Änderungen der FinVermV
- 1.Vermögenschadenhaftpflichtversicherung gem. § 9 FinVermV n.F.
- 2. bestmögliches Interesse gem. § 11 FinVermV n.F.
- 3. Interessenskonflikte gem. § 11a FinVermV n.F.
- 4. Anlegerinformationen und nachträgliche Kosteninformationen gem. § 13 FinVermV n.F.
- 5. Geeignetheitsprüfung und Zielmarkt gem. § 16 FinVermV n.F.
- 6. Vergütung gem. § 17 FinVermV n.F.
- 7. Geeignetheitserklärung gem. § 18 FinVermV n.F.
- 8. Taping gem. § 18a FinVermV n.F.
- 9. Aufzeichnungspflichten gem. § 22 FinVermV n.F.
- 10. Aufbewahrungsfristen gem. § 23 FinVermV n.F.
- 11. Ordnungswidrigkeiten gem. § 26 FinVermV n.F.
Änderungen der Finanzanlagenvermittlerverordnung
Die Europäische Union hatte bereits zum 03.01.2018 die Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU, die sog. MiFID II, erlassen. Der deutsche Gesetzgeber hat die daraus resultierenden Änderungen mit Hilfe der Zweiten Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) vom 09.10.2018 in die FinVermV umgesetzt. Die Änderungen treten zum 01.08.2020 in Kraft. Diese Änderungen treffen sowohl Finanzanlagenvermittler gem. § 34f der Gewerbeordnung (GewO) als auch die Honorar-Finanzanlagenberater gem. § 34h GewO und mitvermittelnde Beschäftigten. Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen dargelegt:
1.Vermögenschadenhaftpflichtversicherung gem. § 9 FinVermV n.F.
Demnach werden die Versicherungssummen für jeden einzelnen Schadensfall auf 1.276.000 Euro und die Summe für alle Schadensfälle eines Jahres auf 1.919.000 Euro erhöht. Die neuen Summen werden nunmehr dauerhaft festgeschrieben. Mit der Änderung entfällt die bisher bestehende Anpassungsklausel, welche vorsah, dass die Summen alle fünf Jahre an den Europäischen Verbraucherpreisindex angepasst werden.
2. bestmögliches Interesse gem. § 11 FinVermV n.F.
Hier findet eine Anpassung an § 63 des Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) statt. Nunmehr soll der Vermittler nicht mehr nur mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit (bisherige Regelung) die Interessen des Anlegers vertreten, sondern die Tätigkeit muss nun im bestmöglichen Interesse des Anlegers ausgeübt werden.
3. Interessenskonflikte gem. § 11a FinVermV n.F.
Der Vermittler muss demnach angemessene Maßnahmen treffen, um Interessenskonflikte zu erkennen und zu vermeiden. Hierbei geht es sowohl um Konflikte zwischen Vermittlern und Anlegern als auch zwischen Anlegern. Ist eine Vermeidung des Interessenskonfliktes nicht möglich, hat der Gewerbetreibende angemessene Maßnahmen zu treffen, sodass keine Nachteile für die Anleger entstehen (vgl.: Abs. 1). Dies gilt insbesondere für Konflikte die durch die Gewährung oder Entgegennahme von Zuwendungen, anderen Anreizen oder durch die bestehende Vergütungsstruktur entstehen. Sollten diese getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Nachteile für die Anleger abzuwenden, muss der Vermittler rechtzeitig vor dem Vertragsschluss über die Art und Quelle auf einem dauerhaften Datenträger informieren (vgl.: Abs. 2).
Darüber hinaus dürfen die Beschäftigten eines Vermittlers nicht in einer Art und Weise vergütet werden, Vorgaben von Verkaufszielen gemacht werden oder auf andere Weise dazu angehalten werden, die dazu führen, dass der Pflicht des bestmöglichen Handelns im Kundeninteresse zuwiderläuft. Insbesondere geht es hier um Anreize, die den Angestellten verleiten ein bestimmtes Anlageprodukt zu empfehlen, welches gerade nicht den Bedürfnissen des Anlegers entspricht (vgl.: Abs. 3).
4. Anlegerinformationen und nachträgliche Kosteninformationen gem. § 13 FinVermV n.F.
Vor Abschluss des Vertrages muss der Vermittler dem Anleger Informationen umfassend und in verständlicher Sprache über die mit dem Anlageprodukt verbundenen Risiken, Kosten und auch Nebenkosten zukommen lassen (vgl. Abs. 1). Diese Informationen können auch standardisiert weitergegeben werden. Der neu gestaltete § 13 FinVermV enthält auch eine Auflistung der weiterzugebenen Informationen – insoweit wird auf den verständlichen Gesetzestext verwiesen (vgl. Abs. 2). Hierfür können die von den Wertpapierdienstleitungsunternehmen, den Emittenten oder dem depotverwaltenden Institut erstellten Kundeninformationen genutzt werden. Hiermit gilt die beschriebene Pflicht als erfüllt. Dies gilt jedoch nicht für die Informationen über Kosten und Nebenkosten der Anlagenvermittlung oder Anlageberatung – diese müssen durch den jeweiligen Gewerbetreibenden zur Verfügung gestellt werden. Diese Anpassung an die MiFiD II stellt damit eine Erweiterung der Pflichten des Vermittlers dar.
