Tourismusroute in Form einer 8

Straße der Romanik

Die Straße der Romanik wird 25 Jahre alt. 88 historische Bauwerke liegen auf der Tourismusroute in Form einer 8 mit der Landeshauptstadt Magdeburg im Schnittpunkt. Sehenswürdigkeiten auf dem 1000 Kilometer langen Rundkurs ziehen jährlich 1,6 Millionen Besucher an. Der Erfolg liegt jedoch nicht allein im Romanik-Konzept. Insbesondere die Klosteranlagen in Sachsen-Anhalt haben ihr Profil geschärft und mit reichhaltigen Veranstaltungsangeboten Besuchsanreize geschaffen.

Kloster Michaelstein

Faszination für Alte Musik

Alte Gemäuer, alte Rosen, historische Instrumente – das von Zisterzienser-Mönchen errichtete Kloster Michaelstein in Blankenburg schwingt im Dreiklang von Geschichte, Gärten und Musikausstellung.
Die Musik hat bereits in den 1960er Jahren im Kloster Michaelstein eine Heimstatt gefunden, Instrumente wurden zusammengesucht, Musiker voller Leidenschaft gründeten ein Collegium Musicum und konzentrierten sich vor allem auf Barockmusik. Zur Musikwissenschaft in Halle wurden enge Kontakte aufgebaut, die bis heute gepflegt werden. Musikstücke wurden in ihre historischen Zusammenhänge gestellt und interpretiert. Zeitgeist und Mode spielten ebenso eine Rolle wie die Lebensgeschichten der Komponisten, ihr in Briefwechseln deutlich werdendes Denken und Fühlen und natürlich die historischen Instrumente.
»Dank dieser kontinuierlichen Musikpflege hat Kloster Michaelstein weit über die Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf als Musikstätte, internationale Künstler kommen hierher zu Foren und Konferenzen«, berichtet Dr. Ute Omonsky, Abteilungsleiterin der Musikakademie.
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Barockorchester der Europäischen Union

Nach der Wende sind neue Projekte entstanden wie die Angebote für junge Leute mit Lust auf Alte Musik: Seit 2006 finden sich zweimal im Jahr Musikschüler und –studenten aus allen Teilen Deutschlands zum Jugendbarockorchester Michaelstein »Bachs Erben« zusammen. Zur Förderung der jüngeren Musikschüler gibt es den Winter- und den Sommerkurs der Michaelsteiner Baroccaner. »Das Abschlusskonzert ist immer ein fantastisches Ergebnis«, sagt Direktor Peter Grunwald. Seit 2001 ist zudem das Barockorchester der Europäischen Union jedes Jahr im Kloster Michaelstein zu Gast. Auch das Klostermuseum hat eine Menge zu bieten. Besucher können sich in der Ausstellung KlangZeitRaum auf eine Zeitreise in frühere Epochen begeben, die beeindruckende Sammlung von Tasten und Blasinstrumenten sowie vogtländischen Geigen bestaunen, sie können Berliner Salongeflüster lauschen und einen Teil von Bachs Weihnachtsoratorium in einer Ton-Licht-Installation erleben. Der Kräutergarten und die »Speisekammer des Klosters« mit Obst und einer großen Vielfalt an Gemüse und Kräutern bieten viele Erlebnisse für die Sinne von der Schönheit alter Rosen über den Duft von Lavendel, Salbei und Minze bis zum Summen der Klosterbienen und dem Gezwitscher der Vögel. Heilsames und Würziges und viel Vitaminreiches wird in den nach den Klosterplänen von St. Gallen angelegten Gärten kultiviert.
Das Klosterleben von heute ist durch eine Vielfalt von Veranstaltungen geprägt: Firmen führen Tagungen durch und feiern Feste; in der Standesamt-Außenstelle der Stadt Blankenburg werden Ehen geschlossen und können in der Klosterkirche auch gleich vor Gott besiegelt werden, bevor es im »Weißen Mönch« an die Festtafel geht. Es finden Konzerte in Musikscheune und Refektorium statt, im DrumCircle wird nach Herzenslust getrommelt, Kloster-Kräuter werden verarbeitet und verkostet, auch Abendführungen im Kerzenschein sind reizvoll.
Kloster Michaelstein liegt am europäischen Fernradwanderweg R1, wird von Pilgern besucht, Wanderer stempeln hier ihr Heft zur Harzer Wandernadel ab. »So vielseitig ist kaum ein Kloster«, sagt Simon Sosnitza, Abteilungsleiter Museum/Klostergärten, der die Geschichte des Klosters aufarbeitet und Besuchern auch gern vom echten und wenig bequemen Klosterleben der Zisterziensermönche im Mittelalter erzählt.
Zu besonderen Höhepunkten des modernen Klosterlebens gehören auch der Harzer KlosterSommer oder das jährliche Klosterfest am ersten Sonntag im August mit bis zu 3.000 Besuchern.

