Regionale Innovationsstrategie

Strategische Ansätze für die Innovationsförderung in der Region Nordschwarzwald

Regionale Entwicklung und Innovationsmanagement

Pforzheim, 23.10.2018. Seit einigen Jahren widmet sich die Region Nordschwarzwald verstärkt dem Thema regionale Entwicklung und Innovationsmanagement z.B. mit der Entwicklungsstrategie 2030 der IHK Nordschwarzwald (2012/2013) und mit dem Regionales Entwicklungskonzept (REK), das von der WFG im Rahmen des RegioWIN-Wettbewerbs (2015) erarbeitet wurde. Auch die Workshop-Reihe "Entrepreneurial Discovery Workshop" (EDW) wurde in Zusammenarbeit mit der Clusteragentur Baden-Württemberg in der Region angestoßen (2017-2018), um künftige Innovationen bei Unternehmen zu fördern. Ziel aller Aktivitäten ist, das Innovationsgeschehen in den Unternehmen zu fördern. Dazu passt die geplante Fortschreibung der Entwicklungsstrategie "Nordschwarzwald 2030 plus" (2018f).
Als LEAD-Partner des Regionalen Entwicklungskonzepts (REK - sogenannte RegioWIN- Strategie) der Region Nordschwarzwald sichert die WFG die regionale Entwicklungs- und Innovationsstrategie. Oberziel des REKs mit der Überschrift "Nordschwarzwald: Spitzenregion der Präzisionstechnik und der nachhaltigen Werkstoffe" ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sowie erfolgreiche Positionierung der Region im Standortwettbewerb.
Das Land Baden-Württemberg hat mit der Explorations- und Moderationsstudie "Regionale Innovationssysteme in Baden-Württemberg - Bestandsaufnahme und Schlussfolgerungen" von Prognos/ZEW (veröffentlicht 13.04. 2018) die Verzahnung zwischen regionaler Wirtschaftspolitik und der Innovationssysteme analysiert und einzelnen Regionen untersucht. In der Region Nordschwarzwald hat der entsprechende Workshop im Juni 2017 stattgefunden. Fakt ist, dass sich in den letzten Jahren eine sinkende Innovationsleistung von KMU in Deutschland und Baden-Württemberg zeigt, während die Innovationsausgaben von Großunternehmen im gleichen Zeitraum überdurchschnittlich gewachsen sind. Ziel dieser Moderations- und Explorationsstudie war es herauszuarbeiten, inwiefern durch eine zielgerichtete Vernetzung von Intermediären in den regionalen Innovationssystemen die Innovationskraft von KMU gesteigert werden kann.

Aspekte und Handlungsempfehlung der Studie

  • Gemessen an einem aggregierten Indikator unterscheidet sich das Niveau der Innovationsleistungen der ansässigen KMU in den 12 Regionen Baden-Württembergs kaum, es werden überall im deutschlandweiten Vergleich sehr gute oder überdurchschnittliche Werte erreicht.
  • Oftmals bestehen nur oberflächliche Kenntnis über andere Intermediäre bzw. kein tieferes Wissen hinsichtlich des Leistungsportfolios und der Zielgruppen der anderen Intermediäre.
  • Fehlende Einführung von neuen Intermediären (u.a. Fluktuation von Mitarbeitern) in das jeweilige regionale Innovationssystem und fehlender systematisch aufbereiteter Überblick über die Organisation und Vernetzungsstruktur der Intermediäre.
  • Wenig bis gar keine Absprachen zur Arbeitsteilung zwischen Intermediären sowie gewisse Doppelstrukturen und Ineffizienzen bei der Bearbeitung von Anfragen und Anliegen der Unternehmen/KMU,
  • Wenig gemeinsames Agieren der Intermediäre ("Einzelkämpfer statt Teamplayer").
  • Kenntnis und Zusammenarbeit mit Nachbarregionen ist mehrheitlich schwach ausgeprägt, vorhandene Schnittstellen und komplementäre Angebote werden wenig genutzt, die zeitlichen und personellen Ressourcen der Intermediäre sind mehrheitlich knapp und jeder Intermediär hat durch seinen Auftraggeber definierte Tätigkeiten und Aufgabenfelder, dabei treten teilweise Interessenskonflikte und Konkurrenzdenken unter den Intermediären in den Regionen auf und beeinträchtigen die Kooperationen.
  • Der Zugang zu wissenschaftlichen Partnern und Angeboten gestaltet sich für Unternehmen, insbesondere für KMU, teils schwer (u.a. fehlender Überblick über mögliche Kooperationspartner, wenig bis keine Berührungspunkte, teils Kommunikationsschwierigkeiten durch ein unterschiedliches Begriffsverständnis). An dieser Stelle könnten Intermediäre gemeinsam stärker Unterstützung anbieten.
  • Austausch und Zusammenarbeit der Intermediäre findet vorwiegend nur punktuell und zeitlich begrenzt statt, wenig zielgerichtete und langfristige strategische Vernetzung z.B. zur gemeinsamen Identifizierung und Aktivierung neuer Innovationspotentiale (u.a. Querschnittsthemen, Transformationspotentiale).
  • Neben Empfehlungen, die direkt die Landespolitik adressieren, wurden Handlungsempfehlungen sowie konkrete Arbeitshilfen zur Umsetzung in Richtung der Intermediäre in den regionalen Innovationssystemen in folgenden drei Bereichen entwickelt:

