so lange läuft, aber die langfristige Perspektive ist auf jeden Fall gegeben.
Simon Bodensteiner, Bergbau-Ingenieur mit internationaler Berufserfahrung – unter anderem bei Rio Tinto in Australien und der Deutschen Rohstoff AG – gründete 2018 den Mutterkonzern der DFG. Peter Geerdts sammelte viele Jahre Explorationserfahrung in Australien, der Mongolei und den USA. Mit einem Fokus auf nachhaltigem Abbau und innovativen Verfahren will die DFG einen bedeutenden Beitrag zur Rohstoffversorgung leisten und dabei an die lange Tradition des Bergbaus in der Region anknüpfen.
Dr. Ana Kugli