Merkblatt Abmahnung und Kündigung

Leider kann es während einer Berufsausbildung zu Problemen kommen. Ihr Auszubildender erfüllt seine Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag nicht und verhält sich vertragswidrig, z. B. fehlt unentschuldigt in der Berufsschule oder zeigt mangelnde Bereitschaft, sich in die betriebliche Ordnung einzugliedern. Bevor Sie eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, müssen Sie Ihren Auszubildenden in der Regel abmahnen. Nur bei schweren Vertrauensverstößen, z. B. bei Unterschlagung eines Geldbetrages, also aus „wichtigem Grund“ (§ 22 BBiG), kann eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden.


1. Wozu eine Abmahnung?

  • Beanstandungsfunktion
    Sie müssen als Arbeitgeber den konkreten Sachverhalt deutlich und ausreichend benennen, durch den der Auszubildende gegen den Ausbildungsvertrag verstoßen hat.
  • Warnfunktion
    Sie müssen darauf hinweisen, dass Sie ein solches Verhalten zukünftig nicht dulden werden.
  • Ankündigungsfunktion
    Sie müssen die konkrete Maßnahme benennen, die Sie vornehmen werden, wenn der Auszubildende
    nochmals dasselbe Fehlverhalten an den Tag legt, nämlich die Kündigung androhen.

2. Welche Bestandteile muss eine Abmahnung unbedingt enthalten?

2.1 Überschrift

  • Das Wort „Abmahnung“ sollte immer im Betreff genannt werden.

2.2 Eine genaue Beschreibung des vertragswidrigen Verhaltens, das abgemahnt werden soll

  • Hier sind genaue Angaben über Datum, Uhrzeit, Ort und Art des Vertragsverstoßes erforderlich. Die
    Beschreibung muss so detailliert sein, dass unzweifelhaft ist, welcher Vorfall beanstandet wird.
    Beispiel 1: Sie haben am 15.05.2011 und am 04.06.2011 in der Berufschule nachweislich unentschuldigt gefehlt.
    Beispiel 2: Sie haben Ihren schriftlichen Ausbildungsnachweis nicht, wie es mit Ihnen vereinbart ist, am Montag dieser Woche vorgelegt.
    Pauschale Vorwürfe wie „Störung des Betriebsfriedens oder „häufiges Zuspätkommen“ genügen nicht.
    Wichtig: Bei mehreren Pflichtverletzungen sollte für jeden Verstoß eine gesonderte Abmahnung erteilt
    werden, um bei teilweise unzutreffenden Vorwürfen eine vollständige Entfernung aus der Personalakte
    zu vermeiden.

2.3 Aufzählung der verletzten Pflichten

  • Die Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis sind dabei genau zu nennen.
    Beispiel 1: Damit haben sie gegen die sich aus § 3 Punkt 2 des Ausbildungsvertrages ergebende Pflicht verstoßen, regelmäßig am Berufsschulunterricht teilzunehmen.
    Beispiel 2: Damit haben Sie gegen die in § 3 Punkt 7 des Ausbildungsvertrages genannte Pflicht verstoßen, ihren vorgeschriebenen schriftlichen Ausbildungsnachweis ordnungsgemäß zu führen und regelmäßig vorzulegen.

2.4 Eindeutige Wertung des Verhaltens als Vertragsverletzung

  • Der Ausbildungsbetrieb muss deutlich machen, dass das Fehlverhalten vertragswidrig ist
    Beispiel: Ihr Verhalten ist uns unverständlich und wird von uns ausdrücklich missbilligt

2.5 Aufforderung an den Auszubildenden, künftig den Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag nachzukommen.

  • Es ist sinnvoll, dem Auszubildenden eine genaue Handlungsanleitung mit auf den Weg zu geben. Er muss allein aus der Abmahnung erkennen können, was in Zukunft von ihm erwartet wird.
    Beispiel: Ihr Verhalten ist uns unverständlich und wird von uns ausdrücklich missbilligt.

2.6 Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bei erneutem Vertragsverstoß

  • Die in Aussicht gestellten Konsequenzen sind dabei genau so anzudrohen, wie der Ausbildungsbetrieb sie später realisieren will.
    Beispiel: Sie müssen mit einer Kündigung Ihres Ausbildungsverhältnisses rechnen, wenn sich diese
    Pflichtverletzungen wiederholen
  • Die Androhung von „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ genügt nicht, da dies zu ungenau ist. Wirksam
    ist die Abmahnung nur, wenn in ihr ausdrücklich die Kündigung oder eine andere Konsequenz angedroht wird.

2.7 Unterschriften des Ausbildenden und des verantwortlichen Ausbilders

  • Die Abmahnung ist vom Ausbildenden mit Ort und Datum zu unterschreiben.