Handlungsempfehlungen sowie konkrete Arbeitshilfen zur Umsetzung in Richtung der Intermediäre in den regionalen Innovationssystemen

1. Regionale Innovationspotentiale aktivieren:

Hierbei liegt der entscheidende Hebel und Mehrwert im gemeinsamen Erkennen
und Aktivieren von (neuen) Innovationspotentialen durch:
  • strategische und stärkeorientiere Weiterentwicklung der regionalen Kompetenzfelder, orientiert an relevanten Zukunftstrends,
  • die frühzeitige Ableitung von Transformationsbedarfen- und potentialen sowie, die zielorientierte Identifizierung von neuen Themenkompetenzen/Stärkefeldern in den Schnittstellen von Branchen, Technologien und Kompetenzen (insb. cross-clustering).
  • Ein gemeinsames und zielgerichtetes Agieren und Vernetzen der Intermediäre in diesen Bereichen ist insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell oft fehlenden Zeit und Ressourcen der KMU für eine Weiterentwicklung und zukünftige Ausrichtung von Bedeutung.

2. Regionale Innovationsprozesse beschleunigen:

Hierbei kommt es darauf an, eine Stärkung des Innovationstransfers zwischen Unternehmen/ KMU und Wissenschaft, aber auch unter den Unternehmen/KMU durch weitere Vernetzung der Wissenschafts- und Transferakteure zu verbessern und zu beschleunigen. Folgende zentrale Ansatzpunkte wurden hierbei identifiziert:
  • (Ausbau der) Nutzung von Cluster-Initiativen / Netzwerken für gezielten, organisierten und thematisch spezialisierten Innovationstransfer,
  • Wissenstransfer durch Innovationsforen bzw. kleine Innovationsworkshops zur fokussierten Kontaktanbahnung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in ausgewählten Potenzialthemen,
  • stärkere Begleitung der KMU vom Anfang bis zum Ende eines Innovationsprojektes durch Intermediäre,
  • engerer Austausch von Transferstellen und stärkere Koordination,
  • stärkerer Wissenstransfer und Kontaktaufbau zur Wissenschaft durch Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten zwischen KMU und Hochschulen.
  • Eine koordinierte und gemeinsame Unterstützung von Seiten der Intermediäre hinsichtlich eines schnellen und passfähigen Wissens-/Innovationstransfers ist insbesondere für KMU wichtig, da diesen oftmals der Überblick über die komplexe Wissenschaftsszene fehlt sowie teils Berührungsängste aufgrund fehlender Erfahrungen bestehen.

