Daten als Schlüssel zur Wärmewende
Berlin, 08.09.2025. ExpertInnen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft diskutierten über die Digitalisierung von Wärmenetzen und Gebäuden in Deutschland und Dänemark. Besonders deutlich wurde: Während Dänemark bereits umfassend auf digitale Standards und Datenräume setzt, steht Deutschland noch vor strukturellen Herausforderungen. Das BMWE betonte, dass rechtliche Rahmenbedingungen, Datenschutz und Cybersicherheit zentrale Hebel für den weiteren Ausbau darstellen.
Die internationale Wärmewende-Konferenz
Die Veranstaltung „Data Power: Digitizing Heat Networks and Buildings“, organisiert von der Dänischen Energieagentur, der Dänischen Botschaft und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE), thematisierte die Potenziale und Herausforderungen der Digitalisierung im Wärmesektor:
Politische Signale aus der Begrüßung
Der dänische Botschafter hob hervor, dass Digitalisierung zu mehr Effizienz, niedrigeren Kosten und größerer Transparenz führt. Dänemark sieht sich hier als Vorreiter.
Stephanie von Ahlefeldt (BMWE) stellte klar, dass der Heizungssektor in Deutschland ein Schlüsselbereich für die Energiewende ist. Zugleich schränkte sie ein: „Für eine breite Digitalisierung sei es aber noch zu früh.“
Drei Herausforderungen der Digitalisierung
- Datenschutz - Es stellt sich die Frage, wie Verbraucherinnen und Verbraucher aktiv einbezogen werden können, ohne gegen strenge Vorgaben zu verstoßen.
- Cybersicherheit - Kritische Infrastruktur muss geschützt werden, insbesondere im Hinblick auf den EU AI Act und die NIS-2-Richtlinie.
- Smart-Meter-Rollout - Die Technologie gilt als sicher, wird in Deutschland jedoch nur zögerlich umgesetzt. Viele kleinere Netzbetreiber verfügen noch nicht über die notwendige digitale Infrastruktur.
Unterschiede zwischen Dänemark und Deutschland
In Dänemark sind rund 70 Prozent der Haushalte an Fernwärme angeschlossen. Verbraucherinnen und Verbraucher sind dort nicht nur Datenlieferanten, sondern zugleich aktive Nutzerinnen und Nutzer ihrer eigenen Verbrauchsdaten. Dies zeigt sich etwa darin, dass Haushalte über variable Tarife und transparente Preisgestaltung unmittelbar auf ihre Daten zugreifen können und ihr Heizverhalten anpassen, wenn sich Kosten oder Netzbelastungen ändern. Die Möglichkeit, Informationen in Echtzeit einzusehen, schafft Anreize zum Energiesparen und stärkt die Akzeptanz digitaler Systeme. Standardisierung von Messgeräten, Datenformaten und Zustimmungsprozessen erleichtert diese Einbindung zusätzlich. Zudem fördert ein Public-Private-Partnership-Programm ein kohärentes digitales Ökosystem, in dem Energiewirtschaft, Technologieanbieter und öffentliche Stellen zusammenarbeiten.
In Deutschland werden zwar umfangreiche Daten erhoben, sie sind jedoch für viele Akteure nur schwer zugänglich. Der Grund liegt in einer fragmentierten, historisch gewachsenen und oft unstrukturierten Datenlandschaft. Viele große Stadtwerke sind digital gut aufgestellt, kleinere Anbieter jedoch nur punktuell. „Hinzu kommt, dass Daten bei unterschiedlichen Akteuren isoliert vorliegen, nicht vergleichbar sind und deshalb kaum zentralisiert oder gemeinsam genutzt werden können.“ Auch private Haushalte und Unternehmen geben ihre Daten nur eingeschränkt weiter, da Standards, Vertrauen und klare Zugangsrechte fehlen. Dadurch bleibt eine durchgängige Nutzung für Netzoptimierung und Verbrauchstransparenz bislang unmöglich.
Wissenschaftliche Perspektive
Dr. Rita Streblow (RWTH Aachen) stellte das Konzept der Datenräume (Data Spaces) vor. Diese Infrastrukturen ermöglichen es, dass verschiedene Akteure Daten sicher und nach klaren Regeln austauschen können, während die Datenhoheit bei den Eigentümern verbleibt. Vertrauen entsteht durch standardisierte Schnittstellen und klare Zugriffsrechte.
Streblow verwies auf Beispiele wie Catena-X in der Automobilindustrie, wo Hersteller und Zulieferer ihre Produktions- und Lieferketten-Daten austauschen, ohne die eigene Kontrolle abzugeben. Mit Energy Data-X entstehen ähnliche Plattformen für den Energiesektor. Durch solche Strukturen wird es möglich, digitale Zwillinge (virtuelle Abbilder realer Netze und Systeme) aufzubauen. Mit diesen lassen sich Szenarien durchspielen, Belastungen simulieren und Optimierungen vornehmen, bevor in die reale Infrastruktur eingegriffen wird. Auf diese Weise werden Planung, Betrieb und Effizienz von Wärmenetzen erheblich verbessert.
Zentrale Erkenntnisse
Die Digitalisierung im Wärmesektor bietet nicht nur Chancen für Effizienzgewinne, Kostensenkung und Transparenz, sondern ist auch eine Voraussetzung für die Integration erneuerbarer Energien und die Umsetzung der Wärmewende. Daten ermöglichen eine präzisere Steuerung von Netzen, die bessere Einbindung dezentraler Energiequellen und ein effektives Lastmanagement. Dadurch können Betriebskosten gesenkt, Versorgungssicherheit erhöht und Innovationen im Bereich digitaler Dienstleistungen vorangetrieben werden.
Das Beispiel Dänemark zeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zu aktiven Datennutzern gemacht werden können, wenn Standards, Vertrauen und einfache Zugangswege gegeben sind. Dort haben Haushalte direkten Zugriff auf Verbrauchsdaten und profitieren durch variable Tarife und transparente Abrechnungen unmittelbar von der Digitalisierung. Die Folge ist eine höhere Bereitschaft, Daten zu teilen, da der Nutzen für die Einzelnen sichtbar wird.
Quelle: DIHK