Schloss Hohenerxleben

Historisches Ensemble wird erhalten

Historisches Ensemble wird erhalten: Verträumt und malerisch mag man das Schloss Hohenerxleben durchaus nennen. Wenige Kilometer von Staßfurt entfernt liegt es abseits großer Verkehrsadern, ohne dass es schwer zu erreichen ist.
Die Autobahnen A14 und A36 verlaufen einen Steinwurf entfernt vorbei. Zudem lohnt sich ein Abstecher vom Europaradweg 1 aus, der den kleinen Ort auf seiner Route berührt. Ein idyllischer Ausflugsort ist das altehrwürdige Gebäude allemal. Radler legen dort einen Zwischenstopp ein, Autofahrer kommen auf engen Straßen in diesen Zipfel Anhalts. Die Gründe für eine Stippvisite zu einer der bedeutendsten Renaissance-Anlagen des Saale-Bode-Raumes sind vielfältig. Nach 1989 fast dem Verfall preisgegeben hat sich längst alles zum Besseren gewendet. Ein Kraftakt ohnegleichen hat sich bezahlt gemacht. Manche Narben der wechselvollen Vergangenheit sind noch zu tilgen.
Es war ein kleiner Freundeskreis Berliner Künstler, die sich 1997 für die Rettung entschied. »Wir gingen damals eigentlich sehr naiv an die Rettung des Schlosses«, berichtet Heinrich D. Funke. Potenziale wurden gesehen, eine Aufgabe, die forderte. Ursprünglich als GbR gegründet zeigte sich schnell, wie umfassend die Sanierung sein musste. Bereits im Sommer des folgenden Jahres ein kluger Schritt. Die gemeinnützige Schloss Theatrum Herberge Hohenerxleben Stiftung als Eigentümerin des Schlosses entstand. Bei ihr laufen alle Fäden des inzwischen vielseitig genutzten Hauses zusammen. Funke nennt die immensen Bauarbeiten eine Voraussetzung für den Betrieb. Das Dach ist längst dicht, zwei Drittel der Innenräume sind saniert. Mehrere Millionen aus unterschiedlichen Fördertöpfen und Spenden sowie Eigenmittel flossen bislang. Trotzdem sei noch ein gerüttelt Maß an Aufgaben zu erfüllen. Für den Theatersaal steht die Renovierung noch aus. Die Schönheitskur für den Schlossturm soll als nächstes größeres Vorhaben 2024 in Angriff genommen werden.

Historische Anmutung passt

Beim Rundgang durch das Haus zeigt sich das Vollbrachte augenscheinlich. Fußböden und Holzpaneel sind wiederhergestellt, die historische Anmutung passt. Heinrich D. Funke, der seit dem Tod der Gründungspräsidentin Ingrid von Krosigk als Präsident fungiert, gerät ins Schwärmen, wenn er an die Leistungen von Handwerksbetrieben aus der Region, von Mitarbeitern einer Beschäftigungsgesellschaft sowie der vielfältigen ehrenamtlichen Arbeit spricht. Alle hätten Hervorragendes geleistet. Stück für Stück bekamen viele Räume ein neues Leben eingehaucht, um das Projekt in sinnvolle Bahnen zu leiten und anziehend zu machen. Da ist das Ensemble Theatrum, eine freie Theatergruppe mit fester Bühne. Neben den eigenen Inszenierungen gibt es Konzerte, Gastspiele, Theater- und Musikworkshops für Menschen jeden Alters. Der Spielplan verzeichnet durchschnittlich an die fünf Angebote im Monat.

Künstler- und Kreativwerkstatt

In der Künstler- und Kreativwerkstatt werden Kurse angeboten, Erwachsene sind zu Malwochen eingeladen. »Die Gute Stube« heißt das Restaurant und Café. 15 Frauen und Männer stehen allein dort in Lohn und Brot. Vier Auszubildende beispielsweise zur Veranstaltungskauffrau oder zu Restaurantfachleuten sind darunter. Die Coronazeit scheint vergessen. Mit einem Lieferservice sei kreativ die Talsohle durchschritten worden, mancher Stammgast kaufte Gutscheine für die Zeit danach. Staatliche Unterstützungen wie das Kurzarbeitergeld taten ein Übriges. Acht romantisch gestaltet Doppelzimmer stehen für Übernachtungen bereit. Im eigenen Standesamt können sich Paare das Ja-Wort geben. Und nicht zu vergessen: Es kommen Firmen und Einrichtungen vor allem aus Sachsen-Anhalt nach Hohenerxleben, um Tagungen oder Mitarbeiterschulungen durchzuführen. Beachtliches hat die Stiftung auf die Beine gestellt, Hohenerxleben ist zu einem echten Kunst- und Kulturort geworden, der auf Zuspruch stößt. »Interessante Offerten sind das Salz in der Suppe. Mit dieser Vielfalt schaffen wir Gründe, zu uns zu kommen«, bringt es Funke auf den Punkt.

1205 erste urkundliche Erwähnung

Die Geschichte des Schlosses begann vor mehr als 800 Jahren. 1205 ist »Errikesleve iuxtam Bodam« erstmals in einer Urkunde des nahen Klosters Nienburg erwähnt. Anfang des 16. Jahrhunderts kaufte die Familie von Krosigk die von drei Seiten mit Trockengräben umgebene, auf einem Kalkfelsen gelegene Burganlage. Ende des 19. Jahrhunderts trug man den bis dahin das Gesamtbild prägenden Dachreiter des Mitteltraktes ab und baute im Stil der Neorenaissance den fünfgeschossigen Turm an und das Ganze zum Schloss um. Dieser letzte große Umbau erfolgte nach den Entwürfen des Hannoveraner Architekten Ferdinand Schorbach, der auch das Ritterzimmer im Schloss Wernigerode gestaltete. 1945 erfolgte die Enteignung der Familie von Krosigk. Schloss Hohenerxleben von da an als Schulungsort mit Internatsbetrieb genutzt. Zuletzt erfolgte dort die Ausbildung von Lehrern, die Portugiesisch lernten. Von 1991 bis 1997 stand es leer, verfiel zusehends.
Autor: Klaus-Peter Voigt aus "Der Markt in Mitteldeutschland", Mai-Juni/2023