IHK-Medieninformation
Nachwuchsmangel in der Wirtschaft: Ein Problem mit Ansage
IHK-Medieninformation: IHK zieht Bilanz des Ausbildungsjahrs 2022 – positive Zahlen, aber keine Trendwende (20.01.2023)
Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern
© NICOLE_SCHALLER
Die IHK zieht eine Bilanz des Ausbildungsjahrs 2022 in der niederbayerischen Wirtschaft – und diese Bilanz fällt nicht so schlecht aus: „Nach zwei schwierigen Jahren mit rückläufigen Ausbildungszahlen zeigt sich eine leichte Aufwärtsbewegung. Die Corona-Delle ist ausgeglichen“, fasst Alexander Schreiner zusammen, der Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern.
Leichtes Plus bei den Ausbildungszahlen
Im Jahr 2022 haben den IHK-Zahlen zufolge 4.207 Jugendliche eine Ausbildung in Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus begonnen, ein Plus von 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „2020 und 2021 waren geprägt von der Corona-Pandemie – das waren Krisenjahre auch für die Ausbildung. Praktika, Ausbildungsmessen, Berufsorientierung, ‚echte‘ Bewerbungsgespräche – vieles davon wurde erschwert oder ganz unmöglich gemacht. Aus diesem Tief sind wir jetzt heraus und die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist ungebrochen. Das Problem ist damit aber nicht gelöst, denn die Unternehmen könnten und würden gerne noch viel mehr junge Leute in Ausbildung bringen. Es fehlt nicht nur an Nachwuchs, sondern überhaupt an Personal – in allen Branchen und über alle Qualifikationsstufen hinweg, vom Hilfsarbeiter über den Azubi bis zur Fachkraft mit beruflicher Aus- und Fortbildung“, verdeutlicht Schreiner.
Konjunkturumfrage zeigt: Personalmangel weiter eines der größten Risiken für die Unternehmensentwicklung
Neben der Energiefrage oder etwa der Bürokratiebelastung nennen die niederbayerischen Betriebe in der Konjunkturumfrage der IHK vor allem den Personal- und Fachkräftemangel als eines der größten Risiken für die Unternehmensentwicklung. „Das Schlimme daran ist: Diese Entwicklung kommt mit Ansage“, kritisiert der IHK-Hauptgeschäftsführer. Als einen altbekannten Grund für die zu niedrigen Ausbildungszahlen führt Schreiner den demografischen Wandel an. So übersteige die Zahl der Renteneintritte momentan die der Schulabgänger um das Doppelte. „Die Demografie lässt sich nicht aufhalten. Aber an anderen Punkten hätte in Politik und Gesellschaft längst stärker angesetzt werden müssen, um der hohen Bedeutung der beruflichen Bildung gerecht zu werden, sie besser zu fördern und auch mit den notwendigen finanziellen Mitteln zu versehen“, betont Schreiner. Die IHK setze dieser Entwicklung einiges entgegen, erläutert er – und nennt Beispiele: die IHK-AusbildungsScouts sowie die KarriereScouts, die vor Schulklassen oder bei Elternabenden authentische Einblicke in Aus- und Weiterbildung geben, unterschiedliche Online-Angebote rund um die Ausbildungsplatzsuche, eine neue Azubi-Kampagne der IHK oder die ausgebauten Beratungs- und Serviceleistungen vom „Forum Personal“ über Lehrerfortbildungen bis zu den neuen Bildungs- und Fachkräfteberatern der IHK. Trotzdem sei bei den Jugendlichen, bei ihren Eltern, den Lehrern und auch bei den Entscheidern in der Politik immer noch viel zu wenig bekannt, welche Vielfalt und welche hervorragenden Karriere- und Verdienstchancen die berufliche Bildung bietet. In der niederbayerischen Wirtschaft wirkt sich das ganz konkret aus, das belegen die Zahlen des IHK-Fachkräftemonitors. Demnach erfordern über 80 Prozent der Arbeitsplätze in Niederbayern Kenntnisse, die mit einer Berufsausbildung erreicht werden – allein in diesem Bereich müssen aktuell 10.000 Stellen unbesetzt bleiben, Tendenz steigend. Die nächste Lücke klafft in der darauf aufbauenden Qualifikationsstufe, die sich etwa mit einer beruflichen Weiterbildung wie dem Industriemeister oder dem Fachwirt erreichen lässt: Hier fehlen rund 4.600 Kräfte. Gleichzeitig gilt: Der Bedarf an Fachkräften aus der akademischen Schiene ist in den Betrieben weitaus geringer.
Betriebe suchen vor allem beruflich Qualifizierte
Für Schreiner sind diese Befunde ein Grund zur Sorge: „Mit rund 10.700 Azubis stellen die niederbayerischen Ausbildungsbetriebe aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus mehr Auszubildende als das Handwerk oder etwa der öffentliche Dienst und die freien Berufe. Dabei zählen die meisten der über 2.500 IHK-Ausbildungsbetriebe im Bezirk zum familiengeführten Mittelstand. Dieser Mittelstand, das Herz der niederbayerischen Wirtschaft, sucht in erster Linie Fachkräfte, die sich ihr hohes Qualifikationsniveau, ihre Betriebserfahrung und ihr praktisches Können in der beruflichen Bildung erarbeitet haben. Diese Botschaft senden wir in die Schulen, in die Elternhäuser und in die Ministerien. Qualifizierte, hochmotivierte und loyale Mitarbeiter sind schon immer einer der wichtigsten Standortfaktoren in Niederbayern und bisher ein Garant für eine sehr positive wirtschaftliche Entwicklung. Diesen Standortvorteil dürfen wir nicht verspielen.“