3. Anhörung des Arbeitnehmers

  • Die vorherige Anhörung des Auszubildenden ist nicht zwingend erforderlich. Ausnahme: Vorherige Anhörungspflichten können in Tarifverträgen verankert sein.

4. Mitwirkung des Betriebsrates

  • Die Mitwirkung des Betriebsrates ist bei Erteilung einer Abmahnung grundsätzlich nicht erforderlich. Im Einzelfall können durch Betriebsvereinbarungen aber gegenteilige Regelungen zu beachten sein.

5. Form / Frist

  • Die Abmahnung unterliegt keiner gesetzlichen Form. Aus Beweisgründen sollte sie jedoch schriftlich erfolgen
  • Anders als bei der Kündigung gibt es bei der Abmahnung auch keine gesetzlich normierte und einzuhaltende Frist. Dennoch empfiehlt es sich, die Abmahnung aus pädagogischen Gründen in engem zeitlichem Zusammenhang zu dem Fehlverhalten zu erteilen. Nach ständiger Rechtsprechung sollte die Abmahnung deshalb innerhalb von 14 Tagen, gerechnet vom Zeitpunkt von der Kenntnisnahme der Pflichtverletzung, dem Auszubildenden zugehen.

6. Zugang

  • Die Abmahnung kann ihre Wirksamkeit erst entfalten, wenn sie dem Auszubildenden zugeht, dieser also Kenntnis davon erlangt hat.
  • Die Abmahnung eines minderjährigen Auszubildenden ist grundsätzlich gegenüber dem gesetzlichen Vertreter zu erklären. Es empfiehlt sich nicht, dem minderjährigen Auszubildenden die Abmahnung mit nach Hause zu geben. Die Zustellung sollte vielmehr per Postzustellungsurkunde oder per Einschreiben mit Rückschein erfolgen. Bei einer persönlichen Aushändigung an den Auszubildenden sollte der Erhalt der Abmahnung durch dessen Unterschrift bestätigt werden.

7. Anzahl der Abmahnungen

  • Vor Ausspruch der Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens muss der Auszubildende im Regelfall zwei einschlägige Abmahnungen erhalten haben, d.h. beide Abmahnungen und die Kündigung müssen sich auf dieselbe Art von vertragswidrigem Verhalten beziehen.
  • Beispiel:
    • 1. zwei unentschuldigte Fehltage in der Berufsschule = 1. Abmahnung
    • 2. zwei unentschuldigte Fehltage in der überbetrieblichen Ausbildung = 2. Abmahnung
    • 3. Kündigung bei erneutem unentschuldigtem Fehlen wäre wirksam.

8. Abmahnungsgründe

Die Gründe für eine Abmahnung können vielseitig sein. Exemplarisch sind jedoch zu nennen:
  • Unentschuldigtes Fehlen
  • Fernbleiben vom Berufschulunterricht
  • Arbeitsverweigerung
  • Störung des Betriebsfrieden
  • Verlassen des Arbeitsplatzes ohne Genehmigung
  • Weigerung, das Berichtsheft gemäß der vertraglichen Verpflichtung zu führen
  • Nicht genehmigte Nebentätigkeit
  • Verspäteter Arbeits- oder Dienstantritt
  • Eigenmächtiger Urlaubsantritt oder eigenmächtige Urlaubsverlängerung

9. Wirkungsdauer der Abmahnung

  • Die Rechtswirkungen einer Abmahnung sind zeitlich begrenzt. Hat der Auszubildende längere Zeit seine Pflichten erfüllt, kann eine Abmahnung damit gegenstandslos werden. Zwar gibt es hierfür keine festgelegten Fristen, doch dürften Abmahnungen, die länger als ein Jahr zurückliegen, in der Regel gegenstandslos sein.

10. Kündigung ohne vorherige Abmahnung

  • Bei schwerwiegenden Verstößen gegen vertragliche Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag ist eine Abmahnung vor einer Kündigung unter Umständen entbehrlich.
  • Die Abmahnung kann zum Beispiel entbehrlich sein, bei:
    • Endgültiger Störung des Vertrauensbereiches (z.B. Diebstahl, Betrug, Unterschlagung)
    • Besonders schwerem Fehlverhalten (z.B. Missbrauch von Kontrolleinrichtungen, Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an Dritte, Missbrauch von Computerprogrammen und Datenbänken, Gewaltanwendung gegenüber anderen Mitarbeitern)
  • Die Kündigung muss schriftlich unter Angabe des wichtigen Grundes, der nicht länger als 14 Tage bekannt sein darf, und fristlos erfolgen.
  • Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden
Für weitere Fragen stehen Ihnen die Ausbildungsberater der IHK-Nordschwarzwald gerne zur Verfügung.