Volkswirtschaft und Konjunktur

Konjunktur­bericht Nord­schwarz­wald

Stimmung in der Wirtschaft vor Ort und bundesweit verhalten

Pforzheim, 01.02.2024  Nachdem sich die Stimmungslage der Wirtschaft sowohl im Bund wie in der Region Nordschwarzwald seit Mitte 2023 eingetrübt hat – deutschlandweit zeigte sich das mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in 2023 um 0,3 Prozent – steigen die Konjunkturerwartungen nun wieder leicht an. Bundesweit ermittelte Zahlen wie die des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW) und des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München (ifo Institut) mit einer aktuellen Prognose von 0,7 Prozent Wirtschaftswachstum in Deutschland für 2024 entsprechen dabei dem Trend der von der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald erhobenen regionalen Daten. Dazu hat die IHK Ende Dezember 2023 bis Ende Januar 2024 eine detaillierte Befragung bei rund 250 Unternehmen aus der Region durchgeführt.
Aktuell berichten 31 Prozent der regionalen Unternehmen von gut laufenden Geschäften. Im Herbst lag der Wert bei nur 19 Prozent, zuvor bei 37 Prozent. Zwar scheint seit Jahresbeginn 2023 der kontinuierliche Abwärtstrend damit gebrochen. Der Anteil der Unternehmen, die von einer befriedigenden Geschäftslage sprechen, hat sich aber um 11 Prozentpunkte auf knapp 50 Prozent reduziert, während immer noch knapp 20 Prozent von einer schlechten Geschäftslage sprechen. Im Herbst waren es ebenfalls 20 Prozent, im Frühsommer 2023 nur fünf Prozent.

Unterschiedliche Lagebewertung bei verhaltenen Aussichten

„Bei den Unternehmen zeigen sich große Unterschiede hinsichtlich der Lagebewertung. Eine klare Trendwende ist jedoch nicht erkennbar. Das zeigen die ‚durchwachsenen‘ Zahlen zu den Auftragseingängen und die eher verhalten eingeschätzten Geschäftsaussichten für die nächsten zwölf Monate“, so IHK-Präsidentin Claudia Gläser.
Verbuchten vor einem Jahr noch zwölf Prozent der befragten Unternehmen steigende Auftragseingänge, sind das aktuell nur 6,5 Prozent. Der Anteil mit gleichbleibendem Auftragseingang liegt nach der Verschlechterung über das Gesamtjahr 2023 bei nunmehr knapp 55 Prozent, 39 Prozent geben fallende Auftragseingänge ein. Hier lag der Wert im Herbst zehn Prozentpunkte höher, wobei zum Jahresbeginn 2023 der Wert nur bei 29 Prozent lag. Es kann also mit den über 2023 abgenommenen Auftragseingängen von einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau gesprochen werden.
„Die Stabilisierung auf einem niedrigeren wirtschaftlichen Niveau können wir nicht einfach hinnehmen. Im Gegenteil: Die Unzufriedenheit der Unternehmen ist groß – das zeigen die Antworten der Firmen und deren Bewertung der Risiken für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung“, sagt Tanja Traub, Hauptgeschäftsführerin der IHK Nordschwarzwald, weiter.

Bürokratie und Überregulierung machen den Unternehmen zu schaffen

Neben den vielen Hinweisen auf die permanente Zunahme der Bürokratielasten, die der IHK auch bei Beratungsgesprächen von Unternehmen eindrücklich geschildert werden, wird bei den Antworten in der regionalen Konjunkturbefragung auch die allgemeine Unzufriedenheit der Unternehmen mit der Politik der Bundesregierung deutlich. Dies deckt sich mit anderen aktuellen Erhebungen wie die vom Mittelstandsverbund, der zufolge mit 87 Prozent der antwortenden Unternehmen die überbordende Bürokratie als schwerwiegendster Grund für die abnehmende Standortattraktivität im internationalen Vergleich genannt wurde. 93 Prozent der Unternehmen nannten zudem den Abbau von Bürokratielasten und Berichtspflichten als höchste Priorität in der Regierungspolitik des Bundes, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
„Wir können aus der Praxis viele Beispiele aufführen, die diese Zahlen stützen. In unserer eigenen regionalen Untersuchung identifizieren wir drei Hauptrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Unternehmen – aus insgesamt zehn Kategorien. Diese umfassen die abnehmende Inlandsnachfrage, den Fachkräftemangel sowie die steigenden Energie- und Rohstoffpreise“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin.

