Rechtsform

Zweigniederlassung

Gründung im Kammerbezirk Magdeburg. Hierzu sind unterschiedliche Formen denkbar:

1. Die Gründung einer Tochtergesellschaft

Mit der Gründung einer Tochtergesellschaft wird eine vom Mutterunternehmen rechtlich selbständige Unternehmenseinheit ins Leben gerufen. Die Rechtsgrundlagen hierfür ergeben sich je nach der gewünschten Rechtsform aus den jeweiligen einschlägigen Gesetzen (für die OHG und die KG das Handelsgesetzbuch, für die GmbH das GmbH-Gesetz und für die AG das Aktiengesetz). Die Tochtergesellschaft firmiert und bilanziert eigenständig; Gründungsvorschriften, Gewerbeanmeldung und Handelsregistereintragung richten sich nach dem jeweiligen deutschen Recht, auch wenn es sich um ausländische Gründer handelt.

2. Die Gründung einer selbständigen Niederlassung (Zweigniederlassung)

Eine Zweigniederlassung kommt für diejenigen Unternehmen in Betracht, deren Hauptniederlassung bereits in das Handelsregister eingetragen ist oder - wenn es sich um ein ausländisches Unternehmen handelt - deren Hauptniederlassung in das Handelsregister einzutragen wäre, wenn das Unternehmen in Deutschland ansässig wäre.

2.1 Gründung durch deutsche Unternehmen

Im Gegensatz zur Tochtergesellschaft ist die Zweigniederlassung niemals eine eigenständige juristische Person, auch wenn sie gegenüber der Hauptniederlassung weitgehend selbständig ist. Nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) ist eine Zweigniederlassung eine vom Hauptgeschäft räumlich getrennte Niederlassung, die als zusätzlicher, auf Dauer gedachter Mittelpunkt des Unternehmens geschaffen ist.
Typische Merkmale einer Zweigniederlassung sind:
  • Erledigung sachlich gleicher oder ähnlicher Geschäfte wie in der Hauptniederlassung;
  • gewisse Dauer (z. B. also nicht nur die Abwicklung zeitlich befristeter Messegeschäfte);
  • äußere Einrichtung ähnlich wie bei einer Hauptniederlassung (meistens, aber nicht notwendig: gesonderte Buchführung; eigenes Bankkonto und eigenes Geschäftslokal);
  • Niederlassungsleiter mit wesentlichen Befugnissen.
Der Leiter der Zweigniederlassung vertritt sie nach außen hin selbständig. Schuldnerin von Verbindlichkeiten ist jedoch immer die natürliche oder juristische Person der Hauptniederlassung.
Die Errichtung einer Zweigniederlassung geschieht:
  • bei Einzelfirmen durch den Inhaber
  • bei Personengesellschaften (OHG und KG) durch die persönlich haftenden Gesellschafter
  • bei GmbH durch den/die Geschäftsführer
  • bei AG durch den Vorstand.
Die Anmeldung der Zweigniederlassung erfolgt beim Gericht der Hauptniederlassung / am Gesellschaftssitz. Zuständig für die Anmeldung sind:
  • beim Einzelkaufmann dieser selbst oder der Prokurist mit einer öffentlich beglaubigten Vollmacht,
  • bei den Personengesellschaften die vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw. der Prokurist mit Vollmacht,
  • bei der GmbH die Geschäftsführer (der Prokurist ist ausdrücklich ausgeschlossen),
  • bei der Aktiengesellschaft die vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder.
Die Anmeldung muss schriftlich in notariell beglaubigter Form beim Registergericht eingereicht werden.
Bei der GmbH ist eine beglaubigte Abschrift des Gesellschaftsvertrages und eine Gesellschafterliste einzureichen. Bei der Aktiengesellschaft muss eine öffentlich beglaubigte Abschrift der Satzung in der z. Z. der Anmeldung gültigen Fassung eingereicht werden. Die gesetzlich vorgesehenen Unterschriften sind zur Aufbewahrung bei dem Handelsregister in Magdeburg bzw. Stendal zu zeichnen.
Die Prüfung dieser Vorgänge obliegt dem Gericht der Hauptniederlassung bzw. des Gesellschaftssitzes; das Handelsregistergericht prüft, ob sich die gewählte Firma von den im Kammerbezirk Magdeburg bereits ansässigen Firmen hinreichend unterscheidet und ob die zu 2.1 genannten Voraussetzungen gegeben sind.
Die Firma der Zweigniederlassung kann gleich lauten wie die der Hauptniederlassung; unzulässig wäre nach überwiegender Ansicht wohl eine völlig eigenständige Firmierung. Meist bedient man sich der Firma der Hauptniederlassung unter Beifügung des Zusatzes z. B. "Zweigniederlassung Magdeburg".

