Gründungszahlen in Hessen leicht gestiegen

Gründerreport Hessen 2020

Existenzgründungen sind wichtig für die Dynamik einer Volkswirtschaft. Existenzgründerinnen und -gründer sind innovativ und schaffen Arbeitsplätze. Die Sicherung der Unternehmensnachfolge in bestehenden Unternehmen wird dabei immer wichtiger. Die Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern sind die ersten Adressen für Gründerinnen und Gründer. Sie informieren und beraten – persönlich und online. Sie setzen sich für gute Rahmenbedingungen gegenüber der Politik ein. Ein unternehmensfreundliches Klima, niedrige Steuern, geringe bürokratische Hürden und ein gutes Förderinstrumentarium sind essentiell.
Jährlich untersucht der Hessische Industrie- und Handelskammertag e. V. und die Arbeitsgemeinschaft der hessischen Handwerkskammern das Gründungsgeschehen in Hessen und stellt die Ergebnisse im Hessischen Gründerreport dar.

Entwicklung der Gewerbean- und -abmeldungen in Hessen

Auf den Punkt

  • Existenzgründungen nehmen erstmals seit fünf Jahren wieder zu.
  • In 2019 wurden 1.299 Unternehmen mehr gegründet als im Jahr zuvor.
  • Hessen kann einen positiven Gründungssaldo von 2.047 Unternehmen verzeichnen.
  • Die gute Binnenkonjunktur lässt das Interesse an Existenzgründungen wieder steigen.
  • Die Sicherung der Unternehmensnachfolge gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Konsequenzen

  • Das Thema Gründung und Selbstständigkeit stärker in der Gesellschaft verankern.
  • Durch ökonomische Bildung an den Schulen und Hochschulen mehr Interesse wecken, Unternehmer zu werden.
  • Mehr Menschen motivieren, ein Unternehmen zu gründen.
  • Mehr Gründer für die Option der Nachfolge interessieren.

Gewerbeanmeldungen nach Regionen und Gründungsintensität

Auf den Punkt

  • Das Gründungsgeschehen konzentriert sich vor allem auf Ballungszentren und Städte.
  • Wie schon in den Vorjahren verzeichnet das Rhein-Main-Gebiet die meisten Neuanmeldungen in Hessen.
  • In Ballungszentren bieten die höhere Dichte an potenziellen Auftraggebern, Kunden und Lieferanten, viele Netzwerke und Cluster, kurze Wege und schnelle Datenübertragung sowie das breite wie auch tiefe Know-how auf engstem Raum einen besonders fruchtbaren Nährboden für Unternehmensgründungen.
  • Bei der Gründungsintensität heben sich die IHK-Bezirke Offenbach und Frankfurt mit den meisten Gründungen je 1.000 Einwohner ab. IHK-Bezirke mit höherem Anteil an ländlich geprägtem Raum verzeichnen dagegen eine niedrigere Gründungsintensität.

Konsequenzen

  • Fokus auf den ländlichen Raum erhöhen.
  • Flächendeckende, hochleistungsfähige Internet-Infrastruktur schaffen, die Unternehmertum auch außerhalb der Ballungsräume fördert.
  • An ausgewählten Orten bei der Netzwerkbildung unterstützen.

Gewerbeanmeldungen nach Wirtschaftszweigen

  • Die Branchenverteilung 2018 ist zu den Vorjahren nahezu unverändert.
  • Die meisten Gründer der IHKs interessierten sich für die wissensintensiven Dienstleistungen, gefolgt vom Handel und dem Baugewerbe. Im Ranking der Gewerbeanmeldungen nach Wirtschaftszweigen belegen das sonstige Dienstleistungsgewerbe sowie das Beherbergungs- und Gastronomiegewerbe die weiteren Plätze. Gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen sind die Gewerbeanmeldungen in den Bereichen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Grundstücks- und Wohnungswesen sowie Information und Kommunikation.
  • Besonders beliebt bei den HWKs sind die Handwerksgruppen des Ausbaugewerbes, der Persönlichen Dienstleistungen sowie der Handwerke für den gewerblichen Bedarf.
  • Bei den Handwerken mit Meisterpflicht (Anlage A) sind Friseure die am stärksten vertretene Gruppe unter den Gründern, gefolgt von Maurern und Betonbauern sowie Elektrotechnikern.
  • Gebäudereiniger werden bei den zulassungsfreien Handwerken (Anlage B1) am häufigsten für eine Gründung gewählt. Fliesen-, Platten- und Mosaikleger sowie Raumausstatter folgen auf weiteren Plätzen.
  • Die häufigsten Gründungen bei den handwerksähnlichen Berufen (Anlage B2) umfassen die Kosmetiker, den Einbau von genormten Baufertigteilen sowie die Kabelverleger im Hochbau.

Gewerbeanmeldungen nach Rechtsform, Geschlescht und Staatsangehörigkeit

Auf den Punkt

  • Nach wie vor sind Einzelunternehmen die beliebteste Rechtsform. Sie dominieren über alle Betriebe hinweg mit 76,5 % aller Neuanmeldungen das Gründungsgeschehen.
  • Entscheiden sich Gründer für eine Kapitalgesellschaft als Rechtsform, fällt die Wahl in den meisten Fällen auf die GmbH. Wer eine GmbH gründet, sucht gezielt einen Weg aus der persönlichen Haftung.
  • Menschen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit sowie mit Migrationshintergrund zeigen sich weiterhin als besonders gründungsfreudig. 32,5 % der Gründerinnen und Gründer von Einzelunternehmen haben eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. Das ist überproportional zum Bevölkerungsanteil und illustriert, wie wichtig eine Kultur der Selbstständigkeit ist.
  • 35 % der Einzelunternehmen wurden von Frauen gegründet.

Konsequenzen

  • Gründungsfreudigkeit über alle Bevölkerungsgruppen hinweg auf ein vergleichbares Niveau heben.
  • Gründen weiblicher machen. Frauen ermutigen, zu gründen oder ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen.
  • Vereinbarkeit von Familie und Selbstständigkeit verbessern, u. a. mit dem weiteren Ausbau der Infrastruktur zur Kinderbetreuung mit bedarfsgerechten und flexiblen Angeboten.

Fazit

Auf den Punkt

  • Die hessischen IHKs und HWKs haben rund 17.500 Informations- und Beratungsgespräche geführt und verzeichneten ca. 13.000 Veranstaltungsteilnehmer.
  • Die IHKs und HWKs halfen bei rund 660 Förderprojekten durch Gutachten.
  • Etwa 11,6 % der Beratenen gründeten 2018 aus der Arbeitslosigkeit. Die IHKs und HWKs bieten seit Jahren, unabhängig von den aufgrund der Haushaltslage wechselnden Angeboten der Arbeitsagenturen, zuverlässig und konstant Hilfe für diese Gruppe der Gründer an.
  • Der Anteil der beratenen Gründer, die ein Unternehmen übernehmen wollen, lag hessenweit bei ca. 10,3 %.

Konsequenzen

  • Die Bemühungen intensivieren, Unternehmertum zu fördern. Es wird nicht zuletzt angesichts des demografischen Wandels zunehmend schwieriger, persönlich geeignete Gründer zu finden, die fachlich qualifiziert und mit dem notwendigen Eigenkapital ausgestattet sind.
  • Für ein vitaleres Gründungsklima in Hessen braucht es weniger Bürokratie, mehr ökonomische Bildung, eine stärkere Sensibilisierung für die Selbstständigkeit und die Entwicklung bedarfsgerechter Finanzierungshilfen.
  • Zusätzlich sind Investitionen in Infrastruktur erforderlich, insbesondere in den Breitband- und 5G-Ausbau.
  • Um bestehende Unternehmen zu erhalten, widmen die IHKs und HWKs in Hessen dem Beratungsfeld „Nachfolge“ zunehmend mehr Aufmerksamkeit.

IHKs und HWKs leisten wertvolle Unterstützung

Die Experten der hessischen Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern helfen Gründerinnen und Gründern mit Basis-Informationen, Sprechtagen, Veranstaltungen, Seminaren und Beratungsgesprächen. Sie geben einen Überblick über die Förderinstrumente und helfen, Fördermittel zu erhalten, beantworten Fragen zur persönlichen Absicherung und zur Wahl der Rechtsform, geben Tipps zu Themen wie Marketing, Controlling und Buchführung.
Die Berater begleiten die Gründerinnen und Gründer durch den gesamten Prozess und helfen insbesondere auch bei der Erstellung des Businessplanes. Sie helfen bei der Beschreibung der Geschäftsidee, der Planung von Umsätzen und Kosten sowie bei der Finanzierungsstruktur. Diese Leistungen sind regelmäßig kostenlos, obwohl die Jungunternehmer noch keine Mitglieder sind und in den ersten Jahren in vielen Fällen beitragsfrei bleiben.
IHKs und HWKs ebnen als Förderlotsen den Weg zu Förderinstituten wie KfW, WIBank, Bürgschaftsbank Hessen sowie der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft. Sie helfen aber auch den Förderbanken und Arbeitsagenturen oder Jobcentern mit fachlichen Beurteilungen zur Tragfähigkeit von Gründungsvorhaben beim effizienten Fördermitteleinsatz. Die Gründungswerkstatt Hessen (www.gruendungswerkstatt-hessen.de) ist ein gemeinsames Online-Tool, mit dessen Hilfe Gründer ihr Geschäftskonzept strukturiert erstellen können. Das System beinhaltet einen ausführlichen e-learning-Gründerkurs und ermöglicht den direkten Kontakt zu einem Coach, mit dem Fragen rund um die Ausarbeitung des Konzeptes geklärt werden können.