Existenzgründung

DIHK-Gründer­report 2023

Gründungsinteresse auf historischem Tief

Berlin, 17.07.2023. Im Jahr 2022 hat das Interesse an einer Unternehmensgründung in Industrie, Handel und Dienstleistungsbranchen noch einmal merklich nachgelassen. Im Vergleich der Branchen wollen die meisten der von den IHKs Beratenen im Handel, den Dienstleistungsbranchen oder dem Gastgewerbe gründen (zusammengenommen 70 Prozent aller Teilnehmenden an IHKGründungsberatungen). Acht Prozent wollen in der der IKT-Branche gründen, darunter auch viele innovative und wachstumsorientierte Start-ups. Insgesamt schätzen IHKs den Anteil innovativer und wachstumsorientierter Gründungsprojekte über alle Branchen hinweg auf etwa acht bis zehn Prozent.

Im Einzelnen: Mittelstand rutscht Fundament weg: Immer weniger Gründungen 

Immer weniger Menschen in Deutschland wollen ein Unternehmen gründen und sich selbstständig machen. Das ist das besorgniserregende Ergebnis des diesjährigen DIHK-Reports Unternehmensgründung, mit der die Deutsche Industrie- und Handelskammer regelmäßig die aktuellen Entwicklungen beim Gründungsgeschehen in Industrie, Handel und Dienstleistungsbranchen analysiert. „Der Negativtrend bei den Gründungen ist eine ernstzunehmende Gefahr für unsere Wirtschaft“, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian. „Dem deutschen Mittelstand droht nach und nach das Fundament wegzurutschen.“ Vor allem klassische Branchen wie der Handel, Dienstleistungen sowie das Gastgewerbe seien betroffen. Die DIHK fordert umgehend Aktivitäten der Politik für ein unternehmerfreundlicheres Umfeld.
Grundlage des DIHK-Reports sind Berichte von 350 Beraterinnen und Beratern für Existenzgründung der regionalen Industrie- und Handelskammern (IHKs). Demnach gingen nicht nur im vergangenen Jahr die Beratungsgespräche zu Neugründungen zurück, vor allem langfristig sei die Entwicklung stark negativ. „Seit 13 Jahren interessieren sich stetig weniger Menschen für eine Gründung, es ist der Tiefpunkt seit Beginn der Erhebung.“ Im Jahr 2010 führten die IHKs noch 431.000 Gespräche, im vergangenen Jahr interessierten sich nur noch 154.800 Menschen für Informationen und Beratung zur Gründung. Das sind deutliche 42 Prozent weniger als im Vorkrisenjahr 2019 – ein solch starker Rückgang ist in keiner Weise allein mit der demographischen Entwicklung zu erklären. Selbst in Zukunfts-Branchen wie Informations- und Kommunikationstechnologie oder unternehmensnahe Dienstleistungen flaue das Interesse massiv ab. 
„Viele Menschen sind verunsichert und scheuen den Schritt in die Selbstständigkeit. Uns geht dadurch ein großes unternehmerisches und wirtschaftliches Potential verloren“, so Peter Adrian.  Sie müssten wieder den Mut bekommen, sich auszuprobieren, innovative Ideen zu verfolgen und zu gründen. „Wir brauchen dringend wieder einen neuen Gründungselan.“ Erfreulich: Das Gründungsinteresse von Frauen ist stabil. Für sie zählen insbesondere Flexibilität und bessere finanzielle Anreize sowie, dass sie einen gesellschaftlichen Beitrag leisten können. 
„Natürlich hinterlässt die demografische Entwicklung Spuren“, sagt Peter Adrian. Die gründungsstarken Jahrgänge zwischen 18 und 35 Jahren würden ausdünnen. Zudem finden gerade gut qualifizierte Menschen lukrative Möglichkeiten in Festanstellungen oder im öffentlichen Dienst – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Gleichzeitig schrecken die Jungunternehmer aber vor allem unsichere Rahmenbedingungen wie die Auswirkungen des Ukrainekrieges, die hohen Energiekosten und die hartnäckige Inflation sowie bürokratische Hürden ab. Die IHKs berichteten, dass manche Gründungswillige ihr Vorhaben aufschieben, um das Geschäftsmodell eventuell neuen Gegebenheiten anzupassen. 
Es sei dringend geboten, das Unternehmertum in Deutschland stärker in den Fokus zu rücken. „Dies ist eigentlich die Zeit der Macherinnen und Macher. Mit der digitalen Transformation, der Energiewende und den Chancen der Künstlichen Intelligenz warten viele Herausforderungen auf uns. Ich appelliere an die Politik, gezielt Anreize zu setzen, damit wieder mehr Menschen mit Freude ein Unternehmen gründen

Kontakt

Regelmäßig finden Gründungsveranstaltungen in Form von Sprechtagen in Pforzheim und Nagold statt. Fragen zu diesem Thema können Sie gerne an die Gründungsberaterinnen der IHK Nordschwarzwald Rebekka Sanktjohanser unter der Tel. 07231 201-153 oder E-Mail sanktjohanser@pforzheim.ihk.de oder Anja Maisch unter der Tel.-Nr. 07231 201-154 oder E-Mail maisch@pforzheim.ihk.de stellen.
Insgesamt fußt der DIHK-Report Unternehmensgründung 2023 auf rund 170.000 Kontakten aus dem IHK-Gründungsservice mit angehenden Unternehmerinnen und Unternehmern aus Einstiegsgesprächen, Beratungen, Gründungsveranstaltungen und Gründertagen. Im deutschsprachigen Raum dürfte keine andere Auswertung vorliegen, die sich auf eine vergleichsweise hohe Zahl von Erfahrungen von Gründer/innen stützt.
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