Allgemeine Wirtschaftspolitik
IHK im Austausch mit der Landespolitik: Gemeinsam für einen starken Wirtschaftsstandort
Die Wirtschaft im Nordschwarzwald steht unter Druck und braucht dringend andere Rahmenbedingungen. Diese zentrale Erkenntnis prägte das „Wirtschaftspolitische Jahresgespräch" der IHK Nordschwarzwald, das im IHK-Haus in Pforzheim stattfand. IHK-Präsidentin Claudia Gläser machte es deutlich: „Der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg leidet – das spüren wir auch hier im Nordschwarzwald.“ Als Gastredner konnte die IHK den Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Manuel Hagel MdL, gewinnen.
Wirtschaft und Landespolitik im Dialog: Manuel Hagel MdL (Bildmitte) mit (von links nach rechts) IHK-Hauptgeschäftsführerin Tanja Traub, IHK-Präsidentin Claudia Gläser, Vizepräsident Jan Weber, Vizepräsidentin Petra Bauknecht sowie den Vizepräsidenten Patrick Stöber und Klaus Sämann
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Wirtschaftslage ernst – IHK fordert klare Perspektiven
Pforzheim, 10.02.2025. Die Hauptgeschäftsführerin der IHK Nordschwarzwald, Tanja Traub, führte mit den aktuellen Ergebnissen der regionalen Konjunkturbefragung in die Diskussion ein: „Seit zwei Jahren geht es abwärts. Die Stagnation ist einer Rezession gewichen.“ Nur 24 Prozent der Unternehmen im Nordschwarzwald bewerteten ihre Geschäftslage im Januar 2025 als gut, während 19 Prozent sie als schlecht und 57 Prozent als befriedigend einstuften – und das vor dem Hintergrund einer anhaltenden Abwärtsbewegung. Besonders problematisch seien die hohen Arbeitskosten und die schwache Inlandsnachfrage.
Manuel Hagel nahm diese Herausforderungen direkt auf: „Eine gute Zukunft für unser Land gibt es nur, wenn es der Wirtschaft gut geht.“ Er betonte, dass es klare Investitionsschwerpunkte in Bildung, Forschung und Infrastruktur brauche, um Baden-Württemberg als Innovationsstandort zu stärken. Zudem sprach er sich für Technologieoffenheit im Energiesektor aus und forderte die Rückkehr zu mehr Eigenverantwortung des Einzelnen und die Entfesselung des Unternehmertums, um die Chancen auch jüngerer Unternehmen im internationalen Vergleich zu erhöhen und Unternehmensnachfolgen wieder attraktiver zu machen.
Bürokratieabbau als zentrales Anliegen
Das Top-Thema des Abends waren die Vermeidung und der Abbau von Bürokratie. IHK-Präsidentin Gläser brachte es deutlich auf den Punkt: „Man könnte sich täglich über neue Auflagen und Berichtspflichten ärgern.“ IHK-Vizepräsident Patrick Stöber kritisierte: „Im Vergleich mit den Vereinigten Staaten sind wir einfach zu langsam. In Deutschland werden oft noch zusätzliche bürokratische Hürden geschaffen. Wir legen auf die europäischen Vorgaben immer noch was drauf“. Sein Vizepräsidenten-Kollege Jan Weber forderte beispielsweise eine Reform der Landesbauordnung zur Schaffung von mehr Wohnraum sowie grundsätzlich eine Überprüfung der Verwaltungseffizienz. „Aus meiner Sicht ist das föderale Verwaltungssystem kaum noch reformierbar. Es fehlt der Politik der Mut, einfach mal eine Regelungslücke zuzulassen. Um die Verwaltungspraxis wirtschaftsfreundlicher zu gestalten, brauchen wir eine Jahrhundertreform“, so Weber.
Erstaunlich deutlich zeigte sich hier auch Manuel Hagel: „Ich kann mir sogar die Abschaffung von Verwaltungsebenen vorstellen, um die Verwaltung übersichtlicher und effizienter aufzustellen.“ Und er gab konkrete Beispiele für die Erzielung von mehr Verwaltungseffizienz. In Zusammenarbeit mit zwei baden-württembergischen IT-Unternehmen, die grundsätzlich gerne für ein großes Pilotprojekt bereitstünden, könne eine zentrale Anlaufstelle für den sicheren Austausch von Daten geschaffen werden, eine „One-Stop-Agency“. „Wir verlangen von Unternehmen wie Bürgern zum Teil drei oder fünf Mal die gleichen Daten von unterschiedlicher Stelle; und dann dürfen und können staatliche Stellen die Daten einander nicht direkt zur Verfügung stellen, das versteht doch kein Mensch. Das muss einfacher gehen“, so Hagel. Hier passiere zu wenig, obwohl die Zustimmung und Dokumentation bei erfolgtem Datenaustausch einfach sicherzustellen wären – „auf baden-württembergischen Servern mit baden-württembergischer Software“ – ging er bei diesem Vorschlag weiter ins Detail. „Da braucht keiner Angst haben. Wir könnten als Land Vorreiter werden und auch für die höheren politischen Ebenen Beispiel geben“, so Hagel. Mit diesem und weiteren Lösungsansätzen erntete der Landespolitiker großen Zuspruch.
Fazit: Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam anpacken
„Das Wirtschaftspolitische Jahresgespräch zeigte eindrucksvoll, dass der Dialog zwischen Wirtschaft und Politik wichtiger denn je ist. Dabei soll es nicht nur um Kritik gehen, sondern auch um konstruktive Lösungswege aus der Krise. Die IHK Nordschwarzwald bleibt weiter am Ball, um die Interessen der regionalen Unternehmen zu vertreten und konkrete Verbesserungen zu erwirken“, fasste es Claudia Gläser zusammen. „Wir brauchen weniger Bürokratie, mehr Innovationsförderung und eine vorausschauende Standortpolitik – nur so bleibt Baden-Württemberg wettbewerbsfähig“, schloss die IHK-Präsidentin.
Das Wirtschaftspolitische Jahresgespräch wurde von Dr. Julia Hagel moderiert.