Bei einem bestehenden laufenden Vertragsverhältnis muss der Vermittler dem Anleger regelmäßig, das bedeutet mindestens einmal im Jahr, einen Nachweis der mit der Anlage verbundenen Kosten, in dem vorgehend beschriebenen Umfang, zur Verfügung stellen (vgl. Abs. 3).
5. Geeignetheitsprüfung und Zielmarkt gem. § 16 FinVermV n.F.
Die Vorgaben für die durchzuführende Geeignetheitsprüfung sind angepasst worden. Nach Abs. 1 muss der Gewerbetreibende nunmehr die Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers über bestimmte Arten von Finanzanlagen, über die finanzielle Situation des Anlegers, inkl. der Möglichkeit Verluste zu verkraften, und über die Anlegeziele, inkl. der Risikotoleranz, einholen (sog. Geeignetheitsprüfung). Dementsprechend dürfen nur Anlagen empfohlen werden, wenn diese für den Anleger geeignet sind.
Darüber hinaus müssen die Gewerbetreibenden nach Abs. 3b nunmehr den Zielmarkt im Sinne von § 80 Abs. 9 WpHG berücksichtigen und mit den Anlegerbedürfnissen abgleichen. Die hierfür notwendigen Informationen, einschließlich der Bestimmung des Zielmarktes müssen beschafft und die jeweilige Finanzanlage sowie der Zielmarkt müssen verstanden werden. Abschließend muss die Vereinbarkeit der Anlage mit den Bedürfnissen, auch unter Berücksichtigung des Zielmarktes, beurteilt und sichergestellt werden, dass die Anlage nur dann empfohlen wird, wenn dies im Interesse des Anlegers liegt.
6. Vergütung gem. § 17 FinVermV n.F.
Diese neue Regelung stellt für Vermittler mit einer Erlaubnis nach § 34f GewO klar, dass Zuwendungen, gleich welcher Art, nicht dazu führen dürfen, dass diese sich nachteilig auf die Qualität der Beratung auswirken (vgl.: Abs. 1 S. 1 Nr. 2). Des Weiteren wird hier festgeschrieben, dass keine finanziellen Anreize geschaffen werden dürfen, welche dazu führen, dass Vermittler nicht mehr im bestmöglichen Interesse des Anlegers ehrlich, redlich und professionell handeln (vgl.: Abs. 1 S. 2). Bei Beachtung dieser Voraussetzungen ist grundsätzlich die Annahme von Zuwendungen weiterhin rechtmäßig.
7. Geeignetheitserklärung gem. § 18 FinVermV n.F.
Bislang waren die Vermittler verpflichtet ein sog. Beratungsprotokoll zu führen. Dieses wird mit der neuen Verordnung durch die Geeignetheitserklärung abgelöst. Diese Erklärung ist dem privaten Anleger vor Abschluss des Geschäftes auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. In dieser sind dem Anleger die Beratung zu nennen und zu erläutern, wie diese auf die Präferenzen, Anlageziele und sonstige weitere Merkmale abgestimmt wurden (vgl. Abs. 1). Sollte die Beratung über Ferntelekommunikationsmittel erfolgen, kann die Erklärung ausnahmsweise auch nach dem eigentlichen Vertragsschluss übermittelt werden. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Anleger diesem Vorgehen zugestimmt hat und der Vermittler versichert, dass die Weiterleitung der Vertragsunterlagen solange verzögert wird, bis der Anleger die Möglichkeit hatte die Geeignetheitserklärung zu überprüfen (vgl. Abs. 2). Sollten Vermittler und Anleger vereinbaren, dass die Geeignetheit der Anlage regelmäßig überprüft werden soll, hat der Vermittler regelmäßige Berichte über die Geeignetheit der Anlage zu übermitteln (vgl. Abs. 3).