Kleine Lichtblicke und besonderes Engagement der Unternehmen

Die Inflationsrate im Jahr 2023 lag lt. Statistischem Bundesamt ganzjährig betrachtet bei 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Entsprechend spüren die Unternehmen eine sinkende Inlandsnachfrage. Neben sinkenden Umsätzen wird die Ertragslage weiterhin als sehr schwierig bewertet. Im Vergleich zur letzten Erhebung im Herbst 2023 zeigen sich diese Werte nahezu unverändert: Knapp 20 Prozent beurteilen die Ertragslage als gut, 58 Prozent als befriedigend und 22 Prozent als schlecht – das sind übrigens knapp zehn Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Doch es gibt Lichtblicke: Das ifo Institut prognostiziert für 2024 eine deutliche Absenkung der Inflation auf nur noch 2,2 Prozent und auch die Deutsche Bundesbank rechnet damit, dass sich die Inflation in 2024 „mehr als halbieren“ wird.
„Die Unternehmen kämpfen mit den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Zusätzlich wird der Fachkräftemangel weiterhin als größtes oder zweitgrößtes Risiko für die eigene wirtschaftliche Entwicklung aufgeführt. Unsere Betriebe reagieren unter anderem mit verstärkten Aktivitäten in der Ausbildung auf die Situation. Wir verzeichnen im Jahr 2023 12 Prozent mehr Ausbildungsverhältnisse als im Vorjahr. Dies zeigt das außerordentlich große Engagement der Unternehmen, bei dem die IHK Nordschwarzwald sie bestmöglich unterstützen werden“, schließt IHK-Präsidentin Claudia Gläser.

Lage in ausgewählten Wirtschaftszweigen

Verarbeitendes Gewerbe

In der regionalen Industrie herrscht eine durchwachsene Stimmung. 24 Prozent berichten von gut laufenden Geschäften und 45 Prozent noch von einer befriedigenden Situation. Seit einem Jahr zeigt die Kapazitätsauslastung einen Rückgang von 85 Prozent auf 76 Prozent. Zuletzt berichteten lediglich acht Prozent der befragten Unternehmen einen Anstieg von acht Prozent im Auftragseingang, während dieser bei 55 Prozent unverändert blieb und bei 37 Prozent abnahm.

Tourismus

Im Tourismusgewerbe der Region herrscht eine recht positive Stimmung. Über 80 Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage, der Rest berichtet von einer befriedigenden Situation. Gleichwohl drücken die von den Unternehmen beschriebenen erwarteten Risiken. Die höheren Rohstoffpreise, die hohen Energiekosten und der Fachkräftemangel führen dazu, dass über 40 Prozent schlechter werdende Geschäfte erwarten und jeweils knapp 30 Prozent von gleichbleibender Geschäftslage oder einer sich verbessernden ausgehen.

Handel & Dienstleistungen

Die wirtschaftliche Lage im regionalen Handel und im Dienstleistungsbereich zeigt sich relativ stabil. 48 Prozent sprechen von einer befriedigenden Geschäftslage und sogar 42 Prozent von einer guten. Der Umsatz wird von knapp 46 Prozent der Unternehmen nur als befriedigend bezeichnet, wobei die Ertragslage nur bei 17 Prozent der befragten Firmen gestiegen, bei 67 Prozent gleichgeblieben und bei knapp 16 Prozent gefallen ist. Die wirtschaftliche Entwicklung in Unternehmen dieser Branche steht vor drei bedeutenden Risiken, die eng mit der Inflationslage einhergehen: die rückläufige Inlandsnachfrage, die steigenden Energiepreise und der Mangel an Fachkräften.