Pandemie bremst Generationswechsel in den Betrieben

DIHK Nachfolgereport 2020

Für den DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2020 berichteten die bundesweit 79 IHKs im Oktober von den Erfahrungen aus ihren Nachfolgeberatungen. Dabei schilderten sie sowohl die Lage im Jahr 2019 als auch die Entwicklung in der Corona-Krise.

In der Krise sinkt das Interesse

Das Ergebnis: Viele Senior-Chefs verschieben in der Pandemie die Entscheidungen zur Übergabe ihres Betriebes. Zum einen sind sie häufig mit der Existenzsicherung beschäftigt, zum anderen kann in der Krise auch der Unternehmenswert leiden, sodass ein Verkauf aus Sicht des Firmeninhabers dann aktuell nicht interessant ist.
Und: Fast die Hälfte der Übergaben stehen im Handel sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe an. In der letztgenannten Branche sind fast alle Unternehmen besonders stark von der Pandemie getroffen, und auch im Handel gilt das für viele Betriebe. Entsprechend trifft dort aktuell ein relativ großes Angebot von zu übergebenden Unternehmen auf eine relativ geringe Nachfrage.
Das größte Interesse besteht noch an einem Chefsessel in der Industrie: Vier von zehn potenziellen Nachfolgern wünschten sich 2019, in einen Industriebetrieb einzusteigen. Dort beobachten die IHKs allerdings auch die größten Hürden für eine Übernahme.

Nachfolgesuche schon vor der Krise immer schwieriger

Auf Grundlage ihrer Gespräche und Beratungen, die sie vor Ort sowohl mit Unternehmern als auch mit Übernahmeinteressierten führen, ziehen die 79 IHKs bereits seit 2007 im DIHK-Nachfolgereport jährlich Bilanz. Dabei zeigen ihre Erfahrungen, dass die Suche nach Nachfolgerinnen und Nachfolgern bereits seit einigen Jahren immer schwieriger wird.
So ließen sich 2019 fast doppelt so viele Senior-Unternehmer von ihrer IHK beraten wie 2010 (plus 79 Prozent auf 7.227). Unterdessen halbierte sich die Zahl derjenigen, die sich für die Firmenübernahme interessieren, vom Höchststand 2009 auf 4.302 im Jahr 2019.
Und: 45 Prozent der Senior-Unternehmer hatten 2019 bei der IHK-Beratung noch keinen geeigneten Nachfolger in Sicht. 2009 galt das lediglich für 35 Prozent. Auch das belegt, dass die Herausforderung strukturell wächst.
Gleichzeitig liegt das Interesse von Nachfolgern an der Übernahme unternehmerischer Verantwortung noch immer auf einem niedrigen Niveau, wenn es auch 2019 eine leichte Aufwärtsbewegung gegenüber dem Vorjahr gab.
Dass dennoch viele mittelständische Unternehmen – unter anderem dank des Engagements der IHK-Organisation – die große Herausforderung erkannt haben, zeigt die Rekordzahl von 31.077 Teilnehmern, die die IHKs noch im Jahr 2019 mit ihren Angeboten zur Unternehmensnachfolge bei Informationsveranstaltungen, Beratungen und Seminaren erreicht haben.

Corona erschwert viele Nachfolgen in Handel und Gastronomie

Eine weitere Erkenntnis aus den IHK-Beratungen: Das Gros der zur Übernahme anstehenden Unternehmen entfiel im Jahr 2019 auf die Branchen Handel (30 Prozent), Industrie (21 Prozent) sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe (18 Prozent). In Letzterem sind fast alle Betriebe massiv von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen. Innerhalb von Handel und Industrie gibt es zwar deutliche Unterschiede bezüglich der Corona-Betroffenheit der Unternehmen, insgesamt rechnen die Betriebe laut einer aktuellen DIHK-Umfrage aber auch hier mit hohen Umsatzeinbußen.
Demnach erwarten im Gastgewerbe 93 Prozent der Umfrageteilnehmer infolge der Pandemie erhebliche Umsatzrückgänge, ähnliches gilt auch für andere stark mittelständisch geprägte Branchen: In der Reisewirtschaft sind es mit 94 Prozent ebenfalls fast alle Betriebe der (Teil-) Branche, in Verkehr/Lagerei und Kfz-Handel jeweils drei Viertel aller Unternehmen und im Einzelhandel immerhin zwei Drittel aller Geschäfte.

Besonders begehrt sind Industriebetriebe

Industrieunternehmen sind für die Nachfolgeinteressierten mit Abstand am attraktivsten: 40 Prozent der potenziellen Nachfolger, die sich 2019 von der IHK beraten ließen, wollten gern einen Industriebetrieb übernehmen. 22 Prozent gaben den Handel als bevorzugte Branche an, 14 Prozent das Hotel- und Gaststättengewerbe.
Unter den Senior-Unternehmern boten 21 Prozent einen Industriebetrieb an. Dass gerade manche Industrie-Branchen bisweilen hohe Renditen versprechen, spiegelt sich aber auch in vergleichsweise hohen Kaufpreisen wider, die von den Nachfolgern zu finanzieren sind. Hinzu kommen oft Herausforderungen in punkto Innovation und fachliches Know-how sowie bei kleineren Industriebetrieben hoher Wettbewerbsdruck und teilweise die Abhängigkeit von einzelnen (Groß-) Kunden.