SACHVERSTAND: ANGEWANDT

Interview Gerhard Krykalla

In dieser Interviewreihe kommen öffentlich bestellt und vereidigte Sachverständige über ihren Karriereweg und ihren Alltag zu Wort. Tauchen Sie ein in die Welt der Expertise und lassen Sie sich von den Einblicken und Erfahrungen unserer Gäste inspirieren.
Interview mit dem öffentlich bestellt und vereidigten Sachverständigen Gerhard Krykalla:
Sie sind öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger im Bereich der Schäden an Gebäuden seit 1991. Die Bestellung und Vereidigung war Ihnen wichtig, weil...?
ich mich schon früher für technische Beurteilungen und deren Zusammenhänge interessiert habe.
Mit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 gab es ein neues Rechtssystem. Dem neuen Rechtssystem, das verbunden war mit vielen neune Bauvorschriften, habe ich mein altes und neues fachliches Wissen der Justiz und der Wirtschaft zur Verfügung gestellt. Im Jahr 1991 wurde ich nach erfolgreicher Prüfung durch eine unabhängige Prüfungskommission von der IHK Magdeburg für das Sachgebiet Schäden an Gebäuden öffentlich bestellt und vereidigt.
Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert, seit Sie öffentlich bestellter Sachverständiger sind?
Zu Beginn meiner Tätigkeit bin ich nebenberuflich als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger tätig gewesen. Im Laufe meiner Tätigkeit wurde die Arbeit als Sachverständiger so viel, dass ich in Vollzeit als Sachverständiger arbeiten musste. Im Rahmen meiner langjährigen Tätigkeit als Sachverständiger habe ich, neben fachlichen Erfahrungen, auch Erfahrungen im Umgang mit rechtlichen Fragestellungen sammeln können.
Der Vorteil meiner Vollzeittätigkeit als Sachverständiger ist die Möglichkeit der selbständigen Tageseinteilung mit wenigen Zwängen.
Welche Fähigkeit ist besonders wichtig, um erfolgreich als Sachverständiger tätig zu werden?
Man muss, neben einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit zu haben, sich technisch in allen Baubereichen auskennen und sorgfältig arbeiten. Schließlich hängt an jedem Gutachten auch eine finanzielle Belastung für mindestens eine Partei. Deshalb muss für einen Sachverständigen auch die Bereitschaft bestehen, sich ständig weiterzubilden. Besonders ist es wichtig, seine Grenzen zu kennen und in speziellen Fällen Kollegen mit Kenntnissen auf dem betreffenden Spezialgebiet hinzuzuziehen. Als Sachverständiger muss man aber auch mit beinahe täglich neuen Herausforderungen umgehen können.
Ihre Tätigkeit ist für unsere Wirtschaft wichtig – das erleben Sie täglich. Können Sie einen interessanten Fall schildern?
Im Rahmen meiner über 33-jährigen Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger habe ich über 3.500 Gutachten und gutachterliche Stellungnahmen für Gerichte, Unternehmen und Privatpersonen abgegeben. Auch Beratungen gehören zu meinem Leistungsprofil.
In dieser Zeit gab es neben “alltäglichen Fällen” auch viele interessante Fälle. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich in meiner besonderen Vertrauensstellung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger keine Fälle veröffentlichen kann. Zu meinem Kundenkreis gehören neben Gerichten (Amts-, Land-, Oberlandes-, und Verwaltungsgerichten) u.a. Architektur- und Ingenieurbüros, Banken, Bauherren, Bauträger, Bauunternehmer, Behörden und öffentlichen Verwaltungen, Handwerksfirmen, Haus- und Grundstücksverwaltungen, Immobilienbesitzer, Immobilienerwerber, Immobilienmakler, Immobilienmieter, Immobilienpächter, Investoren Rechtsanwälte Versicherungen, Wohnungsgesellschaften.
Weshalb raten Sie jungen Experten ebenfalls den Weg der öffentlichen Bestellung zu gehen?
Die Justiz und die Wirtschaft benötigen öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige in verschiedenen Bereichen, um in einem Rechtsstreit technische Probleme lösen zu können. Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger gehört zu unserem Justizsystem. Die Beauftragung von Sachverständigen erfolgt, wegen der geforderten Unabhängigkeit, vorrangig an öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige.
Der Vorteil eines selbständigen öffentlich bestellten und vereidigten Vollzeit-Sachverständigen ist die Möglichkeit der vorrangigen selbständigen Tageseinteilung. Außerdem gibt es üblicherweise geregelte Einkünfte. Aber auch für Sachverständige im Nebenberuf gibt es eine nicht unerhebliche Nebeneinnahme.
Eine Vielzahl der derzeitigen Sachverständigen der verschiedenen Bestellungsgebiete geben demnächst aus Altersgründen ihre Tätigkeit auf und es wird dringend Nachwuchs benötigt. Wie man ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wird, ist einheitlich geregelt. Die Regelung ist bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu erfahren.