3. Regionale Innovationssysteme weiterentwickeln:

Hierbei kommt der Steigerung der Transparenz und Herstellung einer effizienten Arbeitsteilung und Organisation ein entscheidender Beitrag zu. Dies kann erreicht werden indem:
  • der Überblick zwischen den Intermediären (z.B. durch Daten- und Kontaktbanken) verbessert, erhöht und langfristig gesichert wird und die Ausgestaltung der Arbeitsteilung, Prozessabläufe und Organisation zwischen den Intermediären, u.a. durch gemeinsame Absprachen und die Etablierung zentraler Akteure bzw. Koordinatoren ("Spinne im Netz"), effizienter gestaltet, koordiniert und eindeutig festgelegt wird.
  • Ein hohes Niveau an Transparenz ist eine grundlegende Voraussetzung für eine effiziente Zusammenarbeit der Intermediäre. Dadurch und durch die Herstellung einer effizienten Arbeitsteilung und Organisation können KMU-Anfragen schneller, passfähiger, koordinierter und effizienter bearbeitet werden (quick wins für KMU). Zusätzlich sind diese Aspekte eine wichtige Basis für den Aufbau eines gemeinsamen, eingespielten Netzwerkes (regional governance).

Innovationspolitik

Durch eine passgenaue Innovationspolitik haben Politik und Verwaltung auf der Ebene der unterschiedlichen Gebietskörperschaften die Möglichkeit, die Innovationsleistung in beiden Subsystemen unter fach-als auch regionalpolitischen Intentionen zu befördern, auszubauen und weiterzuentwickeln.

Vergleich der Innovationsleistungen der Regionen im Land

Bei Betrachtung auf Ebene der 12 Planungsregionen sind jedoch deutliche Unterschiede festzustellen. Auf den vordersten Plätzen liegen die Regionen Stuttgart, Rhein-Neckar und Donau-Iller. Die Regionen Südlicher Oberrhein, Nordschwarzwald und Hochrhein-Bodensee weisen entsprechend dem Gesamtindex die geringste Innovationsleistung innerhalb Baden-Württembergs auf.

Woher kommen Innovationen?

Innovationen sind demnach das Resultat eines komplexen Interaktionsprozesses zwischen den Subsystemen der Wissensgenerierung und -diffusion sowie der Wissensanwendung und -verwertung. Intermediäre tragen durch eine Vielzahl von Vernetzungs-, Beratungs- und Unterstützungsleistungen zum Gelingen von Innovationsprozessen in einer Region bei. In einem funktionierenden regionalen Innovationssystem führt die vertrauensbasierte Vernetzung der Innovationsakteure zur Herausbildung einer gemeinsamen Wissensbasis.

Verschiedene vergleichende Innovationsmerkmale der Regionen











Vergleich der Kapazitäten von Innovations-Intermediären

Ansatzpunkte der Analysen

  • Die Analysen zeigen ein gewisses Defizit bei der Zusammenarbeit zwischen innovativen KMU un der Wissenschaft im Ländlichen raum (d.h. abseits der zentralörtlichen Gebiete). Hier können Foren zur Kontaktanbahnung zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen weiterhelfen. Darüber hinaus würden solche Kontate auch einen Beitrag zurt Verbesserung des Zugangs der Unternehmen zum Arbeitsmarkt für Akademiker leisten.
  • Die Erfordernisse der Digitalisierung stellen zwar einen Querschnittsbereich bzw. für alle KMU ein wichtiges Zukunftsfeld dar. Aber abgesehen von der Dateninfrastruktur wie Breitbandverkabelung sind die konkreten Herausforderungen, denen sich die Unternehmen gegenüber sehen stark branchen- technologie- bzw. geschäftsfeldbezogen. Die Unterstützung von Digitalisierungsstrategien der KMU spezifisch auf Ihre Probleme bezogen ist ein weiteres Beispiel für themenbezogene Kooperationen von Intermediären
  • Ein weiterer Ansatzpunkt für Intermediäre in den Regionen abseits der Metropolen liegt in der Verbesserung der Attraktivität der Region als Lebensmittelpunkt für Personen mit knappen Qualifikationen. Hier können auch konzertierte "Roadshows" an Hochschulen, Auftritte bei Messen oder beispielsweise "Starter-Pakete" für potenzielle Zuziehende einer solchen Strategie sein.
Quelle: Prognos AG.

