Das neue UWG 2022

Mehr Verbraucherschutz im Wettbewerbsrecht

Ursprung für die aktuelle UWG Novelle ist der „New Deal for Consumers“ der Europäischen Union von 2018, welcher einen effektiven und zeitgemäßen Verbraucherschutz anstrebt.
Mit dem Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs -und Gewerberecht setzt der Bundesgesetzgeber schließlich die Richtlinie (EU) 2019/2161 (sog. „Omnibusrichtlinie“) zur Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften im Wettbewerbsrecht um. Doch das nationale Umsetzungsgesetz enthält darüber hinaus noch weitere Reformvorschriften, um das UWG an das digitale Zeitalter anzupassen. Begriffe wie zum Beispiel „Online-Marktplatz“ oder „Ranking“ sind künftig gesetzlich definiert. Infolgedessen wird sich insbesondere der Online-Handel auf weitreichende Veränderungen ab dem 28.05.2022 einstellen müssen.
Thematisch betreffen die neuen Regelungen zum einen Informationspflichten und zum anderen Fragen hinsichtlich der Rechtsdurchsetzung
Besondere Aufmerksamkeit verdient hier die Einführung eines Schadensersatzanspruches des Verbrauchers in § 9 Absatz 2 UWG nF. Dieser neu geschaffene Anspruch ermöglicht es Verbrauchern zum ersten Mal einen direkten Schadenersatzanspruch gegen Unternehmen, welche gegen das UWG verstoßen, geltend zu machen. Aufgrund dieses Anspruches sollen die Verbraucher nach dem Ausgleich so gestellt werden als hätte es den fahrlässigen oder vorsätzlichen Verstoß gegen das UWG, beispielsweise eine irreführende Werbung, nicht gegeben. Die unlautere Handlung des Unternehmers muss den Verbraucher dabei zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst haben, die er sonst nicht getroffen hätte. Geschäftliche Entscheidungen sind zum Beispiel der Vertragsabschluss, die Kündigung oder die Übermittlung von persönlichen Daten. Zwischen der unlauteren Handlung des Unternehmens, der geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers und dessen Schaden muss also ein kausaler Zusammenhang bestehen. Das UWG listet die 30 verbotenen Handlungen für Unternehmer in einer sog. „schwarzen Liste“ auf. Regelbeispiele für unzulässige geschäftliche Handlung sind: 
  • die unwahre Angabe, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen;
  • die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter, aber gelieferter Waren oder erbrachter Dienstleistungen oder eine Aufforderung zur Rücksendung oder Aufbewahrung nicht bestellter Sachen
  • die Angabe, durch eine bestimmte Ware oder Dienstleistung ließen sich die Gewinnchancen bei einem Glücksspiel erhöhen;
Die gesamte Liste ist dem Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG zu entnehmen.
Wesentliche Neuerungen sind im Bereich der Informationspflichten für Online-Händler eingefügt worden. Einige entscheidende Änderungen werden im Folgenden aufgeführt:
Die Rangfolge von Suchergebnissen auf Online-Markplätzen spielt eine entscheidende Rolle auf das Verbraucherverhalten. Angebote, die mit langem „Scrollen“ oder „Durchklicken“ der Seiten verbunden sind, werden vom Verbraucher in der Regel weniger wahrgenommen. Der Fokus des Verbrauchers wird vorwiegend auf den Top-Ergebnissen liegen. Die Änderungen schaffen nunmehr mittels Informationspflichten mehr Transparenz bei der Rangfolge von Suchergebnissen.
Dazu wurde zunächst der Begriff „Ranking“ legaldefiniert und meint „die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln“ (§ 2 Absatz 1 Nr. 7 UWG nF). Zudem müssen Betreiber eines Online-Marktplatzes künftig offenlegen, welche Hauptparameter verwendet werden und wie deren Gewichtung für die Festlegung des Rankings erfolgt (vgl. § 5b UWG n.F.). Hierfür ist es wohl jedoch ausreichend die Basis des Algorithmus abstrakt zu beschreiben.
Weiterhin müssen Betreiber eines Online-Marktplatzes, auf dem Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, über die Unternehmereigenschaft des Anbieters von Waren oder Dienstleistungen informieren. Der Händler muss folglich gegenüber dem Betreiber der Online-Plattform seine entsprechende Unternehmereigenschaft erklären. Damit soll der Verbraucher Klarheit darüber bekommen, wer sein Vertragspartner wird, ein Unternehmer oder eben eine Privatperson.
Neu aufgenommen sind ebenso Informationspflichten bezüglich Nutzerbewertungen von Waren oder Dienstleistungen, die ein Unternehmer veröffentlicht. Künftig ist anzugeben, wie der Unternehmer sicherstellt, dass die Bewertungen auch von den Verbrauchern stammen, die die Produkte oder Dienstleistungen auch tatsächlich erworben oder genutzt haben. Unzulässig ist die reine Behauptung - ohne diese durch angemessene Maßnahmen zu überprüfen -, die Bewertung stamme von Verbrauchern, die das Produkt tatsächlich erworben oder genutzt haben (Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Absatz 3 UWG).
Ebenso wurde zur Schaffung von Rechtssicherheit nach mehreren Gerichtsurteilen eine Informationspflicht für Influencer zur Kennzeichnung von Werbung geschaffen. Nach der neuen Fassung des § 5a Abs. 4 UWG muss ein Beitrag gekennzeichnet werden, wenn der Werbende einen Vermögensvorteil, gleich welcher Art, erhalten hat. In Betracht kommen hier beispielsweise Preisnachlässe auf ein Produkt, kostenlose Testprodukte oder eine Bezahlung. Mit der Kennzeichnung wird die entsprechende Transparenz geschaffen, um eine unzulässige verdeckte Werbung zu umgehen. Handelt der Influencer, ohne ein Entgelt oder ähnliche Gegenleistung zu erhalten, so liegt keine verbotene verdeckte Werbung vor und muss nicht gekennzeichnet werden. Dass eine Gegenleistung erhalten wird, wird bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteiles, gesetzlich vermutet. 
Darüber hinaus werden die Verbraucherrechte von den Behörden verstärkt geschützt. Es wurde eine neue Ordnungswidrigkeit, welche Unternehmen begehen können, geschaffen. Das Gesetz spricht in § 5c UWG nF von einer Verletzung der Verbraucherinteressen durch unlautere geschäftliche Handlungen des Unternehmens (gemeint sind damit die unlauteren Handlungen nach § 3 Absatz 3, § 4a Absatz 1 Satz 1, § 5 Absatz 1 sowie §5a Absatz 1 UWG nF); diese sind verboten und können mit hohen Bußgeldern (vgl. § 19 UWG nF) geahndet werden. Die Höhe der Bußgelder kann bis zu 50.000 Euro betragen. Sofern das Unternehmen im Vorjahr der Behördenentscheidung einen Jahresumsatz von mehr als 1,25 Mio. Euro hatte, kann jedoch auch eine höhere Geldbuße verhängt werden, allerdings nicht mehr als 4 % des Jahresumsatzes.