IHK-Medieninformation

Industrie und Außenwirtschaft gehen Herausforderungen gemeinsam an

Ausschusssitzung der IHK im Technopark Ruhstorf – Krisenfestigkeit erhöhen (11.08.2022)
Gemeinsame Themen ausloten und bearbeiten, Impulse geben und den Austausch fördern – diese Zielen hatten sich rund 40 Unternehmer aus der niederbayerischen Industrie und weiteren Branchen gesetzt, die im Technopark Ruhstorf zusammengekommen sind. Hier trafen sich die Fachausschüsse der IHK Niederbayern für Industrie und Außenwirtschaft erstmals in einer gemeinsamen Sitzung.

Industrieausschussvorsitzender Prof. Buske zur Energiekrise: “Wir benötigen Planungssicherheit”

Diese Gemeinsamkeit sei für ihn ein wichtiger Ansatz, betonte der Vorsitzende des Industrieausschusses, Professor Andreas Buske von der Zwiesel Kristallglas AG. Der Vorsitzende des Außenwirtschaftsausschusses, Dr. Max Frank vom gleichnamigen Unternehmen aus Leiblfing, bekräftigte, wie wichtig ihm die gemeinsame Arbeit an den drängenden Herausforderungen für die regionalen Unternehmen ist. Denn diese Herausforderungen, das wurde in der Ausschusssitzung deutlich, sind immens. Professor Buske ging in einem Erfahrungsaustausch auf die sich anbahnende Energiekrise ein. Er beschrieb die herrschende Unsicherheit besonders in den Betrieben der energieintensiven Industrie und zeigte sich überzeugt, dass es im Winter zu Zwangsabschaltungen der Gasversorgung kommen wird. Was das bedeutet, konnte Buske am Beispiel seines eigenen Unternehmens verdeutlichen. Gasbetriebene Anlagen in der Glasindustrie ließen sich nicht einfach aus- und wieder einschalten: „Wenn man bei uns unkontrolliert abschaltet, entsteht ein Schaden in neunstelliger Höhe.“ Mit Blick auf Energieversorgung und -preise in der niederbayerischen Industrie insgesamt verband er eine gewisse Hoffnung mit einer klaren Forderung: „Es wird mit signifikanten Mehrkosten einhergehen, aber wir kommen durch diese Krise. Dafür benötigen wir aber Planungssicherheit: Welche Schritte sind geplant – wann, wo und wie wird die Gasversorgung reduziert, wenn der Bedarf nicht mehr gedeckt werden kann? Dazu vermisse ich Klarheit seitens der Politik.“

“Zeitenwende in der wirtschaftlichen Tätigkeit auf internationaler Ebene”

Da gerade die niederbayerische Industrie international hochgradig vernetzt ist, konnte der Vorsitzende des Außenwirtschaftsausschusses Dr. Frank hier direkt anschließen. Der Außenhandel stehe derzeit vor großen Problemstellungen. „Die Spielregeln im internationalen Handel funktionieren nicht mehr. Die Handelspolitik ist zum Instrument der geostrategischen Interessen geworden“, stellte Dr. Frank fest. Institutionen wie die Welthandelsorganisation (WTO), die sich seit Jahrzehnten um einen fairen und geregelten internationalen Handel bemühen, stünden vor nahezu unlösbaren Problemen. Darüber hinaus werde es immer schwieriger, bilaterale Handelsverträge zwischen der EU und anderen Regionen beziehungsweise Staaten oder auch direkt zwischen einzelnen Staaten abzuschließen. Dadurch seien die Grundlagen globaler Zusammenarbeit dauerhaft unsicherer geworden – Dr. Frank sprach von einer „Zeitenwende in der wirtschaftlichen Tätigkeit auf internationaler Ebene“.
Wie sich das in der unternehmerischen Praxis auswirkt, konnte in der Sitzung Helmut Petzko zeigen, Geschäftsführer des international agierenden Maschinenbauunternehmens Strama-MPS aus Straubing. Einerseits profitiere sein Unternehmen vom Megatrend Automatisierung, andererseits sei es heute kaum mehr möglich, etwa Maschinen nach China zu liefern. Petzko berichtete von „extrem dynamischen Prozessen“ in den Aufträgen, zerrissenen internationalen Lieferketten oder hohen Preissteigerungen in vielen Bereichen. Strama-MPS reagiere darauf mit Innovation und Veränderungsbereitschaft: „Es gibt immer Möglichkeiten, man muss aber flexibel sein und das Geschäftsmodell kontinuierlich anpassen.“ Dass sich alle diese Herausforderungen und Veränderungen aber nur bewältigen lassen mit kompetenten und engagierten Mitarbeitern, das bekräftigte in der Sitzung Stephanie Lindner, die die Lindner Group aus Arnstorf vertrat. Doch dieses Personal fehle in allen Sparten ihrer Unternehmensgruppe, von der Bauindustrie über den Pflegebereich bis zur Gastronomie. Lindner beschrieb, mit welchen Initiativen und Projekten sich das Unternehmen dem immer weiter steigenden Fachkräftemangel entgegenstellt, machte aber gleichzeitig klar, welche Dimension der Fachkräftemangel als Entwicklungsrisiko für die Wirtschaft hat: „Deutschland verliert den Anschluss.“ Es fehle nicht nur Personal: Die Pandemie habe in der Gesellschaft etwas verändert, die Leistungsbereitschaft habe in Teilen abgenommen.

IHK nimmt sich der gewachsenen Herausforderungen an

Andere Unternehmer schilderten etwa die Lage in der Ukraine und den Austausch mit den dortigen Kunden und Mitarbeitern, Schwierigkeiten in der internationalen Logistik oder die Auswirkungen der Inflation sowie der weiterhin bestehenden Corona-Einschränkungen weltweit. Klaus Jaschke, Mitglied der Geschäftsführung der IHK Niederbayern, ging auf alle diese Punkte ein und stellte vor, wie sich die IHK dieser Themen annimmt – von einem neuen Berater für die Energiefragen der Unternehmen bis zur politischen Arbeit der IHK auf Landes- Bundes- und EU-Ebene.
Eingebettet war die Ausschusssitzung in einen Rundgang durch den Technopark, geführt von Stefan Florenz als Leiter des Parks und Ansprechpartner von Siemens vor Ort. Siemens wolle mit dem Technopark den Industrie- und Fertigungsstandort Ruhstorf wiederbeleben, erläuterte Florenz: „Die große Überschrift hier ist Transformation und Innovation.“ 15 Firmen, die 300 neue Arbeitsplätze stellen, seien in dem Siemens-Areal aktuell angesiedelt. Die Ausschussmitglieder besuchten davon das 3D-Druck-Start-up prexels, die Flender GmbH mit ihrer Marke „Winergy“, die am Standort Generatoren für Windkraftanlagen fertigt, sowie Rolls Royce Solutions, die im Technopark ihre Batteriespeichercontainer auf den Prüfstand stellen.
Weiterführende Impulse konnte zudem Andrea Conradty von der Siemens AG geben – ihr Thema: Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen gegenüber aktuellen Problemen. „Es sind Zeiten des Umbruchs“, und das schon vor Corona oder Ukraine-Krieg, erklärte Conradty. „Wir müssen mehr mit weniger erreichen“, denn die Ressourcen seien endlich. Wenn Unternehmen sich aber frühzeitig und proaktiv auf Veränderungen einstellen, sich in der Krise nicht einschränken, sondern im Gegenteil in neue, digitale Technologien investieren, dann seien diese Herausforderungen zu bewältigen, so Conradty.