Internationale Lieferketten

Erfahrungen aus deutschem Lieferkettengesetz in der EU nutzen

Die Zielsetzung des EU-Lieferkettengesetzes wird von der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt geteilt, denn kein Unternehmen möchte zu Menschenrechtsverletzungen beitragen. Es ist wichtig, dass Lehren aus dem deutschen Lieferkettengesetz in der EU Anwendung finden. Erfahrungen aus Frankreich und Deutschland sollte man sich zu Nutze zu machen. Mindestens sollte analog zum deutschen Gesetz z.B. die unterschiedlichen Größen und Marktstellung von Betrieben berücksichtigt werden. Auch sollte an der Bemühenspflicht für Unternehmen, nicht aber an einer Erfolgspflicht, festgehalten werden. Unternehmen können eine Veränderung der Arbeitsbedingungen in anderen Ländern nicht garantieren, sich aber mit ihrem Einfluss bemühen, dass Maßnahmen getroffen werden. Gerade mit Blick auf eine mögliche zivilrechtliche Haftung auf EU-Ebene ist dieser Ansatz praxisnäher. Insgesamt sollte sich dafür eingesetzt werden, dass das EU-Lieferkettengesetz nicht über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus geht.

Lieferkettendiversifizierung unterstützen, nicht einschränken

Aufgrund deutscher und europäischer gesetzlicher Bestimmungen – auch aus Angst vor kommenden Neuerungen – beenden Unternehmen bestehende Handelsbeziehungen. Dies konterkariert die entwicklungsfördernde Wirkung globaler Wertschöpfungsketten und erschwert die Diversifizierung von Lieferketten und den Abbau einseitiger Abhängigkeiten. Zulieferer aus Drittstaaten, die andere Handelsmöglichkeiten haben, wenden sich von deutschen Kunden ab, da sie mit diesen mehr Aufwand betreiben müssen oder erhöhen für sie die Preise. Somit wird es teurer bei bestehenden Geschäftskontakten und auch bei neuen wird es sich schnell herumsprechen, unter welchem Druck die Unternehmen stehen. Andersherum setzen deutsche Unternehmen, um das Rechtsrisiko und die Komplexität der Handelsbeziehungen zu reduzieren, tendenziell auf größere Zulieferer, die Zertifikate vorweisen können. Im Ergebnis verlieren Kleinstunternehmen, die sich keine Zertifizierung leisten können, mittelbar an Geschäftstätigkeit. Insofern trifft das oftmals gerade solche Unternehmen, die durch Mikrokredite gefördert und häufig durch Frauen gegründet sind.

Zunahme von indirekten Berichtspflichten reduzieren

Die Pflicht zu einem Nachhaltigkeitsbericht wird auch Auswirkungen auf KMU in Sachsen-Anhalt haben: Dazu gehören die Geschäftspartner bzw. Zulieferer der berichtspflichtigen Unternehmen. Denn das berichtspflichtige Unternehmen wird zur Erfüllung der eigenen Nachhaltigkeitsberichtspflicht auf Informationen seiner Zulieferer zurückgreifen müssen und diese auffordern, entsprechende Informationen zu liefern. Grund hierfür ist, dass das große Unternehmen bei fehlenden Informationen entlang seiner Lieferkette seine eigenen gesetzlichen Berichtspflichten nicht erfüllen kann.

Ambitionen im Nachhaltigkeitsbereich international angehen

Auch im Ausland tragen deutsche Unternehmen in der Tradition des Leitbilds der Ehrbaren Kaufleute zu höheren Sozial- und Umweltstandards, besserer Bildung und damit zu Wachstum und Wohlstand bei. Eine nachhaltige Gesellschaftstransformation kann nur gelingen, wenn Regeln praxistauglich sind und den Wirtschaftsstandort langfristig stärken. Für die deutsche Wirtschaft ist es daher wichtiger denn je, dass europäische Ambitionen im Nachhaltigkeitsbereich nicht zum internationalen Wettbewerbsnachteil werden. Die EU-Handelspolitik sollte daher ihre Schlagkraft und Abschlussfähigkeit erhöhen und Überfrachtungen mit handelsfernen Themen vermeiden. Unilaterale Maßnahmen sind weniger effektiv und bergen die Gefahr von wirtschaftsschädlichen Handelskonflikten und mehr Protektionismus. Regelungen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz oder Menschenrechte sollte die EU daher verstärkt international vorantreiben (WTO, OECD, G20, G7 etc.), wodurch diese global zur Geltung kommen können und um neue Handelskonflikte sowie Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Insbesondere sollte eine Vereinheitlichung oder zumindest Kompatibilität der Nachhaltigkeitsvorgaben sichergestellt werden. EU-Vorgaben zu Sorgfaltspflichten in Lieferketten und zum Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit sollten so ausgestaltet sein, dass sie Unternehmen stärkere Anreize für nachhaltigere Lieferketten – auch an schwierigen Standorten – bieten, anstatt den Handel mit herausfordernderen Partnerländern oder Regionen breitflächig zu erschweren.

CBAM global denken

Zur wichtigen Frage der wirksamen Eindämmung des Klimawandels bedarf es globaler Lösungsansätze und eines koordinierten Handelns aller relevanten CO2-emittierenden Länder. Die Unternehmen sind gleichzeitig auf einen wirksamen und effizienten Schutz vor Carbon Leakage angewiesen. Der EU Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) sollte daher rasch um einen Klimaclub mit möglichst vielen relevanten Handelspartnern ergänzt werden, um Handelskonflikte und Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Bei der Umsetzung von CBAM muss neben der WTO-Kompatibilität insbesondere die Exportseite klar vor Standortnachteilen bewahrt werden und der Bürokratieaufwand etwa durch ein EU CBAM Self-Assessment Tool reduziert werden.