Kloster Drübeck

Tagungsstätte mit preisgekrönter Architektur

Einen Tag zuvor, jeweils am ersten Sonnabend im August, ist das Kloster St. Vitus in Drübeck, das ebenfalls am HarzerKloster- Sommer beteiligt ist, Gastgeber der »Romantischen Nacht« mit Konzerten und Kerzenschein, mit Tanz, Lyrik und kulinarischen Köstlichkeiten. Im originalgetreu geschneiderten Gewand der Äbtissin Eleonore zu Stolberg-Wernigerode (1723 – 1786) empfängt Gästeführerin Renate Eitz die Besucher. Interessierten berichtet sie bei Klosterführungen aus der Geschichte des 960 gegründeten Benediktinerinnenklosters, von der letzten katholischen Äbtissin Katharina zu Stolberg-Wernigerode, von der Reformation und der späteren Weiterführung als Damenstift. Vor der Wende ist das Kloster von der Evangelischen Diakonie Berlin als Erholungsheim genutzt worden, mit der Wende fiel es in einen »Dornröschenschlaf«. »Bis 1995 war hier alles verriegelt und verrammelt, dann bekam das Kloster Drübeck den Zuschlag als Tagungshaus der evangelischen Kirche«, erzählt Renate Eitz, »zunächst wurde das Äbtissinnenhaus wieder geöffnet, dann wurde nach und nach saniert und neu gebaut.«
Nach den Plänen des Magdeburger Steinblock Architektenbüros wurden zwei ehemalige Domänenscheunen und ein Stall umgebaut, Denkmalschutz und moderne Architektur auf einzigartige Weise miteinander verbunden. Als »herausragendes Ensemble« mit Festsaal und Tagungsräumen ist es 2008 mit dem Magdeburger Architekten- und Ingenieurpreis als »Bauwerk des Jahres« ausgezeichnet worden und gehört zu den bedeutenden Baukulturstätten Sachsen-Anhalts.
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Familienfeiern, Hochzeiten und Klassentreffen

Vielfältige Veranstaltungsangebote locken Besucher nach Drübeck. Das Kloster ist Schauplatz für Familienfeiern, Hochzeiten und Klassentreffen, für Fastenseminare und Tanzkreise, Chorproben und Ärztekongresse. Und obwohl das Gelände Schlafmöglichkeiten für bis zu 104 Gäste bietet, müssen sich Gruppen auf lange Voranmeldezeiten einrichten. »Wir sind sehr gut ausgebucht«, sagt Renate Eitz.
Neben Tagungsbereich und Begegnungsstätte gehören zum Kloster das Pädagogisch-Theologische Institut mit einer Bibliothek der Medienzentrale der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, das Pastoralkolleg und das »Haus der Stille«. Das »Haus der Stille« bietet Menschen die Gelegenheit, im Schweigen ihre Wahrnehmung nach innen und außen zu vertiefen. Das PTI gestaltet Aus- und Weiterbildungen für Vikare, Religions- und Ethiklehrer, Erzieher und Ehrenamtliche. Im Pastoralkolleg studieren Pfarrer und Pfarrerinnen die Heilige Schrift, diskutieren, reflektieren und beten.

