Bildungspolitik

Nachhaltigkeit im Fokus der neuen Standard­berufsbild­positionen

Anforderungen an nachhaltiges Handeln verändern die Arbeitswelt in einer Art und Weise, auf die nun auch ordnungspolitisch reagiert werden musste. Kompetenzen im Umgang mit Nachhaltigkeit und Digitalisierung haben in den vergangenen Jahren immer stärker an Bedeutung gewonnen und stellen mittlerweile unverzichtbare Elemente beruflichen Handelns dar. Die bisherigen Standardberufsbildpositionen wurden deshalb nun umfassend modernisiert.

Hintergrund der Modernisierung

02.02.2022. Ziel einer dualen Berufsausbildung ist, für eigenverantwortliche Tätigkeiten auf einem möglichst breiten Gebiet zu qualifizieren. Um diesem Anspruch Rechnung zu tragen, gibt es ergänzend zu berufsspezifischen Inhalten anerkannter Ausbildungsberufe Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die eine wesentliche Grundlage und damit unverzichtbare Elemente beruflichen Handelns darstellen. Diese sogenannten Standardberufsbildpositionen sind Inhalte im Ausbildungsberufsbild und den betrieblichen Ausbildungsrahmenplänen, die stets integrativ im Zusammenspiel mit den jeweiligen berufsprofilgebenden Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten während der gesamten Ausbildung zu vermitteln sind.
Bei diesen standardisierten Mindestanforderungen handelt es sich im gewerblich-technischen Bereich bislang um die vier Positionen „Berufsbildung sowie Arbeits- und Tarifrecht“, „Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes“, „Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit“ sowie „Umweltschutz“. Die beiden letzten Positionen stellen auch den üblichen Standard in den kaufmännischen Ausbildungsberufen dar. Ihre Vermittlung muss von allen ausbildenden Betrieben sichergestellt und im betrieblichen Ausbildungsplan aufgegriffen werden. Verbunden mit der Ausbildung besteht auch der Bildungsauftrag, zur Persönlichkeitsentwicklung der Auszubildenden beizutragen. Diese sollen sich zu selbstständigen Persönlichkeiten ntwickeln, die sich reflektierend und aktiv mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen. Ein solcher Bildungsauftrag ist bereits seit vielen Jahren ein verbindlicher Bestandteil anerkannter Ausbildungsberufe. Komplexer werdende Arbeitsprozesse erfordern selbstständige, verantwortungsvolle und sozialkompetente Fachkräfte. Kompetentes Handeln zielt in diesem Verständnis auf die Kommunikation, die Gesundheit und Unversehrtheit aller und nicht zuletzt auch auf den sicheren Umgang mit Daten des Unternehmens sowie Dritter. Die modernisierten Standardberufsbildpositionen greifen diese Aspekte unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen auf und setzen für die zukunftsfähige Gestaltung der Ausbildung in einer sich wandelnden Arbeitswelt bildungspolitisch wichtige zusätzliche Akzente. Sie leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Förderung von demokratischen Kompetenzen in unserer Gesellschaft, indem sie auf die Eigenverantwortung des Einzelnen am Arbeitsplatz im Sinne von Rechten und Pflichten sowie die Bedeutung von Prävention und Weiterbildung hinweisen.

Die modernisierten Standardberufsbildpositionen

Organisation des Ausbildungsbetriebes, Berufsbildung sowie Arbeits- und Tarifrecht Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Umweltschutz und Nachhaltigkeit Digitalisierte Arbeitswelt Mit der konsensualen Neufassung dieser Mindestanforderungen werden bewährte Inhalte weiterhin berücksichtigt, zukünftig jedoch erweitert. So wurden „Berufsbildung sowie Arbeits- und Tarifrecht“ und „Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes“ in einer Position zusammengeführt und beispielsweise um das Erläutern der eigenen Entgeltabrechnung erweitert. Ebenso bleibt die Position „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ weitestgehend unverändert erhalten. Im Zuge der Erweiterung von „Umweltschutz“ um „Nachhaltigkeit“ ist die Nutzung von Produkten, Waren oder Dienstleistungen, Materialien und Energie um das Berücksichtigen und Abwägen der drei Dimensionen von Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch und sozial) ergänzt worden und schließt Aspekte von nachhaltigen Wertschöpfungsketten, fairem Handel und die Reflexion von Zielkonflikten zwischen den einzelnen Nachhaltigkeitsdimensionen ein. Proaktives Handeln soll zudem durch das Entwickeln von Vorschlägen für nachhaltiges Verhalten im eigenen Arbeitsbereich angeregt werden. Hierbei sind etwa Vorund Nachteile von Optimierungsansätzen und Handlungsalternativen zu berücksichtigen. Als neue Mindestanforderung wurde in einer eigenen Position die „Digitalisierte Arbeitswelt“ aufgenommen. Hier geht es um den Umgang mit digitalen Medien, Daten, Datensicherheit und Datenschutz; darüber hinaus sind aber auch kommunikative und soziale Kompetenzen sowie gesellschaftliche Vielfalt und der wertschätzende Umgang miteinander berücksichtigt. Personale Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, wie die Anwendung von Lern- und Arbeitstechniken sowie Methoden des selbstgesteuerten Lernens, runden die Position zur digitalisierten Arbeitswelt ab.

Implementation in der Praxis

Die vier neuen Standardberufsbildpositionensind in allen ab dem 1. August 2021 in Kraft getretenen modernisierten und neu entwickelten anerkannten Ausbildungsberufen als Mindestanforderungen verbindlich zu verwenden und können in Abhängigkeit von berufs- oder branchenspezifischen Besonderheiten bei Bedarf im Rahmen von Ordnungsverfahren in den berufsprofilgebenden Inhalten erweitert werden. Darüber hinaus empfiehlt der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) ausbildenden Betrieben und beruflichen Schulen, diese modernisierten Standardberufsbildpositionen auch jetzt schon in sämtlichen Ausbildungsberufen nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO) integrativ im Zusammenhang mit berufsspezifischen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten während der gesamten Ausbildung zu vermitteln – auch wenn sie noch nicht in allen Ausbildungsordnungen enthalten sind.
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung BIBB