Stromvermarktung

Marktoffensive für Grünstrom-Direktlieferverträge

Berlin, 28.11.2020. Seit Sommer 2020 ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgehalten, dass erneuerbare Energien im Jahr 2030 65 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs decken sollen. Mit der laufenden EEG-Novelle sollen erhöhte technologiespezifische Ausbaupfade festgelegt werden: So soll Photovoltaik (PV) in den nächsten zehn Jahren auf 100 GW, Wind an Land auf 71 GW und Wind auf See auf 20 GW ausgebaut werden. Zudem soll im Jahr 2027 überprüft werden, ob ein Zubau erneuerbarer Energien ausschließlich oder zumindest teilweise marktgetrieben möglich ist.

Was sind Power Purchase Agreements - PPA?

Ein Baustein dafür kann das inzwischen auch in Deutschland zu beobachtende Wachstum des Markts für sog. Grünstrom-Direktlieferverträge (Power Purchase Agreement – PPA) sein, der allerdings im europäischen Vergleich noch in den Kinderschuhen steckt. Treiber der Entwicklung sind u. a. die Gebote in den Ausschreibungen für Windparks auf See, die mit 0 Cent/kWh staatlichem Zuschuss auskommen, also keinerlei Förderung verlangen. Gleiches gilt für größere PV-Freiflächenprojekte. Bei einem PPA vereinbart der Ökostromerzeuger direkt mit dem Abnehmer (Letztverbraucher oder Stromhändler) Mengen und Preise über einen längeren Zeitraum. Der Erzeuger sichert sich den Absatz seines Produkts und damit geregelte Einkünfte, während der Abnehmer von wettbewerbsfähigen und stabilen Strompreisen profitiert. Bisher werden PPAs aber fast ausschließlich zwischen Anlagenbetreibern und Stromhändlern geschlossen. Verträge mit Letztverbrauchern sind dagegen noch die absolute Ausnahme. EEG und PPA sind quasi kommunizierende Röhren: Je schmaler die staatliche Förderung über das EEG ist, umso interessanter werden PPAs für die Entwickler von Windparks und Photovoltaik-Anlagen. Je attraktiver ein Direktliefervertrag, desto weniger ist das EEG eine Alternative.
Auf der Nachfrageseite besteht ein großes und stark wachsendes Interesse an PPAs. Denn damit können Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck verringern, wofür sich der Bezug von deutschem oder regionalem Grünstrom anbietet. Da für EEG-geförderten Strom aufgrund des Doppelvermarktungsgebots keine Herkunftsnachweise ausgegeben werden können, ist der gewöhnliche Ökostrom-Netzbezug für viele Betriebe keine Option. Bei PPAs handelt es sich hingegen um „ungeförderten“ Ökostrom. Die stromabnehmenden Unternehmen erhalten die Herkunftsnachweise und können die Verbesserung ihrer Umweltbilanz dadurch verläss-lich nachweisen. Vor allem aus diesem Grund ist es aus Sicht der Unternehmen wichtig, den Markt für PPAs zu entwickeln.
Derzeit bestehen für eine rasche Marktentwicklung weniger rechtliche Hürden als vielmehr Transparenzprobleme: Was ist ein fairer Preis für ein PPA? Wie kann die Risikoteilung zwischen Anbieter und Nachfrager bzw. zwischen Anlageninvestor und Bank aussehen? Woher kommen die Reststrommengen? Dies ist eine Auswahl der Fragen, die sich derzeit möglichen Interessenten stellen und dem Abschluss eines Direktliefervertrags oft im Wege stehen.

Marktoffensive gestartet

An dieser Stelle setzt die gemeinsame Marktoffensive Erneuerbare Energien dreier Partner ein: Deutsche Energieagentur (dena), Klimaschutz-Unternehmen e. V. und DIHK. Ziel ist, die obigen Fragen unter Beteiligung interessierter Unternehmen praxisnah zu beantworten und so Impulse für eine Belebung des Grünstrommarkts zu geben. Dazu startet in Kürze ein Projekt mit einem Kreis von 30 Gründungsmitgliedern, die sich aus Abnehmern, Anbietern und Beratern im weiteren Sinne zusammensetzen und unterschiedliche Unternehmensgrößen repräsentieren. Die Initiative steht selbstverständlich für weitere Unternehmen offen. Weitere Informationen finden Sie auf der DENA-Homepage.

Strompreiskompensation ab 2021 auch bei PPA möglich

Einen weiteren Schub können PPA auch durch die ab Anfang 2021 geänderten Beihilfeleitlinien erhalten, die die Europäische Kommission jüngst für das Europäische Emissionshandelssystem (EU ETS) novelliert hat. Die neuen Regeln erlauben es den Mitgliedstaaten, die indi-rekten Kosten des EU ETS auch für Strommengen zum Teil auszugleichen, die im Rahmen eines Direktliefervertrags für CO2-freien Strom bezogen werden. 
Die entsprechenden Passagen, die in einigen Mitgliedstaaten (z. B. in Deutschland) bisher zum Ausschluss von PPAs von der Strompreiskompensation führten, wurden in den neuen Leitlinien angepasst. So sieht die Regelung zum Beihilfehöchstbetrag nicht mehr vor, dass die Kompensation für Stromlieferungsverträge, die keine CO2-Kosten enthalten, auszuschließen sei.
Stattdessen werden in Absatz 55 der novellierten Leitlinien neue Konditionalitäten eingeführt. So werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, von den beihilfeberechtigten Unternehmen, die energieauditpflichtig sind, Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz zu verlangen. Ei-ne der möglichen Erfüllungsoptionen ist der Bezug von CO2-freiem Strom zur Deckung von mindestens 30 Prozent des Strombedarfs des Unternehmens. 
Die veränderten Regeln für die Kompensation indirekter Kosten des EU ETS werden ab dem 1. Januar 2021 angewandt.
In Deutschland verlieren Unternehmen, die Strom über ein Grünstrom-PPA beziehen, derzeit noch den Anspruch auf die Strompreiskompensation. Hierdurch wurde der Abschluss eines PPA für die betroffenen Unternehmen oftmals wirtschaftlich unattraktiv. Dies kann sich nun ab 2021 ändern.
Quelle: DIHK