IHK lehnt kom­munale Ver­packungs­steuern ab

Wirtschaft warnt vor zusätzlicher Bürokratielast

Pforzheim, 18.03.2025. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nordschwarzwald spricht sich gegen die Einführung kommunaler Verpackungssteuern aus. Die Vollversammlung – das Parlament der regionalen Wirtschaft – beschloss dazu einstimmig ein zweiseitiges Positionspapier (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 90 KB), das die möglichen Auswirkungen umfassend analysiert. Das Fazit: Verpackungssteuern könnten erhebliche Belastungen für die regionale Wirtschaft mit sich bringen und stehen im unkoordinierten Zusammenspiel mit bestehenden Umweltmaßnahmen.

Umweltschutz und Abfallvermeidung: Verpackungssteuer ist der falsche Weg

„Abfallvermeidung und Umweltschutz sind auch für uns zentrale Anliegen. Doch die Verpackungssteuer ist der falsche Weg“, betont IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub. „Handel und Gastronomie sind bereits durch die nationale Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie sowie andere Vorschriften stark gefordert. Eine zusätzliche kommunale Verpackungssteuer würde die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe weiter verschärfen.“ Der Nutzen für die Müllvermeidung sei fraglich, im Gegenzug käme auf die ohnehin stark belasteten Betriebe eine Vielzahl an komplizierten Vorschriften zu. „Verpackungssteuern erweitern den Bürokratiedschungel“, warnt Traub.

Enorm hoher bürokratischer Aufwand

In der Tat wäre der bürokratische Aufwand enorm hoch: Die Abgrenzung zwischen steuerpflichtigen und nicht-steuerpflichtigen Verpackungen ist komplex, was zu Verwirrung bei Mitarbeitenden und Kunden führt. Ein Beispiel: Ein kalter Zwiebelkuchen wird beim Tübinger Modell nicht besteuert, der warme bei identischer Verpackung hingegen schon. Da der sofortige Verzehr aber das entscheidende Kriterium ist, müsste das Verkaufspersonal auch bei der Abgabe von kaltem Zwiebelkuchen rückfragen, ob dieses Stück sofort verzehrt wird. Bejaht der ehrliche Kunde die Frage, wäre Verpackungssteuer fällig. Diese penible Befragung gilt selbstverständlich auch fürs Fleischkäsweckle.

Verpackungssteuer führt zu höheren Preisen für Verbraucher

Für Kunden und Kommunen würde es jedenfalls teurer: Eine Verpackungssteuer führt zu höheren Preisen für Verbraucher. Doch auch die Kommunen selbst wären zusätzlich belastet: Die Erhebung und Kontrolle der Steuer erfordern erhebliche Ressourcen, die in vielen Kommunen bereits jetzt nicht ausreichend vorhanden sind. Dies könnte zu Ungleichheiten bei der Kontrolle und Durchsetzung führen.
Neben der Bürokratiebelastung spricht die fehlende Lenkungswirkung gegen die Steuer: „Verschiedene Studien zeigen, dass die Einführung einer Verpackungssteuer nicht zwangsläufig zu einer Verringerung des Abfallaufkommens führt. Das Verbraucherverhalten wird von vielen Faktoren beeinflusst“, macht Traub deutlich.

Regelungswirrwarr befürchtet

Nachdem die Kommunen, die eine Verpackungssteuer einführten, im Zuge einer Satzung selbst entscheiden, welche Einwegverpackung wie besteuert würde, könnte es über kommunale Grenzen hinweg zu einem aus Sicht der Kunden und Betriebe völligen Regelungswirrwarr kommen: „Das wäre Kleinstaaterei im 21. Jahrhundert. Eine weitere Steuer ist unzweckmäßig und führte zu Wettbewerbsverzerrungen. Es bestünde zudem die Gefahr eines Mülltourismus über kommunale Grenzen hinweg. Anstatt umweltpolitischer Symbolpolitik sollte der Fokus vor Ort vielmehr darauf liegen, wie wilder Müll tatsächlich vermieden und beseitigt werden kann. Hier sind intelligente Alternativen gefragt“, so Traub abschließend.