Neuordnung „Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen“

Um für die neuen Anforderungen in der Versicherungswirtschaft gewappnet zu sein, hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag der Bundesregierung gemeinsam mit den zuständigen Bundesministerien, den Sozialpartnern und Sachverständigen aus der betrieblichen Praxis die neue Ausbildungsordnung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzanlagen /zur Kauffrau für Versicherungen und Finanzanlagen erarbeitet, die am 1. August 2022 in Kraft tritt. 

Hintergrund der Neuordnung: Die stark beratungs- und vertriebsorientierte Versicherungsbranche hat sich in den letzten Jahren dynamisch weiterentwickelt, digitale Errungenschaften neuerer Generation ermöglichen neue Geschäftsmodelle und auf den Kunden zugeschnittene Angebote können über vielfältige digitale Kanäle bereitgestellt werden. Parallel weiten sich die regulatorischen Vorgaben aus. Aspekte wie Serviceorientierung, Beratungsqualität und Kundennähe nehmen eine immer wichtigere Rolle ein. Dies eröffnet Kaufleuten für Versicherungen und Finanzanlagen neue Möglichkeiten. Hierfür ist besonders motiviertes und qualifiziertes Personal notwendig, um die digitalisierten Arbeitsformen und Geschäftsprozesse in qualitativ hochwertiger Form und für den Kunden überzeugend zu bewältigen. Daraus erwachsen vor allem für junge Menschen, die in das Berufsleben einsteigen, vielfältige Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten. 

Was ist neu: Im Ergebnis wurde das hohe Qualifikationsniveau des Berufsbildes in der neuen Ausbildungsordnung beibehalten. Es wurde eine breite Kernqualifikation entwickelt, in der vor allem digitale Kompetenzen, moderne Arbeits- und Projektmethoden sowie ganzheitliche und nachhaltige Beratung stärker verankert sind. So wurden digitale Aspekte und Kompetenzen in einer Art integriert, die eine handlungsbezogene Vermittlung erlaubt. Die hierbei vorgenommenen technikneutralen Beschreibungen ermöglichen eine flexible Anpassung an zukünftige Entwicklungen. Die Ausbildung wurde kompetenzorientiert gestaltet.
Das heißt: Die Beschreibung der beruflichen Tätigkeiten erfolgt in Form vollständiger Handlungen, in denen fachliche, methodische, soziale sowie personale Kompetenzen berücksichtigt werden und orientiert sich an den betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozessen. Herzstück sind hierbei die Kundenbedarfsfelder, entlang derer die zu vermittelnden Kompetenzen aufgebaut werden. Hierzu zählt die Absicherung von Wohnen und Wohneigentum, der Berufsausübung und Freizeitgestaltung, von Mobilität und Reisen, von Krankheit und Pflege sowie die Förderung der Gesundheit ebenso, wie die Vermögensbildung und die Vorsorge für das Alter sowie Einkommensabsicherung und Hinterbliebenenversorgung. Überhaupt stehen Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden im Mittelpunkt, weshalb die Kompetenz, Kundinnen und Kunden ganzheitlich in verschiedenen Lebenssituationen individuell beraten und betreuen zu können, einen hohen Stellenwert in der modernisierten Ausbildung erhält. Auch das Thema Nachhaltigkeit hat einen höheren Stellenwert erhalten, daher fließen Nachhaltigkeitsaspekte, über die Standardberufsbildpositionen hinaus, an verschiedenen Stellen in die Ausbildung ein. 

Die Ausbildung erhält auch eine neue Strukturierung: Die zwei Fachrichtungen wurden aufgehoben und die Wahlqualifikationen auf den neuesten Stand gebracht. Die Spezialisierung erfolgt nun in einer von fünf Wahlqualifikationen und ermöglicht eine passgenaue, an den prägenden Profilen der zukünftigen Tätigkeiten orientierte Ausbildung. In diesem Zusammenhang wurde erstmalig auch eine „hybride Wahlqualifikation“ entwickelt, die das versicherungsfachliche Wissen mit IT-Inhalten zusammenführt und auch für eine Tätigkeit an der IT-Schnittstelle in der Versicherungswirtschaft befähigt. 

Wie die neue Berufsbezeichnung verdeutlicht, wurde in der novellierten Ausbildung der Bereich Finanzanlagen fundiert berücksichtigt, jedoch das Themengebiet Finanzierungen komplett herausgenommen, um die Ausbildung nicht zu überfrachten. Die Inhalte für den berufsschulischen Teil der Ausbildung wurden ebenfalls modernisiert. Die Kultusministerkonferenz (KMK) erarbeitete parallel den neuen Rahmenlehrplan für den berufsbezogenen Unterricht in den Berufsschulen aller 16 Bundesländer und verfolgte dabei einen breiten, lernfeldorientierten Ansatz. Auch die Anforderungen in der Prüfung wurden so überarbeitet, dass sie den aktuellen Ausbildungsinhalten entsprechen. Neu ist die Gestreckte Abschlussprüfung. Nun besteht die Abschlussprüfung aus zwei zeitlich voneinander getrennten Teilen, deren erster Teil die bisherige Zwischenprüfung ersetzt und im vierten Ausbildungshalbjahr durchgeführt wird. Teil 2 der Prüfung erfolgt zum Ende der Ausbildung. Außerdem haben leistungsstarke Auszubildende die Möglichkeit, sich zusätzlich in einer weiteren Wahlqualifikation, in Form einer sogenannten „Zusatzqualifikation“, prüfen zu lassen.

Bei Fragen zur neuen Ausbildungsordnung helfen unsere Ausbildungsberater Ihnen gerne weiter.