ATLAS: Offene Ausfuhren

ATLAS: Erledigung von offenen Ausfuhren

Alle über das elektronische Zollsystem ATLAS angemeldeten Ausfuhrvorgänge werden durch eine elektronische Bestätigung der EU-Grenzzollstelle erledigt. Wenn dieser Ausgangsvermerk (AGV) dem Ausführer bzw. dem Anmelder vorliegt, ist das Ausfuhrverfahren zoll- und umsatzsteuerrechtlich abgeschlossen. Was ist zu tun, wenn der Ausgangsvermerk ausbleibt?

1. Nachforschungsersuchen (Follow-up) in ATLAS

Die Einzelheiten des Verfahrens sind in Punkt 4.9.5 der ATLAS-Verfahrensanweisung enthalten, sie wurden im Februar 2023 vereinfacht.
Bei offenen Ausfuhrvorgängen wird beim Teilnehmer automatisiert der Verfahrensstand nach 90 Tagen abgefragt. Teilnehmer müssen die 90 Tage nicht abwarten sondern können das Nachforschungsersuchen bereits nach 70 Tagen starten, beispielsweise wenn ihnen bereits Alternativbelege vorliegen.
Innerhalb von 60 Tagen nach Start des Verfahrens kann dann der Teilnehmer Informationen zum Verbleib der Ware abgeben (entweder Ausfuhr verzögert oder Ausfuhr erfolgt, Alternativnachweis liegt vor). Wenn die Ware die EU verlassen hat, kann dies mit Alternativbelegen gegenüber dem Binnenzollamt nachgewiesen werden. Diese Vorlagefrist endet nach 150 Tagen, ansonsten wird die Ausfuhr für ungültig erklärt. Bei Inhabern einer AEO-Bewilligung ist grundsätzlich keine Vorlage erforderlich (siehe Punkt 5). Durch die Alternativbelege wird das Ausfuhrverfahren zoll- und steuerrechtlich abgeschlossen, es wird ein Alternativ-Ausgangsvermerk erstellt.
Wegen der Corona-Pandemie und der zahlreichen offenen AGV nach Großbritannien gelten bis auf Weiteres längere Vorlagefristen, das Verfahren wird erst nach 500 Tagen ungültig erklärt, sofern keine Belege eintreffen. Ende 2024 wird die Frist wieder reduziert. Bitte beachten: Die 60 Tagefrist ist unverändert, das heißt zwischen dem 90. und dem 150. Tage sollte auf die Follow-up-Anfrage reagiert werden, auch von AEO. Die Einzelheiten sind in der ATLAS-Info 0352/2022 zusammengefasst.
Hinweis: Mittelfristig sollen die Alternativbelege über das ATLAS-Modul ZELOS hochgeladen werden können, so dass die Vorlage beim Binnenzollamt entfällt.


2. Belege für den Alternativ-Ausgangsvermerk (Alternativ-AGV)

Im Fall des Ausbleibens des AGV können Unternehmen für offene Ausfuhrvorgänge ihrem Binnenzollamt einen Alternativbeleg über die erfolgte Ausfuhr vorlegen. Das Binnenzollamt erstellt dann einen Alternativ-AGV.
Als Alternativbelege gelten gemäß ATLAS-Verfahrensanweisung gleichberechtigt:

  • Einfuhrverzollungsbelege aus dem Drittland (im Original oder beglaubigt),
  • ein von der Ausgangszollstelle abgestempeltes INF2,
  • unterzeichnete oder authentifizierte Versendungsbelege von Unternehmen, die die Waren aus dem Zollgebiet der Union verbracht haben (zum Beispiel Frachtbrief, Konnossement, Posteinlieferungsschein, Zahlungsnachweis Rechnung (im Original oder beglaubigt)),
  • sonstige handelsübliche Belege (zum Beispiel Spediteursbescheinigung im Straßengüterverkehr bei Transport über die Grenze (im Original oder elektronische Vorlage analog zu den steuerrechtlichen Vorschriften), vom außergemeinschaftlichen Empfänger unterzeichneter oder authentifizierter Lieferschein (im Original oder beglaubigt), unterzeichnete oder authentifizierte Auszüge aus betriebseigenen Tracking-Systemen, sofern sie folgende Mindestangaben enthalten: MRN, Barcode, Name und Anschrift des Unternehmens, Name und Anschrift des Ausstellers (wenn dieser nicht identisch ist mit dem Unternehmen), die handelsübliche Bezeichnung und die Menge, Ort und Tag der Ausfuhr sowie Name und Anschrift des Empfängers),
  • Bescheinigungen von Auslandsvertretungen der BRD (zum Beispiel diplomatische oder konsularische Vertretungen)
  • ein nachträglich, das heißt frühestens 70 Tage nach Überlassung zur Ausfuhr abgestempeltes ABD eines anderen Mitgliedsstaates. Umsatzsteuerrechtlich gilt diese Frist nicht.
Zahlungsnachweise oder Rechnungen können grundsätzlich nicht als Nachweis anerkannt werden. Zollrechtlich wäre dies möglich.
Für Einfuhrverzollungsbelege aus dem Drittland kann die Ausfuhrzollstelle die Vorlage einer amtlich anerkannten Übersetzung verlangen.
Bei Nutzung der betriebseigenen Tracking-Systeme lassen sich die Ausfuhrzollstellen stichprobenweise die dazugehörigen oben genannten Belege vorlegen.
Die bei den Zollstellen vorgelegten Alternativnachweise sind nach Prüfung zurückzugeben.