Entrepreneurial Discovery Workshop (EDW)" mit der Cluster-Agentur Baden-Württemberg

Für die bestehenden regionalen Entwicklungskonzepte gilt es nun den Prozess einer zukunftsfähigen und innovationsorientierten Regionalentwicklung voranzutreiben, um sich künftig auf wirtschaftsstrukturelle Veränderungen einstellen zu können. Dazu gilt es, die verschiedenen Interessenslagen aus Politik, Wirtschaft und Forschung zu vereinen, um eine passfähige Weiterentwicklung der Entwicklungsstrategie zu ermöglichen. Zudem ist es wichtig Aktivitäten und Maßnahmen zu finden, die auf den spezifischen Eigenschaften der Region Nordschwarzwald basieren, um die Unternehmen konkret bei den kommenden Herausforderungen aktiv zu unterstützen.
Mit dem "Entrepreneurial Discovery Workshop (EDW)" als innovatives Beteiligungsinstrument bietet sich den regionalen Innovationspartnern die Möglichkeit, die strukturverändernde Prozesse und Trends gemeinsam zu identifizieren und potentielle Auswirkungen auf die Region zu diskutieren. Das wurde in bisher 3 Workshops gemacht (2017-2018). Grundlagen des EDW sind die innovationsrelevanten Stärkefelder (Cluster), welche die Region Nordschwarzwald auszeichnen. Basierend auf diesen Stärken und unter Berücksichtigung relevanter Innovationstrends besteht das Ziel des EDW darin, die strukturverändernden Prozesse (transformative actions) zu identifizieren, die für die ansässigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen von besonders großer Relevanz sind. In Kenntnis dieser strukturveränderten Prozesse können dann zukünftig regionale Entwicklungspotentiale und damit verbundenen Maßnahmen abgeleitet, sowie die Rolle der Cluster-Initiativen in der Region geschärft werden. Der EDW leistet auch einen Beitrag, die Alleinstellungsmerkmale der Region Nordschwarzwald konkret herauszuarbeiten.
Die von der Clusteragentur BW identifizierten Innovationsfelder sind:
  • Intelligente Produktion
  • Werkstoffe für Produktion und Energiespeicherung
  • Energie- & ressourceneffiziente Fertigungsverfahren
  • nachhaltiger Tourismus / nachhaltiges Wirtschaften
  • Industrie - Design

Stärkefelder und mögliche Innovationsschwerpunkte in der Region

Stärkefelder mit Innovationspotential

Regionalentwicklung von Themen über Stärkefelder, Innovationsfelder und Leitthemen

Folgerung und Umsetzung durch Aktionsplan Nordschwarzwald

Förderprogramm des Landes zum regionalem Innovationsmanagement und Prämierung des Konzepts RegioINNO Nordschwarzwald

Die bisherigen Aktivitäten werden ergänzt durch den am 05.10.2018 prämierten Antrag zur Ausschreibung des Wirtschaftsministeriums vom 26.03.2018: "Förderung von regionalem Innovationsmanagement in Baden-Württemberg" mit der Einrichtung einer zentralen Koordinationsstelle der Innovationsintermediären "Regionales Innovationsmanagement" mit folgenden Maßnahmen:
  • Schaffung eines sektorübergreifenden Arbeitskreises "Innovation"
  • Themenspezifische Workshops zu Zukunftsthemen (Fortsetzung EDW-Workshop-Reihe)
  • Innovations- und Trend-Scouting
  • Innovationsbezogene Veranstaltungen
  • Besuch von wissenschaftlichen Instituten / Laboren in der Region sowie in den Nachbarregionen (z.B. Freiburg /Karlsruhe / Stuttgart / Reutlingen) zur Stärkung der Vernetzung mit starken Nachbarregionen im wissenschaftlichen Bereich
  • Initiierung und Begleitung von Kooperationsprojekten
  • Marketing und Kommunikation
Ziel aller Projekte und Aktivitäten: das Thema Innovation und Technologietransfer im Mittelstand weiter voranzubringen.
Region Nordschwarzwald, 23.10.2018
Jochen Protzer, Geschäftsführer Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald