EU-Lieferkettengesetz: Inhalte

Der Rat der EU hat am 24. Mai 2024 die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD) verabschiedet. Hier gibt es die Inhalte zum Gesetz (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 974 KB). Damit ist der Gesetzgebungsprozess nun abgeschlossen. Die Richtlinie tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft. Die Frist für die Umsetzung in nationales Recht beträgt 2 Jahre.

Anwendungsbereich

(Artikel 2 i.V.m. Artikel 37 sowie Artikel 3 Abs. 1 lit. a):
  • nach 3 Jahren (2027): Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und mehr als 1,5 Mrd. Euro weltweitem Nettoumsatz
  • nach 4 Jahren (2028): Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und mehr als 900 Mio. Euro weltweitem Nettoumsatz
  • nach 5 Jahren (2029): Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Mio. Euro weltweitem Nettoumsatz
  • Obergesellschaften, die die Schwellenwerte nicht erreichen, wenn Umsätze und Beschäftigtenzahlen insgesamt in der Gruppe erreicht werden
  • nach 5 Jahren (2029): Franchiseunternehmen mit einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 80 Millionen Euro, wenn mehr als 22,5 Millionen Euro durch Lizenzgebühren erwirtschaftet wurden
  • Drittlandsunternehmen, wenn entsprechende Umsätze in der EU erwirtschaftet wurden
Betroffene Rechtsformen: Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften
Regulierte Finanzunternehmen und Versicherungsunternehmen sind auch erfasst.

Sorgfaltspflichten

(Artikel 7 bis 16):
  • Unternehmen müssen Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmenspolitik und Risikomanagementsysteme integrieren. Ein Verhaltenskodex muss erstellt werden.
  • Sorgfaltspflichten müssen entlang der sogenannten „Aktivitätskette“ und unter Berücksichtigung direkter und indirekter Geschäftspartner ausgeübt werden. Die Aktivitätskette umfasst alle vorgelagerten Aktivitäten zur Herstellung eines Produkts oder der Erbringung einer Dienstleistung und Teile der nachgelagerten Aktivitäten wie Vertrieb, Transport und Lagerung des Produkts im Auftrag des Unternehmens1.
  • Zu beachtende Menschenrechte und Umweltpflichten: Die Richtlinie bezieht sich auf mehr Übereinkommen als das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Daraus ergeben sich zusätzliche geschützte menschenrechtliche Rechtspositionen sowie umweltbezogene Verbote und Pflichten (siehe vergleichende Darstellung im Anhang).
  • Risikobasierter Ansatz und Bemühenspflicht: Unternehmen können zunächst die Risiken adressieren, die am schwerwiegendsten sind und am wahrscheinlichsten eintreten werden, wenn es nicht möglich ist, alle ermittelten negativen Auswirkungen gleichzeitig zu adressieren. Unternehmen können auch die Reihenfolge, in der sie diese Risiken abmildern, nach Schwere und Wahrscheinlichkeit ordnen. Unternehmen müssen sich angemessen bemühen, negative Auswirkungen zu verhindern/abzustellen. Sobald die schwerwiegendsten und wahrscheinlichsten negativen Auswirkungen innerhalb einer angemessenen Frist angegangen wurden, müssen Unternehmen die weniger schwerwiegenden und wahrscheinlichen negativen Auswirkungen adressieren.
  • Sorgfaltspflichten im Einzelnen: In einem ersten Schritt müssen Unternehmen potenzielle negative oder tatsächliche negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Aktivitätskette ermitteln. Werden potenzielle negative Auswirkungen ermittelt, müssen Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Abschwächung dieser potenziellen negativen Auswirkungen eingeleitet werden. Werden tatsächliche negative Auswirkungen im Rahmen der eigenen Geschäftstätigkeit und der der Tochtergesellschaften ermittelt, so müssen diese abgestellt werden. Ist sofortiges Abstellen nicht möglich, so ist ein Ergebnis zu erzielen, dass dem Abstellen der negativen Auswirkungen möglichst nahekommt. Werden tatsächliche negative Auswirkungen bei Geschäftspartnern festgestellt, so müssen diese abgestellt oder minimiert werden, wenn sofortiges Abstellen nicht möglich ist. Wenn Unternehmen die negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die Menschenrechte durch Geschäftspartner dauerhaft nicht verhindern oder abstellen können, müssen sie die Geschäftsbeziehungen beenden (ultima ratio). Dies gilt nicht für den Fall, dass die negativen Auswirkungen der Beendigung schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Menschenrechte oder die Umwelt.
  • Zu ergreifende Präventions- und Abhilfemaßnahmen bei potenziellen negativen Auswirkungen und tatsächlichen negativen Auswirkungen: Die Richtlinie sieht unterschiedliche Präventions- und Abhilfemaßnahmen vor. Darunter fallen z. B. die Entwicklung und Umsetzung von Präventionsaktionsplänen oder Korrekturmaßnahmen-plänen mit klar festgelegten Zeitplänen und Indikatoren zur Messung der Verbesserung; Vertragsklauseln; Vertragskaskaden; Unterstützung von Geschäftspartnern; Investitionen in Produktionsstätten, Produktionsprozesse, operationelle Prozesse und die Infrastruktur; die Anpassung von Geschäftsplänen und Unternehmensstrategien; die Anpassung des Produktdesigns, der Einkaufspraxis sowie des Vertriebs.
  • Unternehmen müssen Abhilfe für tatsächliche negative Auswirkungen leisten.
  • Stakeholder müssen bei unterschiedlichen Schritten zur Umsetzung der Sorgfaltspflicht einbezogen werden.
  • Unternehmen müssen einen Meldemechanismus und ein Beschwerdeverfahren einrichten.
  • Unternehmen müssen ihre Tätigkeiten und Maßnahmen im Rahmen der Sorgfaltspflicht mindestens alle 12 Monate bewerten und auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen.
  • Unternehmen müssen jährlich über ihre Tätigkeiten berichten.

Berichtspflichten

(Artikel 16):
Die Richtlinie sieht keine zusätzlichen Berichtspflichten für Unternehmen vor, die in den Anwendungsbereich des Umsetzungsgesetzes der Corporate Sustainability Reporting-Richtlinie (CSRD) fallen; d. h. die Berichtspflicht nach der CSDDD wird mit der Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichtes nach den Vorgaben des CSRD-Umsetzungsgesetzes erfüllt. Alle anderen Unternehmen müssen jährlich spätestens 12 Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres über ihre Aktivitäten berichten und eine Erklärung auf ihrer Webseite veröffentlichen. Weiteres wird in einem delegierten Rechtsakt der EU-Kommission festgelegt werden.

Nationale Aufsichtsbehörde und Sanktionen

(Artikel 24 bis 26, Artikel 27):
  • Jeder Mitgliedstaat muss eine nationale Aufsichtsbehörde benennen, die überwacht, ob die Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen.
  • Die Mitgliedstatten erlassen Vorschriften über Sanktionen. Finanzielle Sanktionen können bis zu 5% des globalen Nettoumsatzes eines Unternehmens betragen.

Zivilrechtliche Haftung

(Artikel 29):
  • Unternehmen können für Schäden haftbar gemacht werden, die einer natürlichen oder juristischen Person entstanden sind, wenn es Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig versäumt haben, den Pflichten gemäß der Artikel 10 (Präventionsmaßnahmen) und 11 (Abhilfemaßnahmen) nachzukommen.
  • Unternehmen können nicht für Schäden haftbar gemacht werden, die ausschließlich von Geschäftspartnern verursacht wurden.
  • Klagen können mindestens fünf Jahre nach Eintreten der negativen Auswirkungen erhoben werden.
  • Prozessstandschaft: Gewerkschaften und NGOs können für Geschädigte klagen.
  • Eingriffsnorm: Ausschließliche Anwendung nationalen Rechts durch Gerichte in der EU unabhängig davon, wo der Schaden eingetreten ist.

Klimaschutzpläne

(Artikel 22):
Unternehmen müssen außerdem einen Plan annehmen und umsetzen, mit dem sie sicherstellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C gemäß dem Übereinkommen von Paris vereinbar sind. Wenn der Klimawandel als ein Hauptrisiko oder eine Hauptauswirkung der Unternehmenstätigkeit ermittelt wurde, müssen Unternehmen Emissionsreduktionsziele in ihrem Plan aufnehmen. Es gilt eine Bemühenspflicht. Der Plan muss alle 12 Monate aktualisiert werden. Unternehmen, die bereits nach dem CSRD-Umsetzungsgesetz zur Aufstellung eines Klimaschutzplans verpflichtet sind, sind ihrer Annahmepflicht nachgekommen.

Harmonisierung

(Artikel 4):
Eine teilweise Harmonisierung der Sorgfaltspflichten ist vorgesehen. Mitgliedstaaten dürfen keine abweichenden Regelungen von den Bestimmungen in Artikel 8 Abs. 1 und 2, Artikel 10 Abs. 1 und Artikel 11 Abs. 1 erlassen.

Information

(Artikel 19 bis 21):
Die Kommission wird Leitlinien zur Sorgfaltspflicht im Einzelnen ausarbeiten. Die Kommission wird auch einen Help Desk einrichten, um Unternehmen zu unterstützen, den Anforderungen der Richtlinie gerecht zu werden. Mitgliedstaaten sollen ihrerseits Webseiten einrichten.

Quelle: DIHK e.V.