1. August 2020

EU-Freihandelsabkommen mit Vietnam

Am 1. August 2020 trat das gemeinsame Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam in Kraft. Seit dem 1. Januar 2023 ist für Importe aus Vietnam nur noch dieses Handelsabkommen anwendbar. Das bis dahin parallel genutzte Allgemeine Präferenzsystem für Entwicklungsländer (APS) ist seitdem entfallen.

1. Zollabbau

Durch das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam werden mehr als 99 Prozent der Zölle für Ursprungswaren abgebaut. Die EU-Datenbank Access2Markets enthält umfassende Informationen zum Freihandelsabkommen EU-Vietnam. In der Datenbank können auch die aktuellen Zollsätze in Vietnam geprüft werden.

Zeitplan Vietnams für EU-Ursprungserzeugnisse
Vietnam verpflichtet sich bei Inkrafttreten des Abkommens für 65 Prozent der EU-Erzeugnisse den Zoll bei der Einfuhr sofort abzuschaffen. Im Laufe von zehn Jahren folgen, bis auf wenige Ausnahmen, alle weiteren Erzeugnisse (siehe auch Zeitplan Vietnam Appendix 2-A-2, ab Seite 672). Fast alle Maschinenbauerzeugnisse können beispielsweise direkt nach Abschluss des Abkommens zollfrei nach Vietnam eingeführt werden. Die restlichen Maschinenbauerzeugnisse folgen nach fünf Jahren. Daneben werden circa 50 Prozent aller Pharmazeutika zollfrei ab Inkrafttreten, der Rest wird spätestens nach sieben Jahren zollfrei. Im Bereich Kraftfahrzeuge und -teile kommt die vollständige Zollfreiheit nach zehn Jahren. Lediglich für sensible Agrarprodukte, unter anderem Reis, Pilze oder Thunfisch, bleiben Zollkontingente bestehen.
Zollsenkungen nach Kapiteln (Quelle: DG Trade)
Zollsatz ohne Freihandelsabkommen
Zollsatz ab Inkrafttreten
Tiere, landwirtschaftliche Erzeugnisse
(Kap. 1-24)
0-55 Prozent
Zollfreiheiheit je nach Produkt bei Inkrafttreten oder nach 5, 7, 10 oder 15 Jahren oder Kontingente
Chemie, Pharmazeutika
(Kap. 25-38)
0-25 Prozent
bei einigen Kapiteln zollfrei ab Inkrafttreten, ansonsten nach 3, 5, 7 oder 10 Jahren
Kunststoffe, Leder- und Holzwaren
(Kap. 39-49)
0-35 Prozent
Zollfreiheit nach 3, 5, 7 oder 10 Jahren
Textil, Bekleidung
(Kap. 50-67)
0-30 Prozent
circa 70 Prozent zollfrei ab Inkrafttreten, für den Rest nach 3, 5 oder 7 Jahren
Steine, Keramik, Porzellan etc.
(Kap. 68-83)
0-45 Prozent
Zollfreiheiheit je nach Produkt bei Inkrafttreten oder nach 5, 7, 10 Jahren
Maschinen, Elektronik
(Kap. 84-85)
0-30 Prozent
Großteil bei Inkrafttreten zollfrei, für den Rest nach 5 oder 7 Jahren
Beförderungsmittel
(Kap. 86-89)
0-78 Prozent
Zollfreiheit 10 Jahre nach Inkrafttreten
Instrumente, Messgeräte
(Kap. 90-93)
0-25 Prozent
Großteil bei Inkrafttreten zollfrei
Möbel, Sonstiges
(Kap. 94-97)
0-25 Prozent
Zollfreiheit nach 3 Jahren

Zeitplan der EU für vietnamesische Ursprungserzeugnisse
Die EU schafft den Zoll für 84 Prozent der vietnamesischen Ursprungswaren mit Inkrafttreten des Abkommens ab. Innerhalb von sieben Jahren werden die übrigen Zölle abgebaut sein (siehe auch Zeitplan EU Appendix 2-A-1, ab Seite 169).
Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Präferenzzölle der EU im Rahmen des Freihandelsabkommens nicht höher sein dürfen als die Zölle der EU, die am Tag vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens auf Waren mit Ursprung in Vietnam nach dem APS erhoben wurden. Diese Verpflichtung gilt bis zum siebten Jahr nach Inkrafttreten des Abkommens.
Für wenige landwirtschaftliche Produkte wie Reis, Mais, Knoblauch, Champignons, Zucker und hoch zuckerhaltige Produkte, Maniokstärke, Surimi und Thunfischkonserven bleiben Kontingente bestehen.
Die verschiedenen Abbaustufen entnehmen Sie den allgemeinen Bestimmungen (Annex 2-A, ab Seite 162).

2. Ursprungsregeln

Bedingung für eine zollfreie Einfuhr ist der Ursprung der Erzeugnisse in einer der beiden Volkswirtschaften. Die Ursprungsregeln ähneln den Regeln des Allgemeinen Präferenzsystems der EU gegenüber Entwicklungsländern wie auch jenen, die in anderen Handelsabkommen, beispielsweise Singapur, Anwendung finden. Die Ursprungsregeln sind im Ursprungsprotokoll (Annex II, ab Seite 1.341) festgelegt. Meist wird ein Positionswechsel auf 4-steller Ebene für Vormaterialien ohne Ursprung oder alternativ je nach Ware eine Wertschöpfungsregel zwischen 40 und 70 Prozent verlangt. Für manche Warengruppen ist der 6-Steller ausschlaggebend.

Kumulierung

Das Freihandelsabkommen sieht zwei Kumulierungsmöglichkeiten vor: die bilaterale Kumulierung zwischen der EU und Vietnam sowie die ASEAN-Kumulierung. Bereits im Abkommen der EU mit Singapur ist die Möglichkeit der ASEAN-Kumulierung vorgesehen. Ziel der EU ist es, einheitliche Regeln zur Kumulierung mit den zehn ASEAN (Association of Southeast Asian Nations)-Staaten (Brunei Darussalam, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) zu verhandeln. Das bedeutet, dass in Vietnam gefertigte Güter auch dann zollfrei wären, wenn ihre Teile aus anderen Staaten des ASEAN-Verbundes stammten, mit denen die EU ein Abkommen hat.
Weitere Verhandlungen mit Mitgliedern der ASEAN gibt es derzeit mit Indonesien. Das Freihandelsabkommen mit Singapur (EUSFTA) ist im November 2019 in Kraft getreten.

3. Ursprungsnachweise

3.1 Ursprungsnachweise ausgestellt in der EU

Präferenznachweis für alle Warensendungen ist die Ursprungserklärung auf der Rechnung. Diese hat den üblichen Wortlaut. Ab einem Warenwert von über 6.000 Euro darf nur ein Registrierter Exporteur (REX) eine Ursprungserklärung ausstellen. EU-Exporteure müssen sich daher bei ihrer zuständigen Zollbehörde (in Deutschland das zuständige Hauptzollamt) als REX registrieren lassen, wenn sie die Zollvorteile des EU-Vietnam-Abkommens umfänglich nutzen wollen. Bereits bestehende REX-Registrierungen gelten automatisch auch für Vietnam. Der Zoll informiert auf seiner Internetseite ausführlich über den REX.

3.2 Ursprungsnachweise ausgestellt in Vietnam

Für vietnamesische Ausführer gilt als Präferenznachweis bis zu einem Warenwert von 6.000 Euro gleichfalls die Ursprungserklärung. Ab einem Warenwert von über 6.000 Euro ist eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 auszustellen.