Kloster Jerichow

Einzigartiges Backstein-Ensemble

Das älteste Backsteingebäude Norddeutschlands, das Kloster Jerichow, »ist ein Anziehungspunkt für Besucher aus ganz Deutschland und der Welt«, sagt Bernd Witt, Leiter der Stiftungsverwaltung Kloster Jerichow. Ausländische Gäste kommen vor allem wegen der Einzigartigkeit des Ensembles an der Straße der Romanik mit Klosterkirche, Klausur, Kreuzgängen, Klostergärten, Wirtschaftsgebäude und Klostermauer.
Elberadtouristen auf der Ostroute des Fernweges steigen am Kloster gern aus dem Sattel, um durch die Gärten zu schlendern oder im Kloster-Café einzukehren. Weitere Attraktionen sind die Ausstellung zur Klostergeschichte im Dormitorium und das Backsteinmuseum, das Einblicke in die Historie und Technologie der Backsteinherstellung ermöglicht.
Ein reichhaltiger Veranstaltungskalender von Brunch bis Brennerabend, von Kabarett und Konzert bis zur Kräuterführung spricht viel regionales Publikum an. Auch Hochzeiten und andere Familienfeste werden innerhalb der Klostermauern gern und oft gefeiert. Alles zusammen sind es rund 50.000 Besucher im Jahr.
Reizvoll und sehr besonders ist der Nutzgarten: Hoch- und Flachbeete wurden nach historischen Vorbildern gestaltet mit ortstypischen Materialien, die traditionell verarbeitet wurden. Die verwendeten Pflanzen gab es laut Quellennachweis bereits vor 1500. »Das ist einzigartig«, betont Bernd Witt. Anlässlich der BUGA 2015 in der Havelregion sind 13 Themengärten neu gestaltet worden.

Düfte und Farbenpracht

Besucher können sich von Düften und Farbenpracht verführen lassen oder im Ruhegarten dem Blätterrauschen der Bäume lauschen. Der Färbergarten zeigt eine Auswahl an alten Färbepflanzen, im Braille-Garten können die Pflanzen auf schwebenden Beeten ertastet und errochen werden. Sehr alte Sorten und ganz neue Züchtungen finden sich in den Obstgärten, historische Gerätschaften im Bauerngarten zeugen von der schweren Feldarbeit in früheren Jahrhunderten. Mit dem Thema Backsteinbau und Klostergarten wird sich das Kloster Jerichow an verschiedenen Tagen auch als Partner der Landesgartenschau 2018 in Burg interessierten Garten- und Pflanzenfreunden präsentieren.
Ein großes Jubiläum wird 2020/21 gefeiert: 900 Jahre Prämonstratenser in Jerichow. Die Mönche hatten das Kloster gegründet und aus Mangel an Natursteinen die »Romanik in Backstein« begründet. Ausstellungen und Veranstaltungen werden bereits geplant.

Von Arendsee bis Schulpforte

Im Norden von Sachsen-Anhalt zeugt die Ruine des Benediktinerinnenklosters St. Marien in Arendsee von romanischer Architektur. Gut erhalten ist die Basilika, eine der frühesten gewölbten Backsteinkirchen der Region. Seit dem Jahr 2000 entwickelt sich das Kloster Arendsee mit Handwerkermärkten, Lesungen, Konzerten und Theateraufführungen sowie Ausstellungen immer mehr zu einem kulturellen Zentrum. Auch ein Klosterladen und ein kleines Heimatmuseum laden zum Besuch ein. Weitere Klöster oder Klosterkirchen können auf der Straße der Romanik in Diesdorf, Groß Ammensleben, Hadmersleben, Memleben, Nienburg, Kloster Gröningen, Helfta, Ilsenburg, Schulpforte, Klostermansfeld und Ermsleben besichtigt werden.

Autorin: Bettina Koch aus "Der Markt in Mitteldeutschland", 09/2017