Drei Gründer

Geschäftsidee Rohkost

Wer immer noch bei Rohkost ausschließlich an geraspelte Möhren und Krautsalate denkt, hat längst etwas verpasst. Die rohköstliche Ernährungsweise liegt im Trend und bringt im wahrsten Wortsinne »rohe Köstlichkeiten« aus Obst, Gemüse, Getreide und Kräutern hervor. Deutschland ist sogar Vorreiter, was rohköstliche Innovationen betrifft. Wahre Genüsse für Gaumen und Augen und obendrein gesund sind die handgemachten Produkte der »Vitasprosse – glutenfreie Vitalkost« GmbH. Vor einem Jahr haben drei Enthusiasten die Manufaktur im altmärkischen Beetzendorf gegründet.
Als Inhaber der Altmärker Solarstrom GmbH macht sich Dirk Stehr schon von Geschäftswegen lichte Gedanken. Der Blick des Photovoltaikanlagen-Bauers ist dabei nicht nur »auf« Dächer gerichtet. Gedanken, welche kluge Idee »unter« das Dach der seit Jahren leer stehenden Supermarkthalle in Beetzendorf einziehen könnte, trieben den 47-Jährigen schon eine Weile um. Das zweite geschäftliche Standbein sollte natürlich ebenso den ganzheitlich-ökologischen Gedanken tragen, dem Familie Stehr auch in ihrer persönlichen Lebensweise verbunden ist. »Wir kaufen Fleisch und Wurst in Fachläden vor Ort, Obst und Gemüse bei Erzeugern aus der Region und gern auch im Bioladen ein«, erzählt der Altmärker. Seine Überlegung: Das zweite Geschäftsbein soll auf dem Feld der alternativen Ernährungskonzepte stehen. Zu den Ideen-Bausteinen fügten sich weitere, als Iris Herting vor zwei Jahren nach ihrem Studium der Ökotrophologie und Ernährungswissenschaft ins heimatliche Beetzendorf zurückkehrte. Die jetzt 26-Jährige gründete hier ihre Existenz als Ernährungstherapeutin für chronisch kranke Patienten. »Durch Ernährung«, weiß sie, »kann die Gesundung positiv beeinflusst werden.«
Den an Diabetes, Rheuma oder an Allergien Erkrankten pflanzlich basierte Naturkostprodukte anzubieten, war ein nächster Gedankenschritt zur Geschäftsidee, die schließlich in dem Namen »Vitasprosse« mündete. Als Mitgesellschafterin konnte Dirk Stehr seine Buchhalterin Ines Fahrenkamp gewinnen. Die Steuerfachwirtin war so begeistert und überzeugt von dem genau definierten Ziel, sich auf dem wachsenden Rohkost-Markt zu platzieren, dass die 43-Jährige einen Gründungskredit aufnahm.
Vor einem Jahr ging die kleine Manufaktur für glutenfreie Vitalkost an den Start. Dank des Online-Vertriebs ist deren Standort im beschaulichen Altmarkdorf kein Problem. In ganz Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern hat »Vitasprosse« inzwischen ihre Kunden. »Das sind Händler und Privatkunden, darunter viele Teilzeit-Rohköstler, die Frischkost- Lebensmittel erst einmal in ausgewählten Bereichen an sich ausprobieren und dabei nicht gleich ihre ganze Ernährung umstellen möchten«, sagt Ines Fahrenkamp, die die Bestellungen im Überblick hat. »Jeder Interessierte soll die rohköstliche Ernährung bequem in seinen Alltag einbauen können«, ergänzt Iris Herting. Sie bringt ihre fachlichen Kenntnisse in die Firma ein und ihre praktischen Erfahrungen, die sie in Süddeutschland bei der Firma »Vitakeim«, einem Produzenten veganer Naturkost, sammelte.
Die Roh-Köstlichkeiten kommen ohne raffinierten Zucker, Öle und tierische Zusatzstoffe aus. Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Kräuter und Gewürze aus dem Bio-Anbau werden getrocknet oder gedörrt, gemahlen, geschrotet oder im Mixer zerkleinert, gepresst und vor allem nur bis zu 42 Grad erhitzt, um die enthaltenen Enzyme, Nährstoffe und Proteine nicht zu zerstören. »Getreide und Samen werden gekeimt verarbeitet. So sind sie besser verträglich. Zudem erhöht sich beim Keimen der Anteil an Vitalstoffen«, erklärt Iris Herting. Die Ernährungswissenschaftlerin probiert ihre kulinarischen Kreationen erst einmal in der heimischen Küche aus, danach haben auch die Geschmacksnerven des mittlerweile vierköpfigen »Vitasprosse«-Teams ein Mitspracherecht. Früchte- und Getreidebrote, herzhafte Buchweizentaler, Kräcker und Knäcke, Torten- und Pizza-Böden oder Frühstücksmüslis, auch süße Schnitten, Pralinen und Schoca-Spezialitäten, – inzwischen hat die kleine Manufaktur 50 Produkte von süß bis herzhaft in den Regalen stehen.
Die Produktvielfalt sei auch eine Frage, über die sie nach dem ersten Jahr ihres Bestehens beraten wollen, sagen die »Vitasprossler«. Handarbeit und Individualität seien schließlich ihr Markenzeichen – das treffe auf die Produktion zu und ebenso auf das Eintüten und Verpacken der Produkte. Andererseits wolle man den wachsenden Kundennachfragen gerecht werden, denn die Präsenz von »Vitasprosse« auf einschlägigen Messen zeige erste Erfolge. Für Ines Fahrenkamp war die Teamfindung im ersten Jahr ein wichtiger und auch interessanter Prozess. »In welche Richtung sich die Firma weiterentwickelt, kann keiner allein entscheiden«, sagt Dirk Stehr. Die große Begeisterung für die Geschäftsidee ist noch bei keinem abgeflaut. Das Team ist mit vollem Elan dabei, seiner »Vitasprosse«
Autor: Kathrain Graubaum aus "Der Markt in Mitteldeutschland", 04/2017