Schweiz: Meldepflichten

Aufgrund des zwischen der Schweiz und der Europäischen Union abgeschlossenen Abkommens über die Personenfreizügigkeit können selbstständig erwerbstätige Dienstleistungsunternehmen und ihre Mitarbeiter während 90 Arbeitstagen im Kalenderjahr ohne ausländerrechtliche Bewilligung in der Schweiz arbeiten. Allerdings besteht eine Meldepflicht. Für Arbeitseinsätze, die 90 Tage pro Kalenderjahr überschreiten, ist immer und für jede einzelne Person separat eine Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung mit Erwerbstätigkeit bei der zuständigen kantonalen Arbeitsmarktbehörde einzuholen (Bewilligungsverfahren).

Meldepflicht

Die Meldepflicht besteht grundsätzlich für Arbeitseinsätze bis zu 90 Tagen. Längere Einsätze sind bewilligungspflichtig.

Berechnung der meldefreien Tage (90 Arbeitstage)

Meldefreie Tage und maximale Tätigkeitsdauer von 90 Tagen beziehen sich sowohl auf das Entsendeunternehmen als auch auf die entsandten Arbeitnehmer. Die Anzahl der Arbeitnehmer, die während der Beschäftigungsdauer gleichzeitig entsandt werden, wirkt sich hingegen nicht auf die Gesamtzahl der berechneten Arbeitstage für das Unternehmen aus.
Entsendet eine Firma an 5 Tagen jeweils 3 Mitarbeiter, so hat die Firma 5 Tage „aufgebraucht“. Für das „Guthaben“ der Firma ist es unerheblich, wie viele Mitarbeiter sie an einem bestimmten Tag gleichzeitig entsendet.
Wurde ein Mitarbeiter bereits für 90 Tage von einem Unternehmen in die Schweiz entsandt, so kann ihn kein anderes Unternehmen für weitere Einsätze im selben Kalenderjahr in die Schweiz entsenden. Der Mitarbeiter hat sein Guthaben von 90 Tagen aufgebraucht.
Weitere Informationen und Berechnungsbeispiele finden Sie auf der Webseite der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Ausnahmen

Acht Tage im Kalenderjahr bleiben grundsätzlich meldefrei. Dies jedoch nur dann, wenn das Unternehmen bislang noch nie eine Entsendemeldung in die Schweiz getätigt hat und wenn davon auszugehen ist, dass das Unternehmen auch für das restliche Kalenderjahr weniger als acht Einsatztage haben wird. Darüber hinausgehende Tätigkeiten in der Schweiz müssen gemeldet werden.
Vom ersten Tag meldepflichtig bleiben auch weiterhin alle selbstständigen Dienstleistungserbringer und entsandten Arbeitnehmer aus den EU-/EFTA-Staaten mit einer Erwerbstätigkeit im
  • Bauhaupt- und Baunebengewerbe (der Begriff des Baunebengewerbes wird jedoch relativ weit ausgelegt. Im Zweifelsfall kann bereits die Verwendung von einfachen Bauwerkzeug genügen)
  • Garten- und Landschaftsbau
  • Gastgewerbe (inkl. Hotelgewerbe)
  • Reinigungsgewerbe in Betrieben und Haushalten
  • Überwachungs- und Sicherheitsdienst
  • Reisendengewerbe (Ausnahme: Messen und Zirkusse)
  • Erotikgewerbe
Nicht alle Tätigkeiten in der Schweiz sind meldepflichtig. Werden ausschließlich “nicht-produktive” Tätigkeiten ausgeübt, so muss für die Entsendung keine Meldung erfolgen. Weitere Informationen und Beispiele, welche Tätigkeiten meldepflichtig sind und welche nicht, finden Sie in den Weisungen des Staatssekretariats für Migration SEM nebst Anhängen.
Die Kontaktdaten der kantonalen Migrations- und Arbeitsmarktbehörden finden Sie ebenfalls online.