Gemäß §§ 9 und 10 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) ist der AGV oder der Alternativ-AGV ein Regelnachweis für die steuerfreie Ausfuhrlieferung. Daher sollten Alternativ-AGV beantragt werden, falls der AGV nicht automatisch zugestellt wird. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Alternativ-AGV durch das Binnenzollamt sind in der Verfahrensanweisung ATLAS unter Punkt 4.9.5 geregelt.
Die Belege, die zur Beantragung des Alternativ-AGV verwendet worden sind, müssen nicht mehr in Papierform separat aufbewahrt werden. AEO C können den Alternativ-AGV automatisch erhalten, ohne Belege vorlegen zu müssen (siehe Pkt. 5).

3. Umsatzsteuer: nicht zumutbarer Alternativ-AGV

Falls der Alternativ-AGV nicht möglich oder nicht zumutbar ist, werden auch Transportbelege, wie die Spediteursbescheinigung, umsatzsteuerrechtlich anerkannt. Die bisherigen Belege werden dann anerkannt, wenn sie bestimmte Mindestangaben enthalten und die Vorgangsnummer (MRN) enthalten. An den Nachweis des Unternehmers, dass dieser Ausnahmefall im Sinne des § 10 Abs. 3 UStDV vorliegt, sind keine erhöhten Anforderungen zu stellen. Alternativ kommt in diesen Fällen die Nachweisführung durch einen Frachtbrief in Betracht, der vom Auftraggeber des Frachtführers, also dem Versender des Liefergegenstands, unterschrieben sein muss, oder durch ein Konnossement oder ein Einlieferungsschein für im Postverkehr beförderte Sendungen. Jeweils muss dann das Dokument die Versendungsbezugsnummer (MRN) der Ausfuhranmeldung enthalten. Falls diese falsch ist, kann sie nachträglich korrigiert werden.

4. Offene Ausgangsvermerke nach Großbritannien

Bereits Ende 2021 waren fast 140.000 Ausgangsvermerke für Sendungen nach Großbritannien offen. Auch wenn insbesondere an der französischen Außengrenze prozedurale Verbesserungen getroffen worden sind, besteht das Problem in deutlich reduziertem Umfang weiter. Deswegen gelten fehlende AGV/Alternativ-AGV für Sendungen nach Großbritannien in den Jahren 2021 und 2022 im Rahmen einer Billigkeitslösung umsatzsteuerlich als nicht möglich/nicht zumutbar. Dieser Beschluss der deutschen Finanzbehörden wurde Anfang Juni 2022 getroffen und im Januar 2023 für das Jahr 2023 verlängert.
Für Versendungsfälle (Regelfall, mit Transportdienstleister) gelten dann die Nachweisregeln des § 10 Abs. 3 UStDV, außerdem muss die MRN enthalten sein.
Für Beförderungsfälle (Käufer oder Verkäufer transportiert selbst) gilt folgendes:
Der Nachweis erfolgt durch einen Beleg, der die Versendungsnummer der Ausfuhranmeldung (MRN) enthält und eine Bescheinigung über die Verzollung oder die Einfuhrbesteuerung im Drittland, oder sofern dies nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vermutlich der Regelfall), durch:
  • eine Rechnung,
  • einen Beleg, der die Versendungsnummer der Ausfuhranmeldung (MRN) enthält, und
  • eine Empfangsbestätigung des Warenempfängers, die mindestens folgende Angaben enthält:
    • Name und Anschrift des Abnehmers,
    • Menge des Gegenstandes und handelsübliche Bezeichnung, einschließlich der Fahrzeugidentifikationsnummer bei Fahrzeugen im Sinne des § 1b Absatz 2 UStG,
    • Ort und Monat des Erhalts des Gegenstandes,
    • Datum der Empfangsbestätigung und
    • Unterschrift des Empfängers bzw. dessen Beauftragten (im letzten Fall mit Nachweis der Bevollmächtigung)

5. Verfahrenserleichterung für AEO

Für Ausfuhranmeldungen eines Authorised Economic Operator (AEO), entfällt beim Nachforschungsersuchen die Pflicht, Alternativnachweise bei der Ausfuhrzollstelle vorzulegen. Die alternative Ausgangsbestätigung wird automatisiert vorgenommen, wenn der AEO auf das Nachforschungsersuchen mit „Ausgang erfolgt, Alternativnachweis liegt vor“ antwortet. Das gilt ausdrücklich auch dann, wenn zunächst kein Nachweis vorgelegen hat und später auf diese Antwort gewechselt wird. Die Details sind in der Verfahrensanweisung ATLAS enthalten. Diese Detailänderung führt zu einer erheblichen Aufwandsreduzierung. Die Alternativnachweise müssen im Unternehmen vorliegen und sind für eine spätere Prüfung aufzubewahren und auf Verlangen der Zollstelle in Einzelfällen vorzulegen. Dies wurde in der ATLAS-Info 0360/2022 als Ergänzung zur ATLAS-Info 0352/2022 etwas undeutlich nochmals klargestellt.


Quelle: IHK Stuttgart