2.2 Gründung durch ausländische Unternehmen

Unternehmen mit Sitz im Ausland müssen eine Zweigniederlassung nicht am Sitz im Ausland, sondern direkt beim Registergericht in Magdeburg bzw. Stendal anmelden (alle Anmeldungen, Zeichnungen, Einreichungen und Eintragungen). Es gelten ähnliche Vorschriften wie bei der Gründung einer Zweigniederlassung durch deutsche Unternehmen, teilweise sind sie weitergehend, weil diese Zweigniederlassungen wie inländische Hauptniederlassungen zu behandeln sind. Das bedeutet im Einzelnen:
  • Das Registergericht überprüft die Anmeldungsunterlagen in vollem Umfang, nicht nur hinsichtlich der gewählten Firmierung.
  • Es ist ein Nachweis zu erbringen, dass im Ausland ein Unternehmen besteht, das nach deutschen Rechtsvorschriften in das Handelsregister einzutragen wäre.
  • Bei Kapitalgesellschaften ist eine Satzung in öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen.
  • Zur Anmeldung verpflichtet sind diejenigen Personen, die auch nach deutschem Recht dazu verpflichtet wären.
  • Der Leiter der Zweigniederlassung ist für alle registerrechtlichen Angelegenheiten voll verantwortlich.
  • Die Firmierung richtet sich nach den deutschen Rechtsvorschriften.
Ob die Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft ins Handelregister A oder B eingetragen wird, hängt davon ab, mit welcher deutschen Rechtsform die ausländische Gesellschaft vergleichbar ist.

3. Gründung einer unselbständigen Zweigstelle (Betriebsstätte)

Um eine unselbständige Zweigstelle handelt es sich, wenn das Unternehmen in seiner äußeren Einrichtung von der Hauptniederlassung nicht unterschieden ist (keine gesonderte Buchführung, in der Regel kein gesondertes Bankkonto) oder der Leiter der Zweigstelle nicht mit wesentlichen Kompetenzen ausgestattet ist. Im Grad der Selbständigkeit einer Filiale, den in der Regel das Unternehmen selbst bestimmt, besteht also der wesentliche Unterschied zwischen handelsregisterlicher Zweigniederlassung und unselbständiger Zweigstelle.
Die unselbständige Zweigstelle wird nicht in das Handelsregister eingetragen. Auf den Geschäftsbriefen der Zweigstelle kann zur Klarstellung die Bezeichnung z. B. "Zweigstelle Magdeburg" oder "Repräsentanz Magdeburg" geführt werden.

4. Repräsentanz

Vielfach fällt im Zusammenhang mit der Errichtung von Niederlassungen insbesondere ausländischer Unternehmen der Begriff "Repräsentanz". Diesen Begriff kennt das deutsche Gewerbe- und Handelsrecht nicht.
Entweder wird das Büro des betreffenden Unternehmens in Deutschland als Bestandteil der eigenen Organisation selbst gewerblich tätig, dann handelt es sich rechtlich um eine Betriebsstätte. Diese ist gewerberechtlich anzumelden.
Oder aber es wird ein Büro eröffnet, das von einem externen und entsprechend beauftragten selbständigen Gewerbetreibenden (z.B. ein Handelsvertreter) geleitet wird. Eine eigenständige gewerbliche Betätigung des ausländischen Unternehmens erfolgt in diesem Falle in Deutschland nicht.

5. Gewerberechtliche Erfordernisse

5.1 Gewerbeanzeige

Jede der o. g. Niederlassungsformen (Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung, unselbständige Zweigstelle) muss ihr Gewerbe anzeigen. Die Gewerbeanzeige erfolgt auf einem Formblatt bei dem Bezirksamt, Abt. Wirtschaft (Gewerbeamt), in dem Bezirk, in dem sich die Betriebsstätte befindet.
Ausländische Unternehmen, die in ein Register eingetragen sind, müssen die Eintragung in das Register im Heimatland in öffentlich beglaubigter Form nebst deutscher Übersetzung nachweisen, wenn sie eine Zweigniederlassung oder unselbständige Zweigstelle anmelden. Falls die Vertretungsbefugnis des Anmeldenden nicht aus dem Registerauszug hervorgeht, muss eine beglaubigte Vollmacht nebst deutscher Übersetzung beigefügt werden.

5.2 Besondere Zulassungsregelungen

Wird eine Tochtergesellschaft gegründet, so müssen bei erlaubnispflichtigen oder handwerklichen Tätigkeiten für die Gesellschafter bzw. bei Kapitalgesellschaften für die vertretungsberechtigten Personen die entsprechenden gewerberechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein wie bei der Mutter.
Bei dem Betrieb von Zweigniederlassungen oder unselbständigen Zweigstellen müssen in diesem Bereich gleichfalls eine Reihe besonderer Vorschriften beachtet werden:
  • Die Zweigniederlassung eines handwerklichen Betriebes braucht einen eigenen in die Handwerksrolle eingetragenen Meister als Vertreter oder einen fachtechnischen Betriebsleiter.
  • Bei den erlaubnispflichtigen Tätigkeiten der Makler, Bauträger u. a. wird die Erlaubnis dem Gewerbetreibenden, d. h. dem Inhaber der Hauptniederlassung, erteilt. Diese Erlaubnis wird versagt oder widerrufen, wenn der Antragsteller selbst, aber auch, wenn die mit der Leitung einer Zweigniederlassung beauftragte Person nicht die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.
  • Besondere Erlaubnisvoraussetzungen für die Zweigstelle oder Zweigniederlassung bestehen auch dann, wenn die Erteilung der Erlaubnis neben persönlichen Voraussetzungen an die Beschaffenheit der Räume geknüpft ist (z. B. Gaststätten, Spielhallenbetriebe). Hier sind eigenständige Erlaubnisse für die Zweigniederlassung oder Zweigstelle erforderlich.
Für bestimmte Gewerbe sind zwar keine Erlaubnisse erforderlich, es gelten jedoch Berufsausübungsregeln wie z. B.:
  • Sachkundenachweis beim Handel mit Giften und Pflanzenschutzmitteln sowie dem Einzelhandel mit frei verkäuflichen Arzneimitteln
  • Gesundheitspass beim Handel mit bestimmten Lebensmitteln.
Die Industrie- und Handelskammer gibt gern Auskunft darüber, inwieweit hier Besonderheiten bei der Errichtung von Niederlassungen zu beachten sind.

6. Ausländerrechtliche Erfordernisse

Sollen Tochterunternehmen, Zweigniederlassungen oder Zweigstellen von ausländischen natürlichen Personen betrieben werden, so ist zu beachten, dass diese - abgesehen von EU-Bürgern - einen Aufenthaltstitel nach dem Ausländergesetz benötigen, der die beabsichtigte Erwerbstätigkeit gestattet.
Dieser Aufenthaltstitel ist unabhängig davon erforderlich, ob die betreffenden Personen langfristig ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik nehmen wollen. Die Aufenthaltserlaubnis kann jedoch unter erleichterten Voraussetzungen gewährt werden, wenn Ausländer unter Beibehaltung ihres gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland für ausländische Unternehmen nur Besprechungen oder Verhandlungen im Bundesgebiet führen oder wenn sie beispielsweise Anlagen montieren oder warten, vorausgesetzt, der Aufenthalt überschreitet insgesamt nicht drei Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten.
Besitzt ein Ausländer bereits eine Aufenthaltserlaubnis mit der Auflage, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt werden darf, so besteht die Möglichkeit, bei der Ausländerbehörde die Abänderung dieser Auflage zu beantragen. Über den Antrag wird aufgrund einer Stellungnahme der für Wirtschaft zuständigen Senatsverwaltung entschieden, die darüber zu befinden hat, ob an der beabsichtigten Tätigkeit ein übergeordnetes wirtschaftliches Interesse oder ein besonderes örtliches Bedürfnis besteht und ob die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt.

7. International-privatrechtliche Voraussetzungen

Wollen ausländische Unternehmen aus Drittstaaten (außerhalb der Europäischen Union) eine Niederlassung in Deutschland errichten, so müssen sie sowohl bei der Handelsregistereintragung als auch bei der Gewerbeanzeige nachweisen, dass sie am Gründungsort der Hauptniederlassung im Ausland ihren Verwaltungssitz und wesentlichen Geschäftsmittelpunkt haben. Sie können sonst als sog. "Non-resident"-Unternehmen nach deutscher Auffassung international-privatrechtlicher Bestimmungen als nicht rechtsfähig betrachtet werden. Dies hätte zur Folge, dass die Errichtung einer Zweigstelle durch die Gesellschaft nicht möglich ist. Vielmehr würde dann nur die anmeldende natürliche Person als Gewerbetreibender angesehen. Praktisch bedeutet dies, dass etwa eine Haftungsbeschränkung, die der ausländischen juristischen Person zugute käme, in Deutschland keine Wirkung entfalten könnte. Der Nachweis wesentlicher Geschäftstätigkeiten am Gründungsort im Ausland muss in geeigneter Weise erfolgen. Dies kann geschehen durch Handelsregistereintragung, Vorlage von Bilanzen, Wirtschaftsprüfertestate, Mietverträge, Telefonrechnungen etc.
Für Mitgliedstaaten der EU hat der Europäische Gerichtshof die Anwendung der entsprechenden international-privatrechtlichen Bestimmungen im Jahr 1999 für unzulässig erklärt und dies im Jahr 2003 in der sog. Inspire Art Ltd.-Entscheidung bestätigt, da dies der in den Europäischen Verträgen garantierten Freizügigkeit entgegen stünde.