Corporate Social Responsibility

Corporate Social Responsibility im Mittelstand - CSR

Hype oder Trend?

Pforzheim, 15.04.2013.  Gerade der Mittelstand fragt sich, ob es sich dabei nur wieder um einen kurzfristigen Hype und eine Erfindung der Werbeagenturen handelt oder um einen echten Trend, dem ein gesellschaftlicher Wertewandel zu Grunde liegt.
Um dieser Frage beantworten zu können, gilt es, zuerst einmal die verschiedenen Begrifflichkeiten zu klären. Heute wird CSR und Nachhaltigkeit meist synonym verwendet, weil die an der Umwelt orientierte Nachhaltigkeitsdiskussion um soziale Aspekte erweitert wurde. Die Europäische Kommission definiert CSR dann auch als "Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren". Doch es bleibt noch viel zu tun, denn nach der Wertestudie "Ethik-Monitor" der Stiftung für ethisches Handeln spricht über die Hälfte der Bevölkerung der Wirtschaft das Interesse am Gemeinwohl ab. Kein Wunder also, dass CSR erst recht nach der Finanzkrise, die insbesondere durch die Verantwortungslosigkeit vieler Manager ausgelöst wurde, als wichtiger Bestandteil einer "neuen" Ökonomie ins Spiel gebracht wird.

CSR-Management als wichtiger Erfolgsfaktor

Wirtschaft findet nicht im luftleeren Raum statt. In einer hochgradig vernetzten Welt können sich Unternehmen nicht mehr auf rein egoistische Zielsetzungen beschränken. Außerdem ist der Verbraucher aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und erwartet von den Unternehmen nicht nur funktionale Produkte zu einem entsprechenden Preis, sondern auch Verantwortung und moralisches Handeln. Die Konsumenten orientieren sich neu und kaufen wesentlich bewusster ein. Die Bewegung der so genannten Lohas (Lifestyle of Health and Substainability) unterstreicht diese Entwicklung. Fehlverhalten wird von den Medien sofort angeprangert. Vor diesem Hintergrund sind eine erfolgreiche Marktpositionierung und ein rentables Wirtschaften ohne ein adäquates CSR-Management in Verbindung mit entsprechender Kommunikation nur noch schwer möglich.

CSR darf kein Green- bzw. Whitewashing sein

Was bedeutet CSR ganz konkret? Konzerne führen in ihren Nachhaltigkeits- und CSR-Berichten oft einen bunten Strauß von Maßnahmen auf: Stiftungen, Sport- und Kultursponsoring, Spenden für caritative Einrichtungen, Umweltprojekte, und vieles andere mehr. Die Brauerei Krombacher wurde durch ihr Regenwaldprojekt bekannt und der Autokonzern VW durch sein Engagement mit dem Naturschutzbund Nabu für die Wiederansiedlung der Wölfe. Anderes, was aktuell als CSR verkauft wird, kann schlicht als Green- bzw. Whitewashing bezeichnet werden. Ein Unternehmen, das seine Mitarbeiter ausbeutet, um anschließend ein Sozialprojekt zu unterstützen, übt sicherlich keine soziale Verantwortung aus. Und Firmen, die auf Grund laxer Umweltschutzauflagen in Entwicklungsländern ihre Produktion dorthin auslagern, das heimische Fabrikdach aber mit einer Solaranlage ausstatten, sind weit entfernt von nachhaltigem Wirtschaften. Beim Mittelstand kann meistens von aufrichtigen Ansätzen ausgegangen werden, allerdings ist vieles an den persönlichen Interessen des Geschäftsführers ausgerichtet. Da werden schon mal das örtliche Theater und ein Kindergarten unterstützt. Oder der Tennisclub erhält ein neues Vereinsheim.

CSR ist mehr als Sponsoring

Das Social-Sponsoring mittelständischer Unternehmer in Ehren. Aber die Unterstützung von Einzelprojekten darf nicht mit CSR gleichgesetzt werden. Es geht im Kern vielmehr darum, Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, die fair erzeugt werden, umweltverträglich sind und den Menschen dienen. Es geht also nicht um einzelne gute Taten, sondern um eine im ganzen Unternehmen verankerte Haltung und strategische Ausrichtung. Dabei steht das Kerngeschäft des Unternehmens im Mittelpunkt. Ergänzender Maßnahmen wie aus dem Bereich Corporate Citizenship, die nicht unmittelbar die Wertschöpfungskette betreffen, runden CSR nur ab.

Best Practice im Mittelstand

Dass auch mittelständische Unternehmen ein sinnvolles CSR-Maßnahmenpaket schnüren können, zeigt ein Beispiel aus Berlin: Die Wall AG gehört zu den führenden Anbietern hochwertiger Stadtmöblierungsprodukte mit beleuchteter Plakatwerbung. Das Unternehmen ist seit mehr als 20 Jahren in der Region ansässig und beschäftigt etwa 450 Mitarbeiter. Die Geschäftsleitung und die Beschäftigten identifizieren sich stark mit dem Standort und fühlen sich verpflichtet, auch jenseits des Werktors Verantwortung zu übernehmen. Dabei konzentriert man sich auf die Bereiche "Denkmalschutz und Stadtgestaltung" sowie "Bildungs- und Kulturförderung". Neben finanziellen Mitteln stellt das Unternehmen Werbeflächen, personelle Ressourcen und Know-how zur Verfügung.

