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Niederbayerns Wirtschaft tritt auf der Stelle

Die Wirtschaft kommt nicht in Schwung – die Konjunkturentwicklung im IHK-Bezirk Niederbayern macht eine Seitwärtsbewegung auf schwachem Niveau. Als Gründe dafür nennen die Betriebe eine ganze Liste an Herausforderungen, von fehlenden Arbeitskräften bis Bürokratiebelastung.
Nachdem die niederbayerische Wirtschaft zu Beginn des Jahres einen vergleichsweise optimistischen Start hingelegt hatte, zeigen sich die Betriebe nun weitgehend ernüchtert. IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner verdeutlicht das mit Zahlen aus der Konjunkturumfrage, für die die IHK dreimal im Jahr die regionalen Betriebe aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus um ihre Einschätzungen bittet: „Auffällig ist vor allem die Bewertung der derzeitigen Geschäftslage: Die Aufwärtsbewegung von Anfang des Jahres setzt sich hier nicht fort. Mit 43 Prozent bewerten weniger Betriebe ihre aktuelle Situation als gut. Gleichzeitig steigt der Anteil der Unternehmen, die eine schlechte Geschäftslage melden, auf 14 Prozent. Ausgeglichen wird das nur von etwas aussichtsreicheren Erwartungen für die Zukunft. Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der Lage und Erwartungen miteinander verrechnet, hat sich mit 112 Zählern im Vergleich zur Vorumfrage kaum verändert, liegt allerdings weiter unter dem langjährigen Durchschnitt“, fasst Schreiner die Umfrageergebnisse zusammen. Als Gründe für die schwächere Entwicklung nennen die Unternehmen zunächst die bereits bekannten Hemmfaktoren: vor allem fehlendes Personal sowie die starken Preissteigerungen bei Energie, Waren und Rohstoffen. Auch die schwache Inlandsnachfrage belastet zunehmend: Aufgrund der anhaltend hohen Inflation fällt der Privatkonsum als Konjunkturstütze weitgehend aus. Das bekommt vor allem der Einzelhandel zu spüren. Es gebe aber auch positive Ergebnisse aus der Umfrage, betont Schreiner: „Die Lieferkettenprobleme haben sich in vielen Bereichen entspannt und die Exportaussichten hellen sich auf. Besonders im Nordamerikageschäft erwarten die Betriebe eine spürbare Verbesserung. Davon erhofft sich speziell die exportorientierte Industrie einen Schub. Die Tourismusbranche blickt optimistisch auf die kommende Sommersaison und rechnet mit einer guten Auslastung.“ Flächendeckend lassen die Sorgen der niederbayerischen Unternehmen mit Blick auf die zukünftige Entwicklung langsam nach, die Stimmung bleibt allerdings verhalten. Jeder fünfte befragte Betrieb rechnet mit einer Verbesserung in den nächsten Monaten, ein noch höherer Anteil geht aber vom genauen Gegenteil aus.

Steigende Kosten drücken auf die Liquidität

Die Kostensteigerungen in vielen Bereichen stellen aktuell für die Wirtschaft eine besondere Belastung dar – auch das zeigt die IHK-Umfrage. So erreichen beispielsweise die Arbeitskosten in der Risikobewertung der Unternehmen ein neues Allzeithoch. Eine vollständige Weitergabe der Preissteigerungen an den Kunden ist häufig nicht möglich, gleichzeitig erschweren die jüngsten Zinserhöhungen die Finanzierung. Das hemmt die notwendigen unternehmerischen Investitionen und bleibt nicht ohne Folgen für die Liquidität der Betriebe: Sechs Prozent bewerten ihre Liquiditätslage mittlerweile als schlecht, im Tourismus sind es dreimal so viele.
Bei der Einordnung der aktuellen Umfrageergebnisse wird IHK-Präsident Thomas Leebmann deutlich: „Die Liste der Herausforderungen für die Unternehmen ist lang. Die Wirtschaftspolitik wird dem aber kaum gerecht – dabei liegen die Forderungen der Unternehmen auf dem Tisch. Es ist sehr klar, was notwendig ist, damit unser Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt wird.“ Drei Punkte setzt Leebmann auf die Forderungsliste der Wirtschaft an die Politik: Erstens eine gesicherte Energieversorgung zu international wettbewerbsfähigen Preisen, verbunden mit einem raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der notwendigen Speicher und Netze. Zweitens bessere Rahmenbedingungen für die Fachkräftesicherung, um mehr inländische Potenziale bei den Arbeitskräften zu heben sowie die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland schneller, einfacher und effektiver zu machen. Und drittens ein Abbau der Bürokratiebelastung.

Bremsklotz Bürokratie

„Bürokratische Vorschriften und Auflagen finden sich in allen angesprochenen Bereichen für die Wirtschaft, von Fachkräftezuwanderung über Unternehmensfinanzierung bis Auslandsgeschäft. Wir brauchen nicht nur mehr Geschwindigkeit und Digitalisierung bei den bestehenden Verfahren, sondern vor allem auch insgesamt weniger Regulierung. Die Bürokratie ist derzeit einer der größten Bremsklötze für die Wirtschaft“, kritisiert Leebmann.
In den Konjunkturbericht der IHK Niederbayern fließen die Einschätzungen von 379 regionalen Betrieben zu Wirtschaftslage und -erwartungen ein. Die befragten Unternehmen sind eine repräsentative Auswahl aus den rund 90.000 Mitgliedsbetrieben der IHK und kommen aus allen Wirtschaftszweigen und Unternehmensgrößen. Der detaillierte Konjunkturbericht ist aufbereitet verfügbar unter www.ihk-niederbayern.de/konjunktur