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Verjährung von Ansprüchen

1. Allgemeines

Gerade im Stadium als Existenzgründer oder auch als (Jung-) Unternehmen ist es wichtig, sich mit dem Thema Verjährung auseinanderzusetzen, da sich durch eine drohende Verjährung die rechtliche Durchsetzbarkeit eines an sich bestehenden Anspruchs bzw. einer offenen Forderung ändert.
Ein verjährter Anspruch bleibt zwar im Grunde bestehen, jedoch muss der Schuldner ihn nicht mehr erfüllen. Der Schuldner kann sich sodann auf das Vorliegen der Verjährung berufen und die Erfüllung des Anspruchs verweigern.
Das Gesetz sieht eine Regelverjährung (2.) vor, zu der es zahlreiche Ausnahmen (3.) gibt. Die Verjährung kann unter bestimmten Umständen gehemmt (4.) oder sogar zum Neubeginn (5.) gebracht werden.
Merke:
  • Unter der Verjährung versteht man die eintretende Unmöglichkeit, einen Anspruch durchzusetzen.
  • Die Verjährung tritt zeitlich durch Fristablauf ein.
  • Der Anspruch ist gesetzlich formuliert in das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§194 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), also von jemanden ein Handeln oder Nichthandeln zu fordern.
  • Ein schuldrechtlicher Anspruch kann auch als eine Forderung bezeichnet werden.

2. Die Regel- (Verjährung)

Die Regelverjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB), sofern keine Sonderverjährungsregeln anzuwenden sind.
Vertragliche Ansprüche unterliegen der Regelverjährung, beispielsweise solche aus Kaufverträgen, Werkverträgen oder Mietverträgen.
Beispiele für die Regelverjährung:
Lieferansprüche aus Kauf- oder Werkverträgen, Ansprüche auf Erfüllung aus Aufträgen oder Dienstleistungsverträgen, Zahlungsansprüche aus sämtlichen Verträgen.
Die regelmäßige Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres,
  • in dem der Anspruch entstanden ist und
  • der Gläubiger Kenntnis von den Umständen erlangt hat die den Anspruch begründen.
Beispiel:
  • B liefert am 12. September 2018 an A bestellte Ware.
  • Am 18. September 2018 stellt B der A diese Lieferung in Rechnung.
  • A zahlt trotz mehrfacher Mahnschreiben, vom 28. Oktober 2018, 15. Dezember 2018, 23. Februar 2019 nicht.
  • Die Verjährung des Zahlungsanspruchs von B beginnt am 31. Dezember 2018 zu laufen und würde am 31. Dezember 2021 enden.
  • Mahnschreiben hemmen oder unterbrechen die Verjährung nicht .
Unabhängig davon, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt, verjähren diese Ansprüche spätestens 10 Jahre nach Entstehung des Anspruchs.

3. Die Ausnahmen (Sonderverjährung)

Sonderverjährungsfristen finden sich – falls vorhanden – in speziellen, den jeweiligen Anspruch regelnden Normen, wie Handelsgesetzbuch, Aktiengesetz oder auch Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB). Nachfolgend sollen zwei ausgewählte Sonderverjährungsvorschriften kurz aufgezeigt werden.

a) 30-jährige Verjährung

Statt der dreijährigen Regelverjährung gilt beispielsweise für die nachfolgenden Anspruchsarten eine 30-jährige Verjährungsfrist (§ 197, § 199 Abs. 2 BGB) mit unterschiedlichem Beginn der Fristenläufe.
Anspruchsart
Fristbeginn
Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten
mit Entstehung
Rechtskräftig festgestellte Ansprüche (Urteile)
mit der Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden
mit der Errichtung des vollstreckbaren Titel
Schadensersatzansprüche, die auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen
mit Eintritt des schadensauslösenden Ereignisses

b) Gewährleistungsansprüche bei Mängeln

Eine weitere Sonderregel gilt für die Verjährung von Ansprüchen bei Vorliegen einer mangelhaften Sache (§ 438 BGB).
Anspruch
Verjährungsfrist
Mängelansprüche
2 Jahre
arglistig verschwiegene Mängel
3 Jahre
Mängelansprüche an Bauwerken
5 Jahre
Mangel besteht im dinglichen Recht eines Dritten   
30 Jahre
Bei Kaufverträgen beginnt die Verjährungsfrist abweichend von der Regelverjährung nicht zum Ende des Jahres, sondern regelmäßig mit Übergabe bzw. Ablieferung der Kaufsache.
Sollte der Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen worden sein (sog. Verbrauchsgüterkaufvertrag), sind ergänzend die Sonderregelungen des § 475 e BGB zu beachten.

c) Vertragliche Regelungen

Zudem kann abweichend von den gesetzlichen Verjährungsregelungen vertraglich ein anderer Verjährungsbeginn oder eine andere Verjährungsfrist vereinbart werden. Der Gestaltungsfreiheit sind hier jedoch etwa im Verhältnis zu Verbrauchern Grenzen gesetzt. So ist die Abkürzung besonderer und vom Gesetzgeber als zwingend erachteter Verjährungsfristen nicht möglich (insbesondere hinsichtlich von Mängelgewährleistungsansprüchen von Verbrauchern).

4. Die Unterbrechung (Hemmung der Verjährung)

Die Hemmung der Verjährung bedeutet, dass mit Eintritt des Hemmungsgrundes die Verjährung zum Stillstand kommt und nach dessen Wegfall weiterläuft. Der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. 
Die Verjährung ist insbesondere gehemmt bei Rechtsverfolgungsmaßnahmen. Die Wichtigsten sind (§ 204 I 1 Nr. 1-14 BGB):
  • Klageerhebung
  • Mahnverfahren
  • Streitverkündung
  • Insolvenzverfahren
Wichtig: Außergerichtliche Mahnungen (Zahlungsaufforderungen) führen zu keiner Hemmung der laufenden Verjährung von Ansprüchen.

Eine Ausnahme hiervon bilden die Vollstreckungsmaßnahmen, die auch weiterhin den Neubeginn der Verjährung auslösen.
Die Hemmung endet 6 Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Erledigung des eingeleiteten Verfahrens. Bei Nichtbetreiben des Verfahrens gilt die letzte Verfahrenshandlung als entscheidendes Datum für die sechsmonatige Frist.
Hemmende Wirkung können daneben auch schwebende (und ernsthafte) Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger entfalten. In diesem Fall ist die Verjährungsfrist solange gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert (§ 203 BGB).

5. Restart (Neubeginn der Verjährung)

Neubeginn der Verjährung (früher: Unterbrechung) bedeutet, dass nach dem Ereignis, welches zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führt, die volle Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt. Unterbrechende Ereignisse sind nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 212 BGB):
  • die Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise
  • eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung, die vorgenommen oder beantragt wird.

Diese Kurzinformation erläutert die in der unternehmerischen Praxis wichtigsten Verjährungsfristen, ohne das Gesamtsystem des umfangreichen Verjährungsrechts erschöpfend darzustellen. Die IHK-Information wurde mit großer Sorgfalt erstellt, jedoch kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden.
Stand: Januar 2022