Engagement im Zusammenhang mit Kerngeschäft

Das Engagement im stadtgestalterischen Kontext ist eine direkte Verknüpfung mit dem Kerngeschäft der Wall AG. Zu den Projekten gehören die Finanzierung der Weihnachtsbeleuchtung auf dem Kurfürstendamm, die Sanierung und Wartung von Brunnenanlagen, die Reinigung von Grünanlagen, die Pflege historischer Denkmäler und die Errichtung von Mahn- und Gedenkorten. Für die Förderung kultureller Einrichtungen stellt das Unternehmen kostenlos Plakatflächen zur Verfügung. Die langlebigen Stadtmöblierungsprodukte des Unternehmens werden schadstofffrei und recycelbar produziert. Für ihre Reinigung und Wartung werden umweltverträgliche und biologisch abbaubare Reiniger eingesetzt. Werbeanlagen stattet das Unternehmen mit einem Reflektorensystem und Energiesparlampen aus. Um CO2-Emissionen zu senken setzt die Wall AG auf Erdgasfahrzeuge. Das Unternehmen entwickelte sogar eine Bushaltestelle, in deren Dach eine Photovoltaikanlage integriert ist.

CSR als Sicherung der Zukunftsfähigkeit

Der Stadtmöblierer und Außenwerber hat sich das Unternehmensmotto "Für Städte. Für Menschen." auf die Fahnen geschrieben und versteht CSR als Sicherung der Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens. Sein gesellschaftliches Engagement ist fest in seiner Unternehmenskultur verankert. Das Unternehmen setzt für sein CSR jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag ein, der rund 10 Prozent des Umsatzes beträgt. Für seine Aktivitäten wurde das Unternehmen mit etlichen Preisen ausgezeichnet, darunter auch der Deutsche Preis für Wirtschaftskommunikation in der Kategorie "Corporate Social Responsibility".

CSR und Wirtschaftlichkeit sind keine Gegensätze

Da Unternehmen im Allgemeinen nicht aus Altruismus handeln, stellt sich gerade für den Mittelstand immer auch die Frage: "Wie rechnet sich das?" Und hier zeigt sich der Unterschied zwischen einem unsystematischen Sponsoring und einem professionellen CSR-Konzept. Eine glaubwürdige CSR-Strategie unterstützt die Markenbildung, liefert PR-Inhalte, senkt die Werbeausgaben, fördert die Mitarbeitermotivation, unterstützt das Recruiting, und ist nicht zuletzt auch Umsatztreiber. Denn Glaubwürdigkeit und Verantwortung haben Konjunktur. In den nächsten Jahren werden breite Bevölkerungsschichten ihre Sympathien für Marken und Produkte immer stärker nach der "Ethical Correctness" vergeben. CSR und Wirtschaftlichkeit sind also keine Gegensätze. Und damit ist auch die Eingangsfrage beantwortet: CSR ist kein kurzfristiger Hype, sondern eine dem gesellschaftlichen Wertewandel geschuldete Unternehmensstrategie.

Zwölf Regeln für die Erarbeitung einer CSR-Strategie:

  1. Das Umweltverhalten des Unternehmens überprüfen und laufend verbessern (Produktions- und Transportverhalten, Energieeinsparung, Abfallminimierung bzw. -vermeidung, Recycling, Schutz der natürlichen Umgebung, Förderung von umweltfreundlichen Wegen zum Arbeitsplatz wie ÖPNV, Fahrrad und Fahrgemeinschaften).
  2. Umweltprojekte unterstützen und initiieren (Mitgliedschaft in Initiativen und Verbänden).
  3. Umweltziele festgelegen und überwachen (evtl. Zertifizierung).
  4. Umwelteinflüsse bei der Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen beachten (Ressourcenverbrauch, CO2 Ausstoß, Recyclingfähigkeit).
  5. Guideline für den Umgang mit Kunden und Lieferanten festlegen (Reklamationsverhalten, Preispolitik, Zahlungsmoral, Vertragstreue, Transparenz und Fairness in der Produktion).
  6. Qualitätsmanagementsystem installieren (ISO 9000, SA 8000, ISO 14001, EMAS, Sozialgütesiegel, Best Place to work).
  7. Für das Gemeinwesen in der Kommune engagieren (Soziales, Kultur, Sport).
  8. Initiativen für den Arbeitsmarkt unterstützen und anstoßen (Ausbildungsplätze, Beschäftigungsmöglichkeiten für benachteiligte Personen, innovative Arbeitsmodelle).
  9. Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten anbieten und fördern, auch für ältere Arbeitnehmern (Qualifizierungsbudgets, Workshops, Förderung der Fach- und Sozialkompetenz, Personalentwicklung).
  10. Modelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben einrichten (Flexible Arbeitszeiten, Tele- bzw. Heimarbeit, Kinderbetreuungsangebote, Möglichkeiten der Beschäftigungsunterbrechung).
  11. Mitarbeiter ernst nehmen und Wertschätzung deutlich machen (Vorschlagswesen, Erfolgsbeteiligung und Beteiligungsmöglichkeiten am Unternehmen, Mitarbeiterzeitschrift, Mitarbeiterfeste und -ausflüge)?
  12. Angebote zum Arbeits- und Gesundheitsschutz machen (Berücksichtigung der Mitarbeiterhinweise beim Arbeitsschutz, Unterstützung von Sportaktivitäten, Rückenschule, Ernährungsberatung, Anreizsysteme für Nichtraucher, Obstkörbe und Mineralwasserstationen)?
© Ulrich Erler.