Meldeverfahren

Die Online-Registrierung erfolgt in zwei Schritten:
  1. Zunächst ist die Benutzerregistrierung mittels CH-Login auf der Webseite Easygov.swiss notwendig
  2. In einem zweiten Schritt muss im Easygov Benutzerkonto das Unternehmen verknüpft werden. Hierzu benötigt Ihr Unternehmen eine Schweizer UID (Unternehmensidentifikationsnummer). Falls Sie über keine UID-Nummer verfügen, beantragen Sie diese schnellstmöglich. Der UID-Antragsprozess dauert bis zu 14 Tagen. Ohne UID kann keine Meldung der einzelnen Einsätze in der Schweiz online vorgenommen werden. Die elektronischen Meldungen werden automatisch an die zuständige Behörde des Kantons sowie an das Zentrale Ausländerregister (ZAR) weitergeleitet. Bei einer Online-Registrierung erhält die anmeldende Firma von der zuständigen kantonalen Behörde eine kostenlose Bestätigung per E-Mail. Die Meldebestätigungen sollte beim Grenzübertritt mitgeführt werden. Das Benutzerhandbuch für das Meldeverfahren führt Sie durch die einzelnen Schritte der Meldung. Zugriff auf die Anmeldung hat auch die Grenzwache bei der Einreise in die Schweiz.
Für Dienstleistungen, die die 90 Tage überschreiten, ist eine Aufenthaltsbewilligung zu beantragen. Zuständig für das Genehmigungsverfahren sind die kantonalen Arbeitsmarkt- bzw. Ausländerbehörden/Migrationsämter. Die Liste ist hier hinterlegt.

Meldefrist

Jeder Arbeitseinsatz in der Schweiz muss bis spätestens acht Tage vor Beginn der Tätigkeit gemeldet werden. Nur in unvorhersehbaren Notfalllagen darf die Meldung ausnahmsweise noch bis zu drei Tage nach Tätigkeitsbeginn erfolgen. Hierzu müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
  • Der Arbeitseinsatz dient der Behebung eines plötzlich eingetretenen Schadens und hat zum Ziel, weiteren Schaden zu verhindern, und
  • Der Arbeitseinsatz erfolgt spätestens drei Tage nach dem Eintritt des Schadens (inkl. Sonn- und Feiertage).
Auch hierzu finden sich weitere Informationen und Beispiele auf der Webseite des Schweizer Staatssekretariats für Migration SEM im Abschnitt “Meldevorschriften”.

Arbeitsrechtliche Bestimmungen

Wer Arbeitnehmer in die Schweiz entsendet, muss die in dem Entsendegesetz geregelten minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen einhalten. Gem. Art. 2 dieses Gesetzes hat der Arbeitgeber den entsandten Arbeitnehmern vor allem die Arbeits- und Lohnbedingungen zu garantieren, die in Bundesgesetzen, Verordnungen des Bundesrates, allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und Normalarbeitsverträgen im Sinne von Art. 360a OR in den folgenden Bereichen vorgeschrieben sind:

Mitzuführende Unterlagen

Bei Kontrollen müssen entsandte Mitarbeiter auf Verlangen der Kontrollorgane folgende Unterlagen vor Ort nachweisen:
  • Kopie der Meldebestätigung,
  • ggf. Kopie der erteilten Aufenthaltsbewilligung,
  • A1-Bescheinigung,
  • Kopie des Vertrages mit dem Auftraggeber bzw. dem Besteller. Wenn kein schriftlicher Vertrag vorliegt, eine schriftliche Bestätigung des Auftraggebers bzw. des Bestellers für den in der Schweiz auszuführenden Auftrag oder Werkvertrag.

Allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge

In der Praxis von besonderer Bedeutung sind die Bestimmungen der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GAV).
Wenn die in der Schweiz erbrachte Dienstleistung einem GAV zugeordnet werden kann, muss während des Einsatzes in der Schweiz der Mindestlohn, der für diesen GAV gültig ist, eingehalten werden. Hier können Sie prüfen, welchem GAV die in der Schweiz erbrachte Dienstleistung zugeordnet wird.
Wenn die Dienstleistung keinem GAV zugeordnet werden kann, gelten die orts-, berufs- und branchenüblichen Löhne.
Mit Hilfe des Lohnrechners können Sie ermitteln, welcher Mindestlohn für den jeweiligen GAV gilt und an welchen orts-, berufs- und branchenüblichen Löhnen Sie sich orientieren müssen, wenn Ihre Branche unter keinen GAV fällt.
Fragen zu den Meldepflichten beantworten die Kantonalen Behörden für Meldeverfahren.

Kautionspflichten

Unternehmen, die in der Schweiz Aufträge durchführen, müssen außerdem prüfen, ob ggfs. Kautionspflicht besteht. Betroffen sind insbesondere Unternehmen der Bau- und Baunebenbranche.
Die Kaution ist eine Sicherheitsleistung und dient der Deckung von allfälligen Kontroll- und Verfahrenskosten, Konventionalstrafen bei Verstößen gegen die Vorschriften des GAV sowie der Deckung von Vollzugskostenbeiträgen.
Ob Kautionspflicht besteht und wie eine entsprechende Verpflichtung ordnungungsgemäß erfüllt werden kann, können Unternehmen auf der Website der Zentralen Kautions-Verwaltungsstelle Schweiz (ZKVS) prüfen. Die Höhe der Kaution ist abhängig vom Gesamtwert der Auftragssumme pro Kalenderjahr. Die Mindestauftragssumme, welche zur Leistung einer Kaution verpflichtet, beläuft sich in der Regel auf CHF 2.000. Die maximale Kaution beträgt grundsätzlich CHF 10.000.

Genehmigungspflicht bei Einsätzen über 90 Tagen

Für Dienstleistungen, die 90 Tage überschreiten, ist eine Aufenthaltsbewilligung zu beantragen. Zuständig für das Genehmigungsverfahren sind die kantonalen Migrations- und Arbeitsmarktbehörden.
Bewilligungen für Dienstleistungen über 90 Tagen unterstehen dem allgemeinen Ausländerrecht. (Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer ANAG). Die Bewilligungserteilung ist von diversen Voraussetzungen wie der Einhaltung der schweizerischen Lohn- und Arbeitsbedingungen, dem Inländervorrang sowie dem verfügbaren Kontingent abhängig. Ein Rechtsanspruch auf eine solche Bewilligung besteht nicht.

Meldeverfahren für Selbstständige

Selbstständige Dienstleistungserbringer aus der EU/EFTA, die in der Schweiz Dienstleistungen erbringen, unterstehen ebenfalls der Meldepflicht beim Bundesamt für Migration. Die Meldung muss spätestens acht Tage vor Beginn der Dienstleistungserbringung über das online verfügbare amtliche Meldeformular erfolgen. Als Nachweis für die Selbstständigkeit können bei einer Kontrolle vor Ort folgende Unterlagen eingefordert werden:
  • Eintragung in ein Berufsregister als selbständig Erwerbstätiger
  • Gewerbeschein
  • Handelsregisterauszug (sofern vorhanden)
  • Eintragung bei den Sozialversicherungen als selbständig Erwerbstätiger (Formular A1). Das Formular A 1 stellen die gesetzlichen Krankenkassen aus. Selbstständige und Geschäftsführer, die nicht gesetzlich krankenversichert und nicht berufsständisch versorgt sind, beantragen die A1 Bescheinigung bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger
  • Vertrag (Auftrag, Werkvertrag) mit einem Leistungsempfänger in der Schweiz oder mit einem Unternehmen mit Sitz im Ausland (Subunternehmer) etc.
Ausländische Dienstleister, die eine Dienstleistung in der Schweiz in einem in der Schweiz reglementierten Beruf erbringen wollen, müssen sich direkt beim Staatssekretariat für Forschung, Bildung und Innovation melden. Personen, die in der Schweiz Dienstleistungen in einem nicht reglementierten Beruf erbringen, müssen keine Meldung beim SBI einreichen.
Quelle: IHK Region Stuttgart | IHK Hochrhein-Bodensee