8. Taping gem. § 18a FinVermV n.F.
Zum Zwecke der Beweissicherung hat der Gesetzgeber die Pflicht geschaffen, dass alle Telefongespräche und andere elektronische Kommunikation, beispielsweise Videoanrufe, welche sich auf die Beratung zu und Vermittlung von Finanzanlagen beziehen, aufgezeichnet werden müssen. Dies umfasst auch solche Beratungen, die nicht zu einem erfolgreichen Abschluss kommen. Hierzu wurde ausdrücklich erlaubt, dass personenbezogene Daten verarbeitet werden dürfen (vgl.: Abs. 1). Der Gewerbetreibende muss sicherstellen, dass technische und organisatorische Maßnahmen zur entsprechenden Umsetzung für sich und seine Beschäftigten ergriffen werden (vgl.: Abs. 2). Über die Aufzeichnung ist der Kunde und auch der Beschäftigte des Gewerbetreibenden mindestens einmal aufzuklären und seine Zustimmung einzuholen. Sollte kein Hinweis auf die Aufzeichnung erfolgt sein oder der Kunde der Aufzeichnung widersprochen haben, kann eine Beratung auf diesem Wege nicht stattfinden (vgl. Abs. 3). Sollte die Beratung in einem persönlichen Gespräch stattgefunden haben, ist dies mittels eines dauerhaften Datenträgers zu dokumentieren (vgl.: Abs. 4). Die aufgezeichneten Daten sind so zu sichern, dass nachträgliche Manipulationen nicht vorgenommen werden können und unbefugte Nutzung ausgeschlossen wird (vgl. Abs. 5). Die Aufzeichnungen sind nach der Frist gem. § 23 FinVermV n.F. nach zehn Jahren zu löschen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der letzte aufzeichnungspflichtige Kontakt stattgefunden hat (vgl.: § 23 S. 2 FinVermV n.F.). Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Anleger jederzeit eine Kopie der Aufzeichnungen verlangen (vgl.: Abs. 6).
9. Aufzeichnungspflichten gem. § 22 FinVermV n.F.
Die Gesetzänderung erweitert die Aufzeichnungspflichten erheblich. Demnach müssen nunmehr auch die folgenden Unterlagen aufbewahrt werden:
- Die Vereinbarung unter welchen Bedingungen die regelmäßige Geeignetheitsbeurteilung erfolgt (vgl.: Abs. 2 Nr. 1a).
- Der Nachweis, dass die entsprechenden Maßnahmen nach § 11a Abs. 1 FinVermV getroffen worden sind (vgl.: Abs. 2 Nr. 1b).
- Der Nachweis, dass auf einen Interessenskonflikt gem. § 11a Abs. 2 FinVermV rechtzeitig und vollständig hingewiesen worden ist (vgl.: Abs. 2 Nr. 1c).
- Der Nachweis, dass durch die Vergütung oder Bewertung keine Anreize nach § 11a Abs. 3 FinVermV geschaffen werden (vgl.: Abs. 2 Nr. 1d).
- Der Nachweis über die Geeignetheitsprüfung und deren Aushändigung nach § 18 FinVermV (vgl.: Abs. 2 Nr. 6)
Die bisherigen Aufzeichnungspflicht bleiben darüber hinaus bestehen.
10. Aufbewahrungsfristen gem. § 23 FinVermV n.F.
Die Pflicht zur Aufbewahrung von Unterlagen gem. § 22 FinVermV und Aufzeichnungen gem. § 18 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 FinVermV auf einem dauerhaften Datenträger ist von fünf auf zehn Jahre erhöht worden und müssen zudem von den Geschäftsräumen jederzeit zugänglich sein (vgl. S. 1). Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der letzte aufzeichnungspflichtige Kontakt stattgefunden hat (vgl.: S. 2)
11. Ordnungswidrigkeiten gem. § 26 FinVermV n.F.
Abschließend sind die Ordnungswidrigkeiten entsprechend angepasst und auch erweitert worden.
Neu als Ordnungswidrigkeit gem. § 26 Abs. 1 Nr. 1 FinVermV wurde aufgenommen, dass ein Vermittler seiner Änderungsmitteilungspflicht über Angaben im Vermittlerregister im Sinne von § 7 FinVermV nicht nachkommt. Nach § 26 Abs. 1 Nr. 9 FinVermV begeht jemand nunmehr ebenso eine Ordnungswidrigkeit, wenn die Geeignetheitserklärung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus handelt jemand gem. § 26 Abs. 1 Nr. 10 FinVermV ordnungswidrig, wenn die Informationen nach § 18a FinVermV nicht oder nicht rechtzeitig übermittelt worden sind.
Empfehlung:
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Änderungen der Finanzanlagenvermittlerverordnung empfehlen wir allen Gewerbetreibenden, mit einer entsprechenden Erlaubnis nach § 34 f GewO oder § 34 h GewO, sich die Änderungen im Detail anzuschauen und die Handlungsabläufe im täglichen Geschäft anzupassen. Insbesondere gilt dies zum einen in Hinblick auf die Geeignetheitsprüfung und Geeignetheitserklärung und zum anderen hinsichtlich der erweiterten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten.
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Änderungen der Finanzanlagenvermittlerverordnung empfehlen wir allen Gewerbetreibenden, mit einer entsprechenden Erlaubnis nach § 34 f GewO oder § 34 h GewO, sich die Änderungen im Detail anzuschauen und die Handlungsabläufe im täglichen Geschäft anzupassen. Insbesondere gilt dies zum einen in Hinblick auf die Geeignetheitsprüfung und Geeignetheitserklärung und zum anderen hinsichtlich der